Die Harvard-Studenten Eduardo Saverin und Mark Zuckerberg sind beste Freunde, sie teilen die Freude an der Mathematik und das Leid, beim anderen Geschlecht ständig abzublitzen. Zwei echte Nerds eben. Als sich Mark eines Nachts ins universitäre Rechnernetz hackt und eine Website programmiert, auf der man über die Attraktivität sämtlicher Studentinnen abstimmen kann, bricht der Server zusammen und Marc entgeht nur knapp dem Rausschmiss aus der Eliteanstalt. Aber das ist der Moment, der alles ändert: Die Idee für Facebook wird geboren und die beiden gelangen auf die Sonnenseite des Lebens. Die Freundschaft von Eduardo und Mark überlebt den Aufstieg nicht, sie fällt dem Ernst der Erwachsenenwelt, dem Geld und ihren Anwälten zum Opfer. So erfolgreich Facebook heute Menschen miteinander verbindet, so endgültig hat es die zwei Freunde auseinandergerissen - Ironie des Schicksals. Das Buch Milliardär per Zufall lieferte die Vorlage für den erfolgreichen Film The Social Network, der gleichmehrfach bei den Golden Globes (u.a. Bester Film) abräumte und drei Auszeichnungen bei der Oscar®-Verleihung 2011 gewann.Harvard-Absolvent Ben Mezrich hat bereits zehn Bücher veröffentlicht, darunter den New-York-Times-Bestseller Bringing Down the House und den Thriller 21.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.07.2010Vom Nerd
zum Milliardär
Nicht alle großen Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Und nicht jedem jungen Menschen traut man zu, die Welt zu verändern. Mark Zuckerberg jedenfalls war ein schlaksiger, schüchterner Lockenkopf, nicht gerade begabt im Netzwerken und Smalltalken. Mag es aus dieser Verlegenheit heraus geschehen sein, dass er das größte Netzwerk der Online-Gesellschaft gründete?
Ben Mezrich studierte ein paar Jahre vor Zuckerberg in Harvard und hat die Entstehungsgeschichte von Facebook aufgeschrieben, Gerichtsakten studiert und mit zahlreichen Wegbegleitern der ersten Facebookstunde gesprochen. Zuckerberg selbst kommt in dem Bericht nicht besonders gut weg. Außer dass seine außergewöhnliche Programmierbegabung schon früh zu Tage trat, scheint der Facebook-Erfinder kaum bewundernswerte Eigenschaften zu haben. Er ist unbeliebt, sozial unbeholfen, und bei Frauen kommt er auch nicht so besonders gut an. Seine Programmierkunst bringt den Informatik-Studenten daher auf die Idee, ein Programm zu entwickeln, mit dessen Hilfe man sehen kann, welcher Kommilitone welche Kurse belegt hat. Die Anwendung sollte die Flirt-Anbahnung erleichtern – man belegt einfach dieselben Kurse wie die Kommilitonin, der man sich nähern will.
Das erste Netzwerk Zuckerbergs war geboren, und der Nerd, als der er hier immer bezeichnet wird, programmiert weiter. Höhepunkt der Aktionen dürfte ein nächtlicher Einbruch Zuckerbergs ins Uninetz sein. Von den „Facebooks“ der einzelnen Wohnheime kopiert er die Fotos der Bewohner. Am nächsten Morgen konnten dann alle Studenten die Attraktivität ihrer Kommilitonen bewerten. „Facemash“ war auf der Welt. Diese eigentliche Geburtsstunde zumindest der Facebook-Idee lohnt allein schon die Lektüre. Alles weitere ist Wirtschaft, Werbung, Widerstreit und hat nur noch mit Konkurrenten und Anwälten zu tun.
Wenn wir der Darstellung von Ben Mezrich glauben, startete Facebook nämlich mit einem kleinen Betrug. Zwei Harvard-Zwillinge hatten Zuckerberg gebeten, ihnen beim Programmieren einer Dating-Plattform zu helfen. Die „Harvard-Connection“ war für die Campus-Community gedacht. Zuckerberg aber bremste den Enthusiasmus der Zwillinge zunächst aus, um dann selbst ein ähnliches Programm zu präsentieren, das den Namen „TheFacebook“ trägt.
Zuckerberg machte sich nicht nur Feinde, weil andere sich ihrer Idee beraubt sahen. Auch die Freundschaft zum Mitstudenten Eduardo Saverin, aus der sich Ideen entwickeln und die das Buch fast zu einem Campusroman macht, zerbricht, als es um Geld und Ruhm geht. Saverin, Geldgeber der ersten Stunde, fühlt sich bei Investorenentscheidungen übergangen und sperrt das Konto. Da ist es mit der Freundlichkeit vorbei.
Mezrich hat eine Geschichte aus der Studentenpubertät geschrieben – von Geld und Sex, Rudern und Klubs, Kleingeist und Rachsucht, Streichen und schlauen Schachzügen. Abgesehen davon, dass die Story ohnehin spannend ist – der Stil mag manchem ein bisschen zu locker sein – birgt die Genese des Online-Netzwerkes auch Hinweise auf die spätere Philosophie des Unternehmens. Wer schon früher seine Entscheidungen allein traf, wird sich auch später in Unternehmensdingen nicht hineinreden lassen. Kritik am Wesen des Netzwerkes fehlt völlig in dieser Schilderung. Am Ende bleibt man doch mit einer gewissen Leere zurück. Denn Mark Zuckerberg selbst kommt nicht zu Wort – weil er nicht zu Wort kommen wollte. Er hatte ein Gespräch mit dem Autor abgelehnt. Die ultimative Wahrheit kann erst ein anderes Buch liefern. Ulrich Brömmling
Ben Mezrich: Milliardär per Zufall. Die Gründung von Facebook. Eine Geschichte über Sex, Geld, Freundschaft und Betrug. Aus dem Englischen von Max Limper. Redline Verlag, München 2010. 278 Seiten. 17,90 Euro.
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zum Milliardär
Nicht alle großen Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Und nicht jedem jungen Menschen traut man zu, die Welt zu verändern. Mark Zuckerberg jedenfalls war ein schlaksiger, schüchterner Lockenkopf, nicht gerade begabt im Netzwerken und Smalltalken. Mag es aus dieser Verlegenheit heraus geschehen sein, dass er das größte Netzwerk der Online-Gesellschaft gründete?
Ben Mezrich studierte ein paar Jahre vor Zuckerberg in Harvard und hat die Entstehungsgeschichte von Facebook aufgeschrieben, Gerichtsakten studiert und mit zahlreichen Wegbegleitern der ersten Facebookstunde gesprochen. Zuckerberg selbst kommt in dem Bericht nicht besonders gut weg. Außer dass seine außergewöhnliche Programmierbegabung schon früh zu Tage trat, scheint der Facebook-Erfinder kaum bewundernswerte Eigenschaften zu haben. Er ist unbeliebt, sozial unbeholfen, und bei Frauen kommt er auch nicht so besonders gut an. Seine Programmierkunst bringt den Informatik-Studenten daher auf die Idee, ein Programm zu entwickeln, mit dessen Hilfe man sehen kann, welcher Kommilitone welche Kurse belegt hat. Die Anwendung sollte die Flirt-Anbahnung erleichtern – man belegt einfach dieselben Kurse wie die Kommilitonin, der man sich nähern will.
Das erste Netzwerk Zuckerbergs war geboren, und der Nerd, als der er hier immer bezeichnet wird, programmiert weiter. Höhepunkt der Aktionen dürfte ein nächtlicher Einbruch Zuckerbergs ins Uninetz sein. Von den „Facebooks“ der einzelnen Wohnheime kopiert er die Fotos der Bewohner. Am nächsten Morgen konnten dann alle Studenten die Attraktivität ihrer Kommilitonen bewerten. „Facemash“ war auf der Welt. Diese eigentliche Geburtsstunde zumindest der Facebook-Idee lohnt allein schon die Lektüre. Alles weitere ist Wirtschaft, Werbung, Widerstreit und hat nur noch mit Konkurrenten und Anwälten zu tun.
Wenn wir der Darstellung von Ben Mezrich glauben, startete Facebook nämlich mit einem kleinen Betrug. Zwei Harvard-Zwillinge hatten Zuckerberg gebeten, ihnen beim Programmieren einer Dating-Plattform zu helfen. Die „Harvard-Connection“ war für die Campus-Community gedacht. Zuckerberg aber bremste den Enthusiasmus der Zwillinge zunächst aus, um dann selbst ein ähnliches Programm zu präsentieren, das den Namen „TheFacebook“ trägt.
Zuckerberg machte sich nicht nur Feinde, weil andere sich ihrer Idee beraubt sahen. Auch die Freundschaft zum Mitstudenten Eduardo Saverin, aus der sich Ideen entwickeln und die das Buch fast zu einem Campusroman macht, zerbricht, als es um Geld und Ruhm geht. Saverin, Geldgeber der ersten Stunde, fühlt sich bei Investorenentscheidungen übergangen und sperrt das Konto. Da ist es mit der Freundlichkeit vorbei.
Mezrich hat eine Geschichte aus der Studentenpubertät geschrieben – von Geld und Sex, Rudern und Klubs, Kleingeist und Rachsucht, Streichen und schlauen Schachzügen. Abgesehen davon, dass die Story ohnehin spannend ist – der Stil mag manchem ein bisschen zu locker sein – birgt die Genese des Online-Netzwerkes auch Hinweise auf die spätere Philosophie des Unternehmens. Wer schon früher seine Entscheidungen allein traf, wird sich auch später in Unternehmensdingen nicht hineinreden lassen. Kritik am Wesen des Netzwerkes fehlt völlig in dieser Schilderung. Am Ende bleibt man doch mit einer gewissen Leere zurück. Denn Mark Zuckerberg selbst kommt nicht zu Wort – weil er nicht zu Wort kommen wollte. Er hatte ein Gespräch mit dem Autor abgelehnt. Die ultimative Wahrheit kann erst ein anderes Buch liefern. Ulrich Brömmling
Ben Mezrich: Milliardär per Zufall. Die Gründung von Facebook. Eine Geschichte über Sex, Geld, Freundschaft und Betrug. Aus dem Englischen von Max Limper. Redline Verlag, München 2010. 278 Seiten. 17,90 Euro.
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