Michael Kennas Rouge: Industrielandschaften in meditativem Schwarzweiß
Über mehrere Jahre hinweg hat Michael Kenna die berühmte Industrieanlage des Architekten Albert Kahn in Michigan immer wieder fotografiert. Erbaut zwischen 1917 und 1928 in Dearborn bei Detroit, war der Ford River Rouge Industriekomplex die größte Fabrik weltweit. Die Anlage erstreckt sich auf einer Fläche von nahezu 4 km2, 100.000 Menschen waren dort in der Blütezeit in den 1930er-Jahren beschäftigt. Kenna fühlte sich zu diesem Industriemoloch stark hingezogen und schuf im Lauf von drei Jahren einen großen Teil seiner herausragenden minimalistischen und sehr poetischen Aufnahmen in Schwarzweiß. Beeindruckend fangen die Bilder die rauchige Atmosphäre, dramatische Formen und kontrastreiche Silhouetten ein. Das Resultat sind bildgewaltige Aufnahmen, gleichzeitig nachdenklich machende Symbolbilder einer unaufhaltsamen Industrienation.
Über mehrere Jahre hinweg hat Michael Kenna die berühmte Industrieanlage des Architekten Albert Kahn in Michigan immer wieder fotografiert. Erbaut zwischen 1917 und 1928 in Dearborn bei Detroit, war der Ford River Rouge Industriekomplex die größte Fabrik weltweit. Die Anlage erstreckt sich auf einer Fläche von nahezu 4 km2, 100.000 Menschen waren dort in der Blütezeit in den 1930er-Jahren beschäftigt. Kenna fühlte sich zu diesem Industriemoloch stark hingezogen und schuf im Lauf von drei Jahren einen großen Teil seiner herausragenden minimalistischen und sehr poetischen Aufnahmen in Schwarzweiß. Beeindruckend fangen die Bilder die rauchige Atmosphäre, dramatische Formen und kontrastreiche Silhouetten ein. Das Resultat sind bildgewaltige Aufnahmen, gleichzeitig nachdenklich machende Symbolbilder einer unaufhaltsamen Industrienation.
Michael Kenna zählt heute zu den bedeutendsten Landschaftsfotografen der Gegenwart. Was er sucht, sind leere, verzaubernde Weltgegenden. Von Ende 1992 bis 1995 jedoch zog es den Briten etwa ein Dutzend Mal in den Ford River Rouge Complex, kurz "the Rouge" genannt. Damals war die von Henry Ford in dessen Heimatort Dearborn bei Detroit geschaffene Maschinenstadt noch größtenteils in Betrieb. Auf Kennas Bildern puffen Schlote weiße Wolken aus. Flüssiges Erz glüht. Kokshalden reichen bis ans rauchige Firmament. Der mehr als vier Quadratkilometer große, zwischen 1917 und 1927 errichtete Komplex aus Hochöfen, Schienensträngen, Kokerei, Gießerei, Kraftwerk, Kais, Fließbändern und Montagehallen, in dem zu Hochzeiten annähernd hunderttausend Arbeiter beschäftigt waren, galt als Ikone amerikanischer Industriearchitektur. Nie zuvor ließen Glaswände so viel Licht in Produktionshallen gleißen. Nie zuvor war eine Fabrik so entschieden modern und funktional gebaut worden. Die Architekturwelt pilgerte durch die Hallen. Zehntausende Besucher kamen jedes Jahr, ließen sich durch die Hallen schleusen - und staunten. Das Magazin "Vanity Fair" erkärte "the Rouge" zu "Amerikas bedeutendstem öffentlichem Denkmal". Kenna war fasziniert von der rätselhaften Schönheit des sich ankündigenden industriellen Niedergangs. Durch einige Aufnahmen, die zum Teil in tiefer Nacht und bei grimmiger Kälte entstanden sind - Kenna berichtet von vereisten Objektiven - zuckt ein Lichtblitz. Haushohe Zahnräder und tonnenschwere Walzen haben ihre Funktion verloren. Schnee verhüllt gnädig zerborstene Rohre. Meterlange Eiszapfen verraten ein Leck. Ein Frachter ist am Kai in Schieflage geraten. Eisenbahnwaggons sinken unter unbarmherzigem Flutlicht in sich zusammen. Die einst größte Fabrik weltweit wirkt wie eine sturmreif geschossene Festung. Es ist der lange mysteriöse Augenblick vor dem Brechen des Betons, den der Brite in poetischen Bildern dokumentiert.
ksi
"Rouge" von Michael Kenna. Prestel Verlag, München 2016. 192 Seiten, hundert Schwarzweißfotografien. Gebunden, 49,95 Euro.
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