Ab wann lief alles schief?
Benjamin Trotter zieht in eine romantische Wassermühle in die Grafschaft Shropshire, ins Herz des ländlichen England, um seinen Roman, an dem er schon dreißig Jahre arbeitet, zu beenden. Seine Nichte Sophie fühlt sich im multikulturellen London zu Hause, lebt aber nach der Heirat mit ihrem Mann in der Provinz und spürt ein zunehmendes Unbehagen; ist auch er so fremdenfeindlich wie seine Mutter? Doug, Journalist und Labour-Anhänger, schämt sich für sein luxuriöses Leben im reichen Chelsea, das sich kaum jemand noch leisten kann. In den vermeintlich idyllischen Midlands mit festen Werten und Traditionen kommt eine bizarre Sehnsucht nach Englishness auf, und eine tiefe Kluft zieht in diesem abgehängten Landesteil durch alle menschlichen Beziehungen. Ab wann lief alles schief? Dieser unterhaltsame und fein gesponnene Gesellschaftsroman blickt tief in die Seele des englischen Wesens.
Benjamin Trotter zieht in eine romantische Wassermühle in die Grafschaft Shropshire, ins Herz des ländlichen England, um seinen Roman, an dem er schon dreißig Jahre arbeitet, zu beenden. Seine Nichte Sophie fühlt sich im multikulturellen London zu Hause, lebt aber nach der Heirat mit ihrem Mann in der Provinz und spürt ein zunehmendes Unbehagen; ist auch er so fremdenfeindlich wie seine Mutter? Doug, Journalist und Labour-Anhänger, schämt sich für sein luxuriöses Leben im reichen Chelsea, das sich kaum jemand noch leisten kann. In den vermeintlich idyllischen Midlands mit festen Werten und Traditionen kommt eine bizarre Sehnsucht nach Englishness auf, und eine tiefe Kluft zieht in diesem abgehängten Landesteil durch alle menschlichen Beziehungen. Ab wann lief alles schief? Dieser unterhaltsame und fein gesponnene Gesellschaftsroman blickt tief in die Seele des englischen Wesens.
»Gradios, wie dieser Roman den scheinbar zusammenhanglosen Ereignissen nachspürt, die Großbritannien in die Knie gehen ließen.« Observer
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.02.2020Adieu to old England
Wie konnte es nur so weit kommen? Jonathan Coe sucht in seinem satirischen Gesellschaftsroman nach den Ursachen des Brexits und stößt dabei auf einen Riss, der immer tiefer wird.
Echt ein Alptraum . . . Bei jeder Gelegenheit wollen diese Arschgeigen einem noch mehr Geld abknöpfen" - über Radarfallen. "Alles nur Betrüger und Lügner, quer durch die Bank. Falsche Spesenabrechnungen, Steuerhinterziehung, dazu ein halbes Dutzend anderer Pöstchen" - über Politiker. "Was ich nicht verstehe, ist, wo das hinführen soll. Wie wir so weitermachen können. Wir stellen nichts mehr her. Und wenn wir nichts mehr herstellen, haben wir nichts zu verkaufen, und wie . . . wie sollen wir dann überleben?" - über den industriellen Komplex. "Wir sind verweichlicht. Kein Wunder, dass der Rest der Welt über uns lacht" - über das Land, das einmal das Vereinigte Königreich war.
Es sind solche Sätze, die den Anfang vom Umbruch markieren, weitere kommen hinzu, über Überfremdung und unerwünschte Ausländer, political correctness, die versunkene Glorie der BBC. Viele von ihnen spricht der alte weiße Mann Colin, der einst für British Leyland miese Autos baute. Er hat gerade seine Frau verloren, nach fünfundfünfzig Ehejahren. Sein Sohn, der erfolglose fünfzigjährige Schriftsteller Benjamin Trotter, hat sich nach gescheiterter Ehe aus London an das Ufer des Severn in eine alte Mühle verzogen, wo er privatisiert und einen auf Bilbo Beutlin macht.
Die Beziehung zu seinem Bruder Paul ist nachhaltig gestört; seine ihm innig zugetane Schwester Lois hat den Falschen geheiratet, was sie am Ende des Romans auch einsieht. Sie leidet noch immer unter einem Trauma, weil sie in den siebziger Jahren Zeugin wurde, wie ihr damaliger Freund einem Bombenanschlag in Birmingham zum Opfer fiel. Ihre Tochter Sophie ist eine aufstrebende Kunsthistorikerin, welche die Nase von akademischen Selbstbespieglern voll hat und einen muskulösen Fahrlehrer heiratet, Ian, ganz nett, aber schrecklich langweilig. Ihre gern Enoch Powell zitierende Schwiegermutter Helena ist sich wiederum mit Colin einig, in einem Land zu leben, das sie beide nicht mehr wiedererkennen.
Dann gibt es da Doug, den langjährigen Freund Benjamins, einen salonlinken Londoner Politikjournalisten, der sich heimlich mit Nigel, einem Berater David Camerons, trifft, um Insider-Informationen abzugreifen. Dougs Frau ist schrecklich reich und oberflächlich, man logiert unter ihresgleichen im noblen Chelsea, und die gemeinsame Tochter Coriander ist ein verpfuschtes Biest, das an der Uni dafür sorgt, dass Sophie wegen vermeintlichen Rassismus in karrieregefährdende Turbulenzen gerät.
Das Londoner Personal des Romans rund um Sophie ist entsprechend multikulturell und gleichgeschlechtlich, die Arbeitsbedingungen des akademischen Proletariats sind prekär, Symposien oder Kreuzfahrten mit kunsthistorischer Begleitung dienen dem Autor dazu, möglichst viele unterschiedliche Figuren auffahren zu können. Das gelingt Coe nicht durchgehend überzeugend: Zwei rivalisierende Clowns, die in den Gartencentern der Midlands Kinder bespaßen, müssen als Vehikel für konsumkritische Exkurse herhalten.
Denn der Autor hat nichts weniger als ein Cinemascope-Panorama der Gesellschaft im Sinn, zwei Hochzeiten und noch mehr Todesfälle. Er führt durch Suburbia und Birminghams gar nicht mehr so idyllisches Hinterland, in Baumärkte und Malls. Denn so leben sie heute, jene, die sich den Brexit-Riss quer durch die Familien zugezogen haben und ihn nicht wieder loswerden. Er entzweit Paare, Kinder und Eltern, Enkel und Großeltern, Freunde und Kollegen - er vergiftet, was man früher die "Keimzelle der Gesellschaft" nannte.
Einen retardierenden Moment der Selbstvergewisserung gibt es aber doch, den Abend des 27. Juli 2012, an dem sich die Mehrheit der Engländer an den Fernsehschirmen zu einer Nation vereinte und die von Danny Boyle inszenierte, mit dem Titel "Die Inseln der Wunder" überschriebene Eröffnungszeremonie der Olympischen Sommerspiele in London sah. God Save the Queen, die mit Bond-Darsteller Daniel Craig an einem Fallschirm zu hängen schien. Wir sind immer noch wer.
Jonathan Coe, diese feinfühlige Chronist englischer Gegenwart, ist in Birmingham aufgewachsen, und das merkt man dem Buch unbedingt an. Der Achtundfünfzigjährige kennt die wütenden Brexit-Befürworter aus erster Hand. Nach eigenen Angaben hat er das Buch geschrieben, weil ihn Bekannte angingen, er sei doch auch Teil jener ominösen Elite, die das Königreich an den Abgrund geführt habe. Der Autor zeichnet nach, mit welchem Unverständnis die mittelenglischen Bexiteers nach London schauen, wo man, wie Colin an einer Stelle sagt, "kein Wort Englisch mehr hören kann". Coe versteht die Wut der vermeintlich Abgehängten in einem gespaltenen Land, aber er zieht nicht deren Konsequenzen.
Mit "Middle England" (im Original 2018) hat er seinen Romanen "Erste Riten" (deutsch 2002) und "Klassentreffen" (2006, beide bei Piper) einen dritten hinzugefügt. Das Buch verhandelt die Jahre 2010 bis 2018, es endet mit einer für den 29. März 2019 angekündigten Geburt. Dass dieser politische Austrittstermin platzen würde, konnte Coe nicht vorhersehen. Heute wissen wir, warum es länger gedauert hat. Am Wert des vorliegenden literarischen Textes ändert das nichts. Coe bemüht sich um Gleichbehandlung seiner Figuren, hegt keine denunziatorischen Absichten, nur am Türöffner des Brexits, David Cameron, lässt er kein gutes Haar.
Die Chronologie folgt der Zeitgeschichte. Akribisch nacherzählte tagespolitische Details illustrieren den zunächst schleichenden Verfallsprozess. So liest sich der Roman auch wie ein Rückblick auf die zehner Jahre. Im Kern geht es natürlich um Selbstvergewisserung und um die Frage, ob man nicht vielleicht immer schon bloß ein Volk von harmlosen Spinnern war. Angeknackst ist das Selbstwertgefühl vieler Figuren auch, weil sie die psychischen Folgen des zerbröselnden Imperiums nicht reflektieren. Aus den gefühlskalten Beherrschern eines weltumspannenden Empires wurde innerhalb weniger Jahrzehnte ein Haufen unkontrollierter Polithasardeure, die sich vor den Augen der Welt zerlegten. Wo sind die Pragmatiker von einst? Welches Klassensystem zeugte und gebar die Präponenten der politischen Klasse, die durch Lügen und eklatante Führungsschwäche jegliches Vertrauen verspielten?
Gleich zu Beginn des Buchs hört Benjamin Trotter Shirley Collins' wundersamen Folksong "Adieu to old England" aus dem Jahr 1974, den man als Lektüreergänzung unbedingt nachhören sollte: "Adieu to old England / And adieu to some hundred of pounds / If the world had been ended when I had been young / My sorrows I'd never have known." Schon in den siebziger Jahren also wurden Zweifel am britischen Exzeptionalismus angemeldet. Sebastian Coes ernüchternder Roman ist ein weiterer Sargnagel für diesen Mythos.
HANNES HINTERMEIER
Jonathan Coe: "Middle England". Roman.
Aus dem Englischen von Cathrine Hornung und Dieter Fuchs. Folio Verlag, Bozen 2020. 480 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie konnte es nur so weit kommen? Jonathan Coe sucht in seinem satirischen Gesellschaftsroman nach den Ursachen des Brexits und stößt dabei auf einen Riss, der immer tiefer wird.
Echt ein Alptraum . . . Bei jeder Gelegenheit wollen diese Arschgeigen einem noch mehr Geld abknöpfen" - über Radarfallen. "Alles nur Betrüger und Lügner, quer durch die Bank. Falsche Spesenabrechnungen, Steuerhinterziehung, dazu ein halbes Dutzend anderer Pöstchen" - über Politiker. "Was ich nicht verstehe, ist, wo das hinführen soll. Wie wir so weitermachen können. Wir stellen nichts mehr her. Und wenn wir nichts mehr herstellen, haben wir nichts zu verkaufen, und wie . . . wie sollen wir dann überleben?" - über den industriellen Komplex. "Wir sind verweichlicht. Kein Wunder, dass der Rest der Welt über uns lacht" - über das Land, das einmal das Vereinigte Königreich war.
Es sind solche Sätze, die den Anfang vom Umbruch markieren, weitere kommen hinzu, über Überfremdung und unerwünschte Ausländer, political correctness, die versunkene Glorie der BBC. Viele von ihnen spricht der alte weiße Mann Colin, der einst für British Leyland miese Autos baute. Er hat gerade seine Frau verloren, nach fünfundfünfzig Ehejahren. Sein Sohn, der erfolglose fünfzigjährige Schriftsteller Benjamin Trotter, hat sich nach gescheiterter Ehe aus London an das Ufer des Severn in eine alte Mühle verzogen, wo er privatisiert und einen auf Bilbo Beutlin macht.
Die Beziehung zu seinem Bruder Paul ist nachhaltig gestört; seine ihm innig zugetane Schwester Lois hat den Falschen geheiratet, was sie am Ende des Romans auch einsieht. Sie leidet noch immer unter einem Trauma, weil sie in den siebziger Jahren Zeugin wurde, wie ihr damaliger Freund einem Bombenanschlag in Birmingham zum Opfer fiel. Ihre Tochter Sophie ist eine aufstrebende Kunsthistorikerin, welche die Nase von akademischen Selbstbespieglern voll hat und einen muskulösen Fahrlehrer heiratet, Ian, ganz nett, aber schrecklich langweilig. Ihre gern Enoch Powell zitierende Schwiegermutter Helena ist sich wiederum mit Colin einig, in einem Land zu leben, das sie beide nicht mehr wiedererkennen.
Dann gibt es da Doug, den langjährigen Freund Benjamins, einen salonlinken Londoner Politikjournalisten, der sich heimlich mit Nigel, einem Berater David Camerons, trifft, um Insider-Informationen abzugreifen. Dougs Frau ist schrecklich reich und oberflächlich, man logiert unter ihresgleichen im noblen Chelsea, und die gemeinsame Tochter Coriander ist ein verpfuschtes Biest, das an der Uni dafür sorgt, dass Sophie wegen vermeintlichen Rassismus in karrieregefährdende Turbulenzen gerät.
Das Londoner Personal des Romans rund um Sophie ist entsprechend multikulturell und gleichgeschlechtlich, die Arbeitsbedingungen des akademischen Proletariats sind prekär, Symposien oder Kreuzfahrten mit kunsthistorischer Begleitung dienen dem Autor dazu, möglichst viele unterschiedliche Figuren auffahren zu können. Das gelingt Coe nicht durchgehend überzeugend: Zwei rivalisierende Clowns, die in den Gartencentern der Midlands Kinder bespaßen, müssen als Vehikel für konsumkritische Exkurse herhalten.
Denn der Autor hat nichts weniger als ein Cinemascope-Panorama der Gesellschaft im Sinn, zwei Hochzeiten und noch mehr Todesfälle. Er führt durch Suburbia und Birminghams gar nicht mehr so idyllisches Hinterland, in Baumärkte und Malls. Denn so leben sie heute, jene, die sich den Brexit-Riss quer durch die Familien zugezogen haben und ihn nicht wieder loswerden. Er entzweit Paare, Kinder und Eltern, Enkel und Großeltern, Freunde und Kollegen - er vergiftet, was man früher die "Keimzelle der Gesellschaft" nannte.
Einen retardierenden Moment der Selbstvergewisserung gibt es aber doch, den Abend des 27. Juli 2012, an dem sich die Mehrheit der Engländer an den Fernsehschirmen zu einer Nation vereinte und die von Danny Boyle inszenierte, mit dem Titel "Die Inseln der Wunder" überschriebene Eröffnungszeremonie der Olympischen Sommerspiele in London sah. God Save the Queen, die mit Bond-Darsteller Daniel Craig an einem Fallschirm zu hängen schien. Wir sind immer noch wer.
Jonathan Coe, diese feinfühlige Chronist englischer Gegenwart, ist in Birmingham aufgewachsen, und das merkt man dem Buch unbedingt an. Der Achtundfünfzigjährige kennt die wütenden Brexit-Befürworter aus erster Hand. Nach eigenen Angaben hat er das Buch geschrieben, weil ihn Bekannte angingen, er sei doch auch Teil jener ominösen Elite, die das Königreich an den Abgrund geführt habe. Der Autor zeichnet nach, mit welchem Unverständnis die mittelenglischen Bexiteers nach London schauen, wo man, wie Colin an einer Stelle sagt, "kein Wort Englisch mehr hören kann". Coe versteht die Wut der vermeintlich Abgehängten in einem gespaltenen Land, aber er zieht nicht deren Konsequenzen.
Mit "Middle England" (im Original 2018) hat er seinen Romanen "Erste Riten" (deutsch 2002) und "Klassentreffen" (2006, beide bei Piper) einen dritten hinzugefügt. Das Buch verhandelt die Jahre 2010 bis 2018, es endet mit einer für den 29. März 2019 angekündigten Geburt. Dass dieser politische Austrittstermin platzen würde, konnte Coe nicht vorhersehen. Heute wissen wir, warum es länger gedauert hat. Am Wert des vorliegenden literarischen Textes ändert das nichts. Coe bemüht sich um Gleichbehandlung seiner Figuren, hegt keine denunziatorischen Absichten, nur am Türöffner des Brexits, David Cameron, lässt er kein gutes Haar.
Die Chronologie folgt der Zeitgeschichte. Akribisch nacherzählte tagespolitische Details illustrieren den zunächst schleichenden Verfallsprozess. So liest sich der Roman auch wie ein Rückblick auf die zehner Jahre. Im Kern geht es natürlich um Selbstvergewisserung und um die Frage, ob man nicht vielleicht immer schon bloß ein Volk von harmlosen Spinnern war. Angeknackst ist das Selbstwertgefühl vieler Figuren auch, weil sie die psychischen Folgen des zerbröselnden Imperiums nicht reflektieren. Aus den gefühlskalten Beherrschern eines weltumspannenden Empires wurde innerhalb weniger Jahrzehnte ein Haufen unkontrollierter Polithasardeure, die sich vor den Augen der Welt zerlegten. Wo sind die Pragmatiker von einst? Welches Klassensystem zeugte und gebar die Präponenten der politischen Klasse, die durch Lügen und eklatante Führungsschwäche jegliches Vertrauen verspielten?
Gleich zu Beginn des Buchs hört Benjamin Trotter Shirley Collins' wundersamen Folksong "Adieu to old England" aus dem Jahr 1974, den man als Lektüreergänzung unbedingt nachhören sollte: "Adieu to old England / And adieu to some hundred of pounds / If the world had been ended when I had been young / My sorrows I'd never have known." Schon in den siebziger Jahren also wurden Zweifel am britischen Exzeptionalismus angemeldet. Sebastian Coes ernüchternder Roman ist ein weiterer Sargnagel für diesen Mythos.
HANNES HINTERMEIER
Jonathan Coe: "Middle England". Roman.
Aus dem Englischen von Cathrine Hornung und Dieter Fuchs. Folio Verlag, Bozen 2020. 480 S., geb., 25,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.03.2020Umzingelt
Wenn man sich als mittelalter, liberaler Schriftsteller inmitten stiernackiger
Kleingeister wiederfindet: Jonathan Coes Roman über Brexit-England
VON ALEXANDER MENDEN
Am Tag der Trauerfeier für seine Mutter sitzt Benjamin Trotter im Erker einer umgebauten Mühle, die er allein bewohnt, blickt auf den mondbeschienenen Fluss und hört „Adieu to old England“ – „einen der schaurigsten und melancholischsten Folksongs, die in England je geschrieben wurden“. Darin beklagt sich der Sänger kurz gesagt darüber, dass es ihm, dem es früher so gut ging, heute so furchtbar schlecht geht. Ben denkt an das „Gefühl von Benachteiligung“, das in England allenthalben zu spüren ist, „diesen Hass auf das finanzielle und politische Establishment“ und die „stille Empörung der Mittelschicht, die sich an Behaglichkeit und Wohlstand gewöhnt hatte und jetzt merkte, dass ihr das alles entglitt“.
Diese zutiefst ungesunde, sehr englische Nostalgie, die sowohl die beschriebene Szene als auch das Lied selbst bestimmt, dieses Grundgefühl unscharfen Unbehagens an der Gesamtsituation, ist Ausgangslage und Humus für die Spaltung, die „Middle England“ thematisiert, der jüngste Roman des Briten Jonathan Coe. Er spielt in einem England der Wütenden und der Rassisten, der Abgehobenen und der Weltfremden, der Ressentiments und der Frustrationen. Sprich: im Land des Brexit.
„Middle England“ – der titelgebende Begriff wird gern für das „wahre“, ländliche Mittelschicht-England der Cricket Greens und normannischen Kirchlein jenseits der großen Städte verwendet – ist gewissermaßen ein Nachzügler. Es handelt sich um den späten dritten Teil einer nie als solcher geplanten Trilogie. Die beiden vorangehenden Bände, „Erste Riten“ (2002) und „Klassentreffen“ (2006) hatten weitgehend die gleichen Zentralfiguren. Ben Trotter, der verträumte angehende Autor, unglücklich verliebt (später unglücklich verheiratet und schließlich geschieden), sein bester Freund, der Prog-Rock-Fan Philip Chase, mittlerweile Verleger für Bücher über Heimatkunde, und Doug Anderton, der die Privatschule, welche die drei besuchen, mit sozialistischen Ideen aufmischen wollte, und jetzt ein prototypisch linksliberaler Journalist geworden ist.
„The Rotter’s Club“, so der Originaltitel von „Erste Riten“, hält angeblich den Rekord für den mit 13 955 Wörtern längsten Satz in der gesamten englischsprachigen Literatur. In einer Reminiszenz an diesen Rekord spekuliert Ben in einem der Kapitel von „Middle England“, das aus einem einzigen Stream-of-Consciousness-Satz besteht: „… darüber, was Schriftsteller in Zeiten wie diesen tun oder lassen sollten, ob sie versuchen sollten, engagés zu sein, so lautet glaube ich der französische Begriff, oder ob es besser sei, in die ‚innere Emigration‘ zu gehen, sprich, sich in sich selbst zurückzuziehen und vor der Realität zu flüchten“.
Genau das ist erkennbar auch die Frage, Coe sich selbst gestellt hat. Er beantwortet sie mit dem, was im englischen Sprachraum eine state of the nation novel genannt wird, eine fiktional überbaute Dokumentation der Jahre unmittelbar vor und nach dem britischen EU-Referendum. So, wie „Erste Riten“ den Ehrgeiz hatte, eine Art endgültiger Roman über pubertäre Mittelschichtjungs im England der Siebzigerjahre zu sein, hinterfangen von einer narrativen Geschichtsstaffage aus IRA-Terror, Streikwellen und Punkmode, so wie „Klassentreffen“ die Blair-Jahre spiegelte, so hat „Middle England“ den Ehrgeiz, als Gründungswerk des jungen Genres namens „Brexit-Roman“ zu dienen.
Benjamin, der „beste unveröffentlichte Autor des Landes“, ist mittlerweile Anfang 50. In „Klassentreffen“ hat er sich scheiden lassen, jetzt schreibt er in seiner Mühle weiter an einem unendlich langen Buch. Er ist gleichsam die Nabe, um die sich alles dreht. Sein Freund Doug arbeitet als Zeitungskolumnist, entfremdet von seiner reichen Frau, deren Wohnung in Chelsea er aber gerne weiter nutzt – er ist Repräsentant der London-zentrischen chattering class, ein Lieblingsfeindbild der brexitfreundlichen Rechts- und Linkspopulisten. Diese mittelalten, liberalen Männer finden sich plötzlich umzingelt von immer mehr kleingeistigen, rückwärtsgewandten Menschen, die sie ins Brexit-Verderben zerren. Wie dies geschieht, das fasst Coe in ein narratives Geflecht, welches in seiner Komplexität an die viktorianischen Monolithe Anthony Trollopes erinnert, und das im Einzelnen nachzuvollziehen nur unwesentlich weniger Raum einnehmen würde als das Buch selbst.
Letztlich tritt das Zwischenmenschliche aber auch hinter dem Historischen zurück. In den beiden Vorgängerromanen dienten die minutiös recherchierten Bilderbögen des geschichtlichen Hintergrunds der Siebzigerjahre und der Jahrtausendwende als Staffage, vor der sich die privaten Nöte und Leidenschaften der Protagonisten abspielten. „Middle England“ setzt den Schwerpunkt hingegen bei den konkreten Ereignissen zwischen 2010 und 2018, die Coe akribisch und chronologisch abarbeitet: Da sind der Finanzcrash, die Bildung der konservativ-liberalen Koalitionsregierung von 2010, die Londoner Unruhen im Sommer 2011 und die Olympischen Spiele im Jahr danach, die Wahl Jeremy Corbyns zum Labour-Chef, der rechtsterroristische Mord an der Labour-Abgeordneten Jo Cox, der Referendums-Schock und die darauffolgenden, immer erbitterter werdenden inner- und außerparlamentarischen Grabenkämpfe.
Die Figuren werden dabei zu Platzhaltern für politische Positionen im Ringen um die britische Identität. Das gilt besonders für jene, die den Brexit ausdrücklich oder implizit als wünschenswert betrachten. Bens Vater Colin zum Beispiel, der früher in einer Autofabrik bei Birmingham arbeitete und als Witwer noch unausstehlicher geworden ist. Colin ist ein „Gammon“ wie er im Buche steht. Gammon, Kochschinken, so wird seit ein paar Jahren eine bestimmte Sorte älterer, weißer, männlicher Engländer genannt. Sie sind ausgesprochene Patrioten, für den EU-Ausstieg, gegen Immigration, Rassisten und haben wegen ihres oft alkoholbedingten hohen Blutdrucks saftig schinkenfarbene Gesichter. Sie sind das Fundament des Brexit. Colin schimpft darüber, dass kaum noch irgendwer Englisch spreche in seiner Heimat, und äußert als letzten Wunsch, noch beim EU-Referendum mit abstimmen zu können.
Helena, die Schwiegermutter von Bens Nichte Sophie, ist die großbürgerliche Variante, eine „euroskeptische“ Bewunderin des rassistischen Tory-Politikers Enoch Powell, die ihre osteuropäische Haushaltshilfe ausnutzt und verachtet. Ihr Sohn Ian, Sophies Mann, scheint erst weltoffener zu sein. Sein rassistisches Ressentiment bricht dann jedoch durch, als ein dunkelhäutiger Kollege ihm bei einer Beförderung vorgezogen wird.
Nun spiegeln diese kleinkarierten Archetypen zwar durchaus die Wirklichkeit eines Landes, das Ende vergangenen Jahres einen mit rassistischen Tropen spielenden Lügner wie Boris Johnson zum Premierminister erkor. Aber als Leser von „Middle England“ wünscht man sich oft, die literarische Umsetzung wäre subtiler, weniger absurd, weniger zugespitzt als die Realität, die in Brexit Britain ja schon länger weniger glaubwürdig ist als jede Fiktion.
Dass Coes Sympathien klar auf der Remainer-Seite liegen, daraus macht der Roman jedenfalls kein Hehl. Seine emphatisch pro-europäische Haltung findet zum Beispiel in einer Passage beredten Ausdruck, in der Sophie bei einer Reise zu einer Konferenz beim Anblick des in mediterranes Licht getauchten Marseille denkt: „Ja, das war, wie sie erkannte, der Aspekt, der ihr in England fehlte. Was für ein beschränktes, miserables Leben sie alle im Vergleich dazu führten in dem Land, das sie notgedrungen Heimat nennen musste.“ Marseille und Birmingham gehören nicht verschiedenen Welten, nicht einmal verschiedenen Planeten – sondern „unterschiedlichen Daseinsformen“ an. Darin ist der Autor sich paradoxerweise mit den Brexiteers einig.
In kommenden Jahrzehnten, wenn die Einzelheiten der Brexit-Konvulsionen von neuen Katastrophen verdrängt worden sein werden, wird „Middle England“ vielleicht als Referenzwerk für historische Details dienen. Als Roman bleibt es etwas zu schematisch. Aber eines hat das Buch zweifellos geleistet, und das ist nicht eben wenig: Er bietet die bisher beste Bestandsaufnahme einer Epoche, in der ein Land erst den Kopf und dann komplett die Orientierung verlor.
Coe hat den Ehrgeiz, das
Gründungswerk des jungen
Genres Brexit-Roman zu liefern
Land der Wütenden und der Rassisten, der Abgehobenen und der Weltfremden, der Ressentiments und der Frustrationen: Brexit-Anhänger feiern in Glasgow den Austritt aus der EU.
Foto: Andrew Milligan/dpa
Jonathan Coe: Middle England. Roman. Aus dem Englischen von Cathrine Hornung und Dieter Fuchs. Folio Verlag, Wien/Bozen 2020. 477 Seiten, 25 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Wenn man sich als mittelalter, liberaler Schriftsteller inmitten stiernackiger
Kleingeister wiederfindet: Jonathan Coes Roman über Brexit-England
VON ALEXANDER MENDEN
Am Tag der Trauerfeier für seine Mutter sitzt Benjamin Trotter im Erker einer umgebauten Mühle, die er allein bewohnt, blickt auf den mondbeschienenen Fluss und hört „Adieu to old England“ – „einen der schaurigsten und melancholischsten Folksongs, die in England je geschrieben wurden“. Darin beklagt sich der Sänger kurz gesagt darüber, dass es ihm, dem es früher so gut ging, heute so furchtbar schlecht geht. Ben denkt an das „Gefühl von Benachteiligung“, das in England allenthalben zu spüren ist, „diesen Hass auf das finanzielle und politische Establishment“ und die „stille Empörung der Mittelschicht, die sich an Behaglichkeit und Wohlstand gewöhnt hatte und jetzt merkte, dass ihr das alles entglitt“.
Diese zutiefst ungesunde, sehr englische Nostalgie, die sowohl die beschriebene Szene als auch das Lied selbst bestimmt, dieses Grundgefühl unscharfen Unbehagens an der Gesamtsituation, ist Ausgangslage und Humus für die Spaltung, die „Middle England“ thematisiert, der jüngste Roman des Briten Jonathan Coe. Er spielt in einem England der Wütenden und der Rassisten, der Abgehobenen und der Weltfremden, der Ressentiments und der Frustrationen. Sprich: im Land des Brexit.
„Middle England“ – der titelgebende Begriff wird gern für das „wahre“, ländliche Mittelschicht-England der Cricket Greens und normannischen Kirchlein jenseits der großen Städte verwendet – ist gewissermaßen ein Nachzügler. Es handelt sich um den späten dritten Teil einer nie als solcher geplanten Trilogie. Die beiden vorangehenden Bände, „Erste Riten“ (2002) und „Klassentreffen“ (2006) hatten weitgehend die gleichen Zentralfiguren. Ben Trotter, der verträumte angehende Autor, unglücklich verliebt (später unglücklich verheiratet und schließlich geschieden), sein bester Freund, der Prog-Rock-Fan Philip Chase, mittlerweile Verleger für Bücher über Heimatkunde, und Doug Anderton, der die Privatschule, welche die drei besuchen, mit sozialistischen Ideen aufmischen wollte, und jetzt ein prototypisch linksliberaler Journalist geworden ist.
„The Rotter’s Club“, so der Originaltitel von „Erste Riten“, hält angeblich den Rekord für den mit 13 955 Wörtern längsten Satz in der gesamten englischsprachigen Literatur. In einer Reminiszenz an diesen Rekord spekuliert Ben in einem der Kapitel von „Middle England“, das aus einem einzigen Stream-of-Consciousness-Satz besteht: „… darüber, was Schriftsteller in Zeiten wie diesen tun oder lassen sollten, ob sie versuchen sollten, engagés zu sein, so lautet glaube ich der französische Begriff, oder ob es besser sei, in die ‚innere Emigration‘ zu gehen, sprich, sich in sich selbst zurückzuziehen und vor der Realität zu flüchten“.
Genau das ist erkennbar auch die Frage, Coe sich selbst gestellt hat. Er beantwortet sie mit dem, was im englischen Sprachraum eine state of the nation novel genannt wird, eine fiktional überbaute Dokumentation der Jahre unmittelbar vor und nach dem britischen EU-Referendum. So, wie „Erste Riten“ den Ehrgeiz hatte, eine Art endgültiger Roman über pubertäre Mittelschichtjungs im England der Siebzigerjahre zu sein, hinterfangen von einer narrativen Geschichtsstaffage aus IRA-Terror, Streikwellen und Punkmode, so wie „Klassentreffen“ die Blair-Jahre spiegelte, so hat „Middle England“ den Ehrgeiz, als Gründungswerk des jungen Genres namens „Brexit-Roman“ zu dienen.
Benjamin, der „beste unveröffentlichte Autor des Landes“, ist mittlerweile Anfang 50. In „Klassentreffen“ hat er sich scheiden lassen, jetzt schreibt er in seiner Mühle weiter an einem unendlich langen Buch. Er ist gleichsam die Nabe, um die sich alles dreht. Sein Freund Doug arbeitet als Zeitungskolumnist, entfremdet von seiner reichen Frau, deren Wohnung in Chelsea er aber gerne weiter nutzt – er ist Repräsentant der London-zentrischen chattering class, ein Lieblingsfeindbild der brexitfreundlichen Rechts- und Linkspopulisten. Diese mittelalten, liberalen Männer finden sich plötzlich umzingelt von immer mehr kleingeistigen, rückwärtsgewandten Menschen, die sie ins Brexit-Verderben zerren. Wie dies geschieht, das fasst Coe in ein narratives Geflecht, welches in seiner Komplexität an die viktorianischen Monolithe Anthony Trollopes erinnert, und das im Einzelnen nachzuvollziehen nur unwesentlich weniger Raum einnehmen würde als das Buch selbst.
Letztlich tritt das Zwischenmenschliche aber auch hinter dem Historischen zurück. In den beiden Vorgängerromanen dienten die minutiös recherchierten Bilderbögen des geschichtlichen Hintergrunds der Siebzigerjahre und der Jahrtausendwende als Staffage, vor der sich die privaten Nöte und Leidenschaften der Protagonisten abspielten. „Middle England“ setzt den Schwerpunkt hingegen bei den konkreten Ereignissen zwischen 2010 und 2018, die Coe akribisch und chronologisch abarbeitet: Da sind der Finanzcrash, die Bildung der konservativ-liberalen Koalitionsregierung von 2010, die Londoner Unruhen im Sommer 2011 und die Olympischen Spiele im Jahr danach, die Wahl Jeremy Corbyns zum Labour-Chef, der rechtsterroristische Mord an der Labour-Abgeordneten Jo Cox, der Referendums-Schock und die darauffolgenden, immer erbitterter werdenden inner- und außerparlamentarischen Grabenkämpfe.
Die Figuren werden dabei zu Platzhaltern für politische Positionen im Ringen um die britische Identität. Das gilt besonders für jene, die den Brexit ausdrücklich oder implizit als wünschenswert betrachten. Bens Vater Colin zum Beispiel, der früher in einer Autofabrik bei Birmingham arbeitete und als Witwer noch unausstehlicher geworden ist. Colin ist ein „Gammon“ wie er im Buche steht. Gammon, Kochschinken, so wird seit ein paar Jahren eine bestimmte Sorte älterer, weißer, männlicher Engländer genannt. Sie sind ausgesprochene Patrioten, für den EU-Ausstieg, gegen Immigration, Rassisten und haben wegen ihres oft alkoholbedingten hohen Blutdrucks saftig schinkenfarbene Gesichter. Sie sind das Fundament des Brexit. Colin schimpft darüber, dass kaum noch irgendwer Englisch spreche in seiner Heimat, und äußert als letzten Wunsch, noch beim EU-Referendum mit abstimmen zu können.
Helena, die Schwiegermutter von Bens Nichte Sophie, ist die großbürgerliche Variante, eine „euroskeptische“ Bewunderin des rassistischen Tory-Politikers Enoch Powell, die ihre osteuropäische Haushaltshilfe ausnutzt und verachtet. Ihr Sohn Ian, Sophies Mann, scheint erst weltoffener zu sein. Sein rassistisches Ressentiment bricht dann jedoch durch, als ein dunkelhäutiger Kollege ihm bei einer Beförderung vorgezogen wird.
Nun spiegeln diese kleinkarierten Archetypen zwar durchaus die Wirklichkeit eines Landes, das Ende vergangenen Jahres einen mit rassistischen Tropen spielenden Lügner wie Boris Johnson zum Premierminister erkor. Aber als Leser von „Middle England“ wünscht man sich oft, die literarische Umsetzung wäre subtiler, weniger absurd, weniger zugespitzt als die Realität, die in Brexit Britain ja schon länger weniger glaubwürdig ist als jede Fiktion.
Dass Coes Sympathien klar auf der Remainer-Seite liegen, daraus macht der Roman jedenfalls kein Hehl. Seine emphatisch pro-europäische Haltung findet zum Beispiel in einer Passage beredten Ausdruck, in der Sophie bei einer Reise zu einer Konferenz beim Anblick des in mediterranes Licht getauchten Marseille denkt: „Ja, das war, wie sie erkannte, der Aspekt, der ihr in England fehlte. Was für ein beschränktes, miserables Leben sie alle im Vergleich dazu führten in dem Land, das sie notgedrungen Heimat nennen musste.“ Marseille und Birmingham gehören nicht verschiedenen Welten, nicht einmal verschiedenen Planeten – sondern „unterschiedlichen Daseinsformen“ an. Darin ist der Autor sich paradoxerweise mit den Brexiteers einig.
In kommenden Jahrzehnten, wenn die Einzelheiten der Brexit-Konvulsionen von neuen Katastrophen verdrängt worden sein werden, wird „Middle England“ vielleicht als Referenzwerk für historische Details dienen. Als Roman bleibt es etwas zu schematisch. Aber eines hat das Buch zweifellos geleistet, und das ist nicht eben wenig: Er bietet die bisher beste Bestandsaufnahme einer Epoche, in der ein Land erst den Kopf und dann komplett die Orientierung verlor.
Coe hat den Ehrgeiz, das
Gründungswerk des jungen
Genres Brexit-Roman zu liefern
Land der Wütenden und der Rassisten, der Abgehobenen und der Weltfremden, der Ressentiments und der Frustrationen: Brexit-Anhänger feiern in Glasgow den Austritt aus der EU.
Foto: Andrew Milligan/dpa
Jonathan Coe: Middle England. Roman. Aus dem Englischen von Cathrine Hornung und Dieter Fuchs. Folio Verlag, Wien/Bozen 2020. 477 Seiten, 25 Euro.
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