Innerhalb der deutschen Schulphilosophie nimmt Christian Wolff (1979-1754) in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine überragende Stellung ein. Zwischen 1725 und 1765 lassen sich fast alle Vertreter der Universitätsphilosophie in Anhänger und Gegner Wolffs unterscheiden. So lehrten allein im Jahre 1735 einhundertzweiunddreißig "Wolffianer" an deutschen Universitäten. Die Wolffsche Lehre stand jahrzehntelang im Zentrum der allgemeinen philosophischen Diskussion, der die "strenge Methode des berühmten Wolff, des größten unter den deutschen Philosophen", wie Kant ihn später nannte, wieder ein achtbares wissenschaftliches Niveau verschafft hatte. Die Verbretiung der Wolffschen Lehre war so außerordentlich, daß Voltaire das Zeitalter mit den Worten charakterisierte: "Frederico regnante, Wolfio docente". Der universale Charakter der Wolffschen Lehre, in der die Philosophie als Gesamtwissenschaft verstanden wurde, ihre in diesem Umfang erstmalig durch Wolff vorgenommene Darstellung in deutscher Sprache, die sachlich bedingte Aufeinanderfolge seiner Schriften, boten verläßliche Orientierung. Die Betonung des lehrhaften Charakters seiner Philosophie machte ihn für ein halbes Jahrundert zum Praeceptor Germaniae. So kam schon bald nach 1730 die Bezeichnung "Philosophia Leibnitio-Wolfiana" für seine Lehre auf, die in vielen Stücken Leibniz' Gedanken in systematische und lehrbare Form brachte. Wolffs eigenes Verdienst liegt nicht zuletzt darin, daß er eine bestimmte Auffassung wissenschaftlicher Systematik und Methodik konsequent auf das Gesamtgebiet der Philosophie anwandte. Die nunmehr vollständig erschienene große, zusammenfassende Ausgabe von Christian Wolffs wissenschaftlichen Schriften, deren Ergänzungsreihe mit Materialien und Dokumenten zur Wolffschen Philosophie weiter fortgesetzt wird, macht unter Einschluß der juristischen, mathematischen und physikalischen Teile ein Gesamtwerk zugänglich, dessen geistesgeschichtliche und philosophiehistorische Bedeutung und tiefgreifender Einfluß auf die allgemeine Wissenschaftsgeschichte unbestritten ist. Für diese Neuherausgabe wurden Wolffs Schriften in großem Umfange eienr nach ihrer Bedeutung gewichteten Bearbeitung unterzogen, die sowhl auf quellen- und wirkungsgeschichtliche wie systematische Belange ausgerichtet ist. Die hierzu vorgenommenen Untersuchungen und die Form von Einleitungen, Textkommentaren und Bibliographien dem Leser zur Verfügung gestellte Information bildet einen wesentlichen Teil des heute vorliegenden wissenschaftlichen Gesamtbildes von Wolffs Lehre. Schon heute läßt sich sagen, daß diese in der Forschungsliteratur ganz vorwiegend zitierte Ausgabe und ihre wissenschaftliche Bearbeitung für die Philosophie- und Rechtsgeschichte im 18. Jahrhundert, wie auch für die allgemeine Wissenschaftsgeschichte entscheidende neue Anregungen vermittelt haben, die in einer breiten internationalen Zuwendung zu dem lange Zeit von der kantischen Philosophie her überschatteten Rationalismus der Aufklärung des 18. Jahrhunderts ihren Ausdruck finden. *************** The first comprehensive edition of Christian Wolff's scientific writings, which will be supplemented by a series of materials and documents of Wolff's philosophy, is now complete. It includes Wolff's legal, mathematical and physical treatises and makes available a work whose importance for the history of science in general is undisputed. For this new editions, Wolff's writings were subjected to a thorough editioral process, taking into acount considerations of sources, influence and taxonomy. The relevant studies, as well as the information given to the reader in introductions, textual commentaries and bibliographies, form an important part of the modern view of Wolff's philosophy. Beyond doubt, this new edition, primarily quoted in research literature, and its scholarly apparatus have greatly inspired the study of the history of philosophy and law in the eighteenth century as well as the history of science in general. This is shown by the recent wide international focus on eighteenth century Enlightenment rationalism, so long overshadowed by Kantian philosophy.