"This two-volume biographical work provides a foundational introduction to Friedman's role in several major economic debates that took place over four decades in the US, from 1932 through the end of 1972. The debates considered include both those that were largely carried out in the economic-research literature and those that primarily proceeded in the media or in policy forums. Nelson writes from a unique vantage point, as he draws from his own expertise in monetary economics, and has immersed himself in Friedman's Hoover Institution archives, allowing him unparalleled familiarity with Friedman's publications. Further, Nelson differentiates Friedman's ideas from those of his University of Chicago colleagues-particularly with those of George Stigler. And beyond, Nelson is able to refine and explicate the existing Friedman literature. Nelson provides an analytical narrative of Friedman's career from 1932 to 1972 (with the narrative organized primarily in terms of key economic debates), together with an exposition of Friedman's economic framework. The first volume consists of Chapters 1 to 10, covering Friedman's formative and early years through 1951, and Chapters 11 to 15 (the whole of the second volume), consider U.S. economic debate, and Friedman's participation in it, in the years from 1951 to 1972-the first two decades of Friedman's "monetarist period.""--
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.01.2022Milton Friedmans Glanzzeit
Edward Nelson rekonstruiert ein wichtiges Werk
Das Interesse am Werk Milton Friedmans (1912 bis 2006) nimmt nicht nur in den Vereinigten Staaten aus zwei Gründen zu. Die steigenden Inflationsraten werfen die Frage auf, ob an der von Friedman wortmächtig vertretenen, vom ökonomischen Mainstream aber verbannten These eines engen Zusammenhangs zwischen Geldmenge und Inflationsrate vielleicht doch etwas dran ist. Zudem erinnern sich in einer Zeit zunehmenden Staatsvertrauens Freiheitsfreunde an Friedmans Lobpreisung von Liberalismus und Marktwirtschaft in seinen auch in deutscher Sprache erschienenen internationalen Bestsellern "Capitalism and Freedom" ("Kapitalismus und Freiheit") und "Free to Choose" ("Chancen, die ich meine").
Mit Friedmans Werk und Wirken als Ökonom zwischen 1932 und 1972 befasst sich ein voluminöses zweibändiges Werk des Ökonomen Edward Nelson. In zwei weiteren Bänden soll Friedmans Wirken in den Jahren nach 1972 behandelt werden - also jene Zeit, in der eine an der Geldmenge ausgerichtete Politik in mehreren Ländern ausprobiert und überwiegend bald wieder verworfen wurde. Das Jahr 1972 als Endpunkt für die ersten beiden Bände begründet Nelson mit der Ansicht, zu diesem Zeitpunkt habe Friedmans Laufbahn als innovativer ökonomischer Denker ein Ende gefunden.
Über Friedman als bekanntesten Vertreter der liberalen Chicago-Schule, die dem interventionistischen keynesianischen Geist entgegentrat, wurde viel geschrieben. Weniger bekannt ist, wie sehr Friedman seine Laufbahn als ein im Geiste von Keynes arbeitender Ökonom begonnen hatte und sich auch noch später eine Wertschätzung für den britischen Ökonomen bewahrte - allerdings weniger für dessen Nachfolger.
Seine eigenen Akzente begann der in New York geborene Ökonom in den Fünfzigerjahren in Chicago zu setzen. Er distanzierte sich von der damaligen Mehrheitsmeinung der Ökonomen; stattdessen befürwortete er eine auf der alten Quantitätstheorie beruhende Renaissance der Geldpolitik. Die Quantitätstheorie postuliert einen engen Zusammenhang zwischen der Geldmenge und der Inflationsrate. Später wurde hierfür der Begriff Monetarismus geprägt.
Aufmerksamkeit erlangte Friedman anfangs durch empirische Arbeiten wie das mit Anna J. Schwarz verfasste Buch "Monetary History of the United States". Darin vertraten die Autoren die Idee, die verheerende Depression der Dreißigerjahre sei das Ergebnis einer zu straffen Geldpolitik gewesen, nicht aber Ausdruck eines marktwirtschaftlichen Versagens, das eine aktive Finanzpolitik begründe. Auch für die Nachkriegszeit legte Friedman Arbeiten vor, die in einer an strengen Regeln ausgerichteten Geldpolitik im Vergleich zu aktiver Finanzpolitik die bessere Konjunktursteuerung sahen.
Nelson zeigt, wie schwer sich die Keynesianer lange Zeit taten, diese Kritik überhaupt ernst zu nehmen. Friedmans Empirie war hinterfragbar, vor allem aber schien er auch aus Sicht mancher Anhänger kein konkurrenzfähiges theoretisches Arsenal zu besitzen. Nelson verwendet viel Platz und Mühe, um ein solches Arsenal zu rekonstruieren, aber er räumt ein, dass es hierfür auch der Analyse wenig bekannter Arbeiten Friedmans bedarf.
Friedman selbst hielt seinen Konkurrenten Paul Samuelson aus dem Blickwinkel mathematisch formulierter Wirtschaftstheorie für überlegen; für sich beanspruchte er jedoch, den für eine gute Wirtschaftspolitik besseren Rahmen zu liefern. Respekt schuf sich Friedman durch einen sehr aggressiven und pointierten Diskussionsstil, hinter dem sich nicht nur ein sehr wacher Intellekt verbarg, sondern auch eine beneidenswerte Gabe, komplizierte ökonomische Sachverhalte nachvollziehbar zu erläutern.
Friedmans theoretisches Meisterstück war das Konzept der "natürlichen Rate der Arbeitslosigkeit", die durch expansive Geldpolitik nicht gesenkt werden kann. In diesem Zusammenhang zeigte er die Bedeutung von Erwartungen für die Wirksamkeit von Geldpolitik. Nelson analysiert einprägsam, wie sehr dieses Konzept die wirtschaftswissenschaftliche Forschung in den Siebziger- und Achtzigerjahren befruchtet hat und in welch starkem Maße die moderne makroökonomische Theorie, obgleich sie sich wieder auf Keynes beruft und völlig andere Modelle verwendet, auch durch Gedanken Friedmans geprägt ist. Eine Renaissance der Orientierung der Geldpolitik an der Geldmenge ist daraus allerdings nicht gefolgt.
Friedman vertrat die Auffassung, seine Arbeit als Ökonom stehe gänzlich unabhängig von seiner Arbeit als Herold des Liberalismus. Selbst ein keynesianischer Widersacher wie Franco Modigliani schien dem mit seinem berühmten Satz zuzustimmen, man könne im Prinzip gleichzeitig Monetarist und Sozialist sein. Nelson äußert begründete Zweifel an dieser These: Die Wirksamkeit Friedmans als Ökonom erklärt sich nicht nur mit seinen Arbeiten zur Geldpolitik, sondern auch mit seiner Strahlkraft als Befürworter der Marktwirtschaft, die ihm Anhänger unter Fachkollegen wie unter Politikern zuführte. GERALD BRAUNBERGER
Edward Nelson: Milton Friedman & Economic Debate in the United States 1932 -1972. Volume 1 (738 Seiten) und Volume 2 (588 Seiten). Chicago University Press, Chicago 2020, Preis je Band: 50 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Edward Nelson rekonstruiert ein wichtiges Werk
Das Interesse am Werk Milton Friedmans (1912 bis 2006) nimmt nicht nur in den Vereinigten Staaten aus zwei Gründen zu. Die steigenden Inflationsraten werfen die Frage auf, ob an der von Friedman wortmächtig vertretenen, vom ökonomischen Mainstream aber verbannten These eines engen Zusammenhangs zwischen Geldmenge und Inflationsrate vielleicht doch etwas dran ist. Zudem erinnern sich in einer Zeit zunehmenden Staatsvertrauens Freiheitsfreunde an Friedmans Lobpreisung von Liberalismus und Marktwirtschaft in seinen auch in deutscher Sprache erschienenen internationalen Bestsellern "Capitalism and Freedom" ("Kapitalismus und Freiheit") und "Free to Choose" ("Chancen, die ich meine").
Mit Friedmans Werk und Wirken als Ökonom zwischen 1932 und 1972 befasst sich ein voluminöses zweibändiges Werk des Ökonomen Edward Nelson. In zwei weiteren Bänden soll Friedmans Wirken in den Jahren nach 1972 behandelt werden - also jene Zeit, in der eine an der Geldmenge ausgerichtete Politik in mehreren Ländern ausprobiert und überwiegend bald wieder verworfen wurde. Das Jahr 1972 als Endpunkt für die ersten beiden Bände begründet Nelson mit der Ansicht, zu diesem Zeitpunkt habe Friedmans Laufbahn als innovativer ökonomischer Denker ein Ende gefunden.
Über Friedman als bekanntesten Vertreter der liberalen Chicago-Schule, die dem interventionistischen keynesianischen Geist entgegentrat, wurde viel geschrieben. Weniger bekannt ist, wie sehr Friedman seine Laufbahn als ein im Geiste von Keynes arbeitender Ökonom begonnen hatte und sich auch noch später eine Wertschätzung für den britischen Ökonomen bewahrte - allerdings weniger für dessen Nachfolger.
Seine eigenen Akzente begann der in New York geborene Ökonom in den Fünfzigerjahren in Chicago zu setzen. Er distanzierte sich von der damaligen Mehrheitsmeinung der Ökonomen; stattdessen befürwortete er eine auf der alten Quantitätstheorie beruhende Renaissance der Geldpolitik. Die Quantitätstheorie postuliert einen engen Zusammenhang zwischen der Geldmenge und der Inflationsrate. Später wurde hierfür der Begriff Monetarismus geprägt.
Aufmerksamkeit erlangte Friedman anfangs durch empirische Arbeiten wie das mit Anna J. Schwarz verfasste Buch "Monetary History of the United States". Darin vertraten die Autoren die Idee, die verheerende Depression der Dreißigerjahre sei das Ergebnis einer zu straffen Geldpolitik gewesen, nicht aber Ausdruck eines marktwirtschaftlichen Versagens, das eine aktive Finanzpolitik begründe. Auch für die Nachkriegszeit legte Friedman Arbeiten vor, die in einer an strengen Regeln ausgerichteten Geldpolitik im Vergleich zu aktiver Finanzpolitik die bessere Konjunktursteuerung sahen.
Nelson zeigt, wie schwer sich die Keynesianer lange Zeit taten, diese Kritik überhaupt ernst zu nehmen. Friedmans Empirie war hinterfragbar, vor allem aber schien er auch aus Sicht mancher Anhänger kein konkurrenzfähiges theoretisches Arsenal zu besitzen. Nelson verwendet viel Platz und Mühe, um ein solches Arsenal zu rekonstruieren, aber er räumt ein, dass es hierfür auch der Analyse wenig bekannter Arbeiten Friedmans bedarf.
Friedman selbst hielt seinen Konkurrenten Paul Samuelson aus dem Blickwinkel mathematisch formulierter Wirtschaftstheorie für überlegen; für sich beanspruchte er jedoch, den für eine gute Wirtschaftspolitik besseren Rahmen zu liefern. Respekt schuf sich Friedman durch einen sehr aggressiven und pointierten Diskussionsstil, hinter dem sich nicht nur ein sehr wacher Intellekt verbarg, sondern auch eine beneidenswerte Gabe, komplizierte ökonomische Sachverhalte nachvollziehbar zu erläutern.
Friedmans theoretisches Meisterstück war das Konzept der "natürlichen Rate der Arbeitslosigkeit", die durch expansive Geldpolitik nicht gesenkt werden kann. In diesem Zusammenhang zeigte er die Bedeutung von Erwartungen für die Wirksamkeit von Geldpolitik. Nelson analysiert einprägsam, wie sehr dieses Konzept die wirtschaftswissenschaftliche Forschung in den Siebziger- und Achtzigerjahren befruchtet hat und in welch starkem Maße die moderne makroökonomische Theorie, obgleich sie sich wieder auf Keynes beruft und völlig andere Modelle verwendet, auch durch Gedanken Friedmans geprägt ist. Eine Renaissance der Orientierung der Geldpolitik an der Geldmenge ist daraus allerdings nicht gefolgt.
Friedman vertrat die Auffassung, seine Arbeit als Ökonom stehe gänzlich unabhängig von seiner Arbeit als Herold des Liberalismus. Selbst ein keynesianischer Widersacher wie Franco Modigliani schien dem mit seinem berühmten Satz zuzustimmen, man könne im Prinzip gleichzeitig Monetarist und Sozialist sein. Nelson äußert begründete Zweifel an dieser These: Die Wirksamkeit Friedmans als Ökonom erklärt sich nicht nur mit seinen Arbeiten zur Geldpolitik, sondern auch mit seiner Strahlkraft als Befürworter der Marktwirtschaft, die ihm Anhänger unter Fachkollegen wie unter Politikern zuführte. GERALD BRAUNBERGER
Edward Nelson: Milton Friedman & Economic Debate in the United States 1932 -1972. Volume 1 (738 Seiten) und Volume 2 (588 Seiten). Chicago University Press, Chicago 2020, Preis je Band: 50 Euro.
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