Mit der Story "Cat Person", die einmal um die Welt ging, und dem gleichnamigen Story-Band wurde sie bekannt. Jetzt meldet sich die amerikanische Autorin Kristen Roupenian mit drei Geschichten zum Thema Familie und Kindheit zurück, die einmal mehr die ganze Bandbreite ihres Könnens zeigen: Ein Paar verliert ein Kind, daraufhin kommt die Frau mit Wahnvorstellungen ins Krankenhaus. Eine Familie macht Urlaub am Strand, und die Kinder tischen den Eltern ein ungewöhnliches Abendessen auf. Und ein junger Mann kehrt in sein Elternhaus zurück und versinkt über Nacht in wehmütigen Kindheitserinnerungen. Mit genauem Blick für das Abgründige erzählt Kristen Roupenian von den emotionalen Verwicklungen ihrer Figuren -- hypnotisch, dunkel und direkt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.08.2020In Ordnung Die Schriftstellerin Kristen Roupenian hat es nicht leicht. 2017 veröffentlichte sie, bis dahin völlig unbekannt, die Kurzgeschichte "Cat Person" im "New Yorker". Auf die Story, welche die Grauzonen sexuellen Einvernehmens beleuchtet, folgten viele Superlative: einer der meistgelesenen, meistgeteilten, meistdiskutierten Texte des Jahres, ein siebenstelliger Vorschuss für das Debüt. Bloß hat der Fluch des zweiten Buches Roupenian bereits vor dem ersten eingeholt; schon dieses blieb für viele Kritiker hinter den haushohen Erwartungen zurück. Jetzt erscheint ein neuer Band mit dem Titel "Milk Wishes" (Aufbau, 24 Euro). Die drei Geschichten behandeln, grob gesagt, Todesfälle (eine Tochter, ein Nachbarskind, eine Qualle) und die Frage, wie Familien damit umgehen (schlecht, schlecht, schlecht). Wer ein spitzes, hochaktuelles Gegenwartsporträt wie in "Cat Person" erwartet, wird enttäuscht. Wer sich ohne diesen Ballast auf die düsteren, mitunter absurden Geschichten einlassen kann, verbringt ein, zwei Stunden mit guter Unterhaltung. Und manchmal ist das gut genug.
srom
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensentin Susan Vahabzadeh ist froh, dass sich Kristen Roupenian nach ihrer Erfolgskurzgeschichte über das Verhältnis eines älteren Professors mit einer jungen Studentin kurz nach dem Weinstein-Skandal nicht zur Expertin für Geschlechterverhältnisse erklärt. Vielmehr setze die Autorin in ihren drei neuen Kurzgeschichten, die sich mit traumatischen Erfahrungen je eines jungen Mannes, eines Paars und einer Kindergruppe beschäftigen, gekonnt das vorsichtige Abtasten des "Grabens" fort, der sich zwischen völlig verschiedenen Perspektiven auf denselben Gegenstand auftue, lobt die Rezensentin - damit treffe Roupenian immerhin eines der wichtigsten Themen unserer Zeit, schließt Vahabzedh anerkennend.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Kristen Roupenian ist vielleicht weniger die Stimme einer bestimmten Generation als vielmehr eine junge Schriftstellerin, die sehr gut darin ist, gesellschaftliche Schwingungen aufzunehmen und zu verarbeiten.« Susan Vahabzadeh Süddeutsche Zeitung 20201113