Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 12,91 €
  • Broschiertes Buch

Antonio Forcellino erzählt das bewegte Leben des großen Malers und Bildhauers, Architekten und Dichters Michelangelo (1475-1564), wie es zuvor noch nicht dargestellt wurde. Mit großem literarischen Können bringt er uns das Leben und Werk des zum Mythos gewordenen Künstlers näher. Er schildert die persönlichen und politischen Konflikte, die komplizierten Leidenschaften und religiösen Überzeugungen des Genies.

Produktbeschreibung
Antonio Forcellino erzählt das bewegte Leben des großen Malers und Bildhauers, Architekten und Dichters Michelangelo (1475-1564), wie es zuvor noch nicht dargestellt wurde. Mit großem literarischen Können bringt er uns das Leben und Werk des zum Mythos gewordenen Künstlers näher. Er schildert die persönlichen und politischen Konflikte, die komplizierten Leidenschaften und religiösen Überzeugungen des Genies.
Autorenporträt
Antonio Forcellino, geb. 1955, ist Renaissance-Forscher und Michelangelo-Experte. Als Restaurator hat Forcellino an vielen bedeutenden Werken der Kunstgeschichte gearbeitet. 1998 wurde er zum Chefrestaurator von Michelangelos Moses ernannt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.05.2011

Mensch mit Makel
Michelangelo als überlasteter Arbeitnehmer, Familienmensch und Glaubenszweifler: Wie Biographen und Historiker das Renaissancegenie erden
An ihm kommt keiner vorbei: Früher oder später stößt jeder Künstler und Kunstautor auf Michelangelo Buonarroti (1475 bis 1564). Selbst wer Rom und Florenz meidet, wird es irgendwann mit ihm als Person zu tun bekommen: dem leicht aufbrausenden Maler und Bildhauer, der sein Kunstverständnis Päpsten und Fürsten aufzwang und so als einer der Ersten und als der Radikalste die Freiheit der Kunst durchsetzte.
Seit dem 16. Jahrhundert arbeitet sich jede Generation an dem Übervater ab; entsprechend lang sind in kunsthistorischen Bibliotheken die Regalwände mit monographischer und biografischer Literatur. Wer sich heute an ein Buch über Michelangelo wagt, muss erst einmal durch dieses Tal der Verzweiflung: Es gibt bereits mehr Informationen, als er lesen kann. Er wird Wichtiges übersehen, sein eigener Text kann gar nicht perfekt werden. Der Autor hat nur die Wahl, diesen Makel in Kauf zu nehmen oder das Manuskript eines Tages seinen Nachlassverwaltern zu überlassen.
Und damit ist er seinem Helden bereits nah, denn dessen Dilemma, wie Horst Bredekamp ausführt, war genau dieses: Michelangelo bekam mehr reizvolle Aufträge, als er ausführen konnte, strebte jedes Mal nach Perfektion und endete allzu oft im Unvollendeten, das so zur eigenständigen Kunstform gerann. Die Cascina-Schlacht, das Konkurrenzfresko zu Leonardo da Vinci, kam nicht über das Entwurfsstadium heraus, eine Reihe Reliefs und Statuen sind nur teilweise behauen. Manche Auftraggeber bekamen nie ein Resultat zu Gesicht.
Zum Glück gibt es immer noch Autoren, die das Risiko einer Michelangelo-Publikation nicht scheuen. Zum Glück, weil jede Epoche einen anderen Michelangelo entdeckt. Liest man die jüngeren Bücher, neben Bredekamps Essayband vor allem die Vasari-Neuausgabe und zwei Biografien von Antonio Forcellino und Volker Reinhardt, so ergibt sich ein neues Bild. Der alte Michelangelo war der, als den ihn der Kunstautor Giorgio Vasari in seiner Vita zeichnete: gottgesandt, nur der Kunst verpflichtet, im Wettkampf mit der Antike nach Höchstem strebend. Vasari, selbst Florentiner Hofbeamter, wollte den Meister aus den römischen Intrigen entrücken, um ihn einerseits als überzeitliche Größe zu etablieren und ihn andererseits mit den Medici zu assoziieren – ausgerechnet Michelangelo, den einstigen militanten Verfechter der medicifreien Republik. Vasaris Zweitausgabe erschien 1568, deutlich nach Ende der Renaissance, die er in der Vita verherrlicht. Zuviel Kontext hätte nur gestört. Das ist bei einer im Unwetter der Gegenreformation verfassten Biografie historisch nur zu verständlich; es hat aber spätere Interpreten zu einem ahistorischen Blick auf Michelangelo verführt.
Diesen Vorwurf kann man den neuen Biografen nicht machen. Reinhardt führt seinen Protagonisten als Familienmenschen vor: einen Mann aus längst abgewetzter Adelsfamilie, der sich für Vater und Brüder verausgabte, um den Ruhm des Clans zu retten. Im gut dokumentierten Briefwechsel mit dem Vater zeichnet sich das Drama des verantwortungsvollen Kindes ab. Früh verprügelte der Vater den Jungen für seine Künstlerflausen. Lange wollte der Sohn den Alten von der Richtigkeit seiner Berufswahl überzeugen und fütterte die erfolglose Familie großzügig durch, begnügte sich selbst aber mit fleischlosen Nudeln auf einem billigen Holztisch. Dafür musste er sich vom Vater noch sagen lassen: „Sich nichts zu gönnen, ist ein Laster vor Gott und den Menschen, und außerdem wird Dir diese Knappheit körperlich und seelisch schaden“.
Im Gegenteil fand Michelangelo gerade im Prinzip der Knappheit seinen Weg zu hohem Alter und Seelenheil. Seine Mischung aus Askese und Arbeitswut ließ ihn in Rom eine gesunde Distanz zum Klerus wahren und brachte ihn später in die Nähe der antiorthodoxen, spiritualistischen Bewegung in Mittelitalien, die zentralen Ideen der Reformation nahesteht. Damit kennt sich Antonio Forcellino aus, der als Restaurator des Papst-Julius-Grabmals direkt beteiligt war an neueren Forschungen zu Michelangelos Glaubenszweifeln (die kontemplativen Figuren des Grabes, inklusive des melancholisch daliegenden Papstes, weisen wohl auf die verwirrte statt auf die militante Kirche hin). Gerade in der zweiten Hälfte seines Buches breitet der Autor die Verflechtungen aus, die Michelangelo mit Protagonisten der innerkatholischen Reformbewegung verbanden. Nun war der Flügelkampf der Kirche in den dreißiger und vierziger Jahren des 16. Jahrhunderts noch nicht entschieden; Michelangelos fromme Ernsthaftigkeit, seine Abscheu vor repräsentativer Protzerei galten damals noch nicht als ungewöhnlich.
Aus der Rückschau betrachtet fragt man sich aber doch, wie die katholische, nachtridentinische Kirche einen solchen Kritiker – der auch vor Schmähgedichten auf Rom nicht zurückschreckte – eigentlich für Jahrhunderte als Kunstheiligen vereinnahmen konnte.
Beide Biografien haben große Stärken: Reinhardt hat die biografischen Quellen gründlich gelesen, Forcellino beschreibt kenntnis- und detailreich den Arbeitsprozess Michelangelos etwa auf dem Gerüst der Sixtina. Beide Autoren verstricken sich aber immer wieder in Mutmaßungen und Ungenauigkeiten. So ist unbewiesen, dass sich der Bildhauer, wie Reinhardt schreibt, dem Vorbild des Florentiner Bußpredigers Savanarola „lebenslang verpflichtet“ gefühlt habe. Und die „leidenschaftliche Zuneigung“ (Forcellino), die Michelangelo zu dem jüngeren Tommaso Cavalieri empfand, war wohl nicht ganz so unkompliziert, wie der Autor sich denkt – immerhin zählte zur Askese in der Renaissance auch das neuplatonische Ideal der Enthaltsamkeit, das Michelangelo schon in Florenz aufgesogen und später in zahlreichen Sonetten beschworen hatte.
Ein Leser, der es genau wissen will, wird also weiterhin eine gute Bibliothek brauchen, wird die dicken Bände der Sixtina-Restauratoren benötigen, Leo Steinbergs Analyse des Ketzerischen in Michelangelos Malerei, Alexander Nagels Kunsttheorie der innerkatholischen Reformbewegung um Michelangelo und so weiter. Was derweil neben den Lesestücken an Coffeetable-Büchern erscheint, ersetzt all das nicht, auch nicht der neue Prachtband zu Michelangelo als Bildhauer. Der Fotograf Aurelio Amendola will selbst Künstler sein und konkurriert ästhetisch mit seinen Objekten, indem er den Marmor weihevoll beleuchtet und auch vor Nahaufnahmen auf Hintern und Schenkel des David nicht zurückschreckt. So macht er aus Michelangelo wieder ein Genie ohne Raum und Zeit. Demgegenüber sind die handgerechten neuen Lesebücher weiter: Sie lassen Michelangelo einen Menschen sein, mit Schwächen, wie sie Autoren und Leser kennen.
KIA VAHLAND
HORST BREDEKAMP: Michelangelo. Fünf Essays. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2009 , 112 S., 22,90 Euro.
GIORGIO VASARI: Das Leben des Michelangelo. Hrsg. von Alessandro Nova. Neu ins Deutsche übersetzt von Victoria Lorini. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2009, 512 S., 24, 90 Euro
VOLKER REINHARDT: Der Göttliche. Das Leben des Michelangelo. Verlag C.H. Beck, München 2010. 381 S., 24,95 Euro.
ANTONIO FORCELLINO: Michelangelo. Eine Biographie.Aus dem Italienischen von Petra Kaiser, Martina Kempter und Sigrid Vagt. Pantheon Verlag, München 2007. 394 Seiten, 14,95 Euro. CRISTINA ACIDINI LUCHINAT: Michelangelo. Der Bildhauer. Deutscher Kunstverlag, München 2010. 320 S., 148 Euro.
Jede Generation sieht
Michelangelo anders, jede muss
sich an ihm abarbeiten
Die Nachwelt schaut auf Michelangelos Werke und diese schauen zurück: „Die Abenddämmerung“ in der Medicikapelle Florenz. Abb.: aus dem besprochenen Band / Deutscher Kunstverlag
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr
"Ein großartiges, ein packendes Buch, dem man viele Leser wünscht." -- Deutschlandfunk

"So klar hat schon lange niemand mehr erklärt, worin Genie besteht." -- Die Zeit

"Forcellino beschreibt kenntnis- und detailreich den Arbeitsprozess Michelangelos etwa auf dem Gerüst der Sixtina." -- Süddeutsche Zeitung, 04.05.2011