Staatstrauer herrscht bei der Schriftstellerin Mrs. Bell - Victoria, ihre alte schwarze Katze, ist tot. Zwar war Victoria eine herrische Persönlichkeit, der alten Queen im Habitus bis auf das schneeweiße Lätzchen ähnlich, streng und gebieterisch und äußerst sparsam mit Liebesbezeugungen. Aber Mrs. Bell will nichts davon hören, sich eine neue, vielleicht anschmiegsamere Katze anzuschaffen - das erschiene ihr pietätlos gegenüber der verstorbenen Majestät. Insgeheim allerdings regt sich in ihr eine alte Sehnsucht nach einer zarten, anhänglichen Siamkatze mit blauen Augen, brauner Zeichnung und schokoladenfarbenen schlanken Beinen, nach einem erlesenen, freilich für sie unerschwinglichen Rassegeschöpf. Ihrer Freundin, der einfühlsamen Mrs. White, glingt schließlich das Überredungskunststück: Sie erhält von Mrs. Bell, die sich in ihrer großen Wohnung alleine fühlt, die Erlaubnis, sich nach einem Jungkätzchen mit roten Tigerfell umzusehen, und macht bald eine Katzenmutter ausfindig. Die Katzenhalterin überzeugt sie davon, daß ihre Kätzin schon oft solche Jungen zur Welt gebracht hat. Nun gilt es abzuwarten, bis der neue Wurf kommt und ob ein Rotes darunter ist. Unterdessen wird Mrs. Bell völlig unerwartet eine Siamkatze, genau wie erträumt, als Geschenk angeboten - und sie kann der Versuchung nicht widerstehen. Schon am nächsten Tag hält die schöne Minka Einzug in Mrs. Bells Wohnung und nimmt im Handumdrehen Herz und Heim ihrer neuen Herrin in Besitz. Wochen vergehen, in denen die beiden sich immer näherkommen. Dann wird an einem Tag im Oktober ein kräftiges rotes Katerchen geboren und Mrs. Bell vor die Entscheidung gesellt: Soll sie der sensiblen, launischen, zu Eifersuchtsanfällen neigenden Prinzessin Minka, die stets im Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit stehen will, einen Gefährten zumuten? Wäre nicht ein kleiner Freund und Mitspieler gut für die Entwicklug ihres exzentrischen Charakters? Schon der erste Blick auf den "kleinen roten Ritter", der erstaunlichen Mut und immerwährende gute Laune zeigt, überzeugt sie davon, daß sie es wagen muß. Sie nennt ihn Coeur-de-Lion nach dem tapferen Vorbild Richard Löwenherz, doch die Abkürzung Curdy scheint ihr praktischer.