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Dinosaurier Minus wünscht sich ein Haustier. Sogar mit einem Urfisch wäre er zufrieden! Doch seine Eltern glauben nicht, dass er sich schon allein um ein Tier kümmern kann. »Ich werde es euch beweisen!«, ruft Minus trotzig und hat schon einen Plan: Auf Plakaten bietet er Haustierbetreuung an. Schnell steht Kundschaft vor der Tür: T. Rex soll gebadet werden, Triceratops »Topsi« braucht Auslauf und Stegosaurus »Stigi« Krallenpflege. Nachdem die ungestümen Haustiere wieder weg sind und Minus die verwüstete Wohnung in Ordnung gebracht hat, fällt er total erledigt auf sein Bett. Von Haustieren hat er vorerst genug! Doch da kommen seine Eltern und haben eine Überraschung für ihn ...
Ausstattung: Mit fbg. Illustrationen
Ausstattung: Mit fbg. Illustrationen
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.03.2014Mama Drei an Sprössling Minus
Familie gab es auch schon vor der Menschheit, und das mit allen Reibereien: Ute Krauses Zeitreise in die Welt der Dinosaurier.
Von Elena Geus
In nahezu jeder Familie stellt sich irgendwann die Frage nach einem Haustier. Mit treuestem Blick, süßestem Lächeln und bereit zu jedem Ewigkeitsschwur, versichern Töchter und Söhne zuhauf, natürlich werden sie sich um Katze, Pferd, Maus oder Papagei aufopferungsvoll kümmern - und nur sie. Am Ende sind es dann doch meistens Mütter und Väter, die die verdreckte Meerschweinchenstreu aus dem Käfig kratzen und die mit dem Hund im strömenden Regen zur nächstgelegenen Wiese hasten.
Mit dem gleichwohl reflexhaften wie lebensweisen mütterlichen Spruch "Das bleibt dann wieder alles an mir hängen" lehnt auch Mama Drei das Flehen von Sprössling Minus nach einem noch so kleinen Haustier rundheraus ab. Wobei das mit der Größe so eine Sache ist, denn der "winzige Bronto", den Minus - selbst ein Saurierkind - als einen von mehreren möglichen Spielgefährten herbeisehnt, überragt ihn deutlich.
Auf Ute Krauses Zeitreise lässt man sich gern mitnehmen: Weil es bei ihren Urzeit-Giganten nicht um den längsten Hals, den härtesten Biss und die schärfsten Krallen geht, sondern es, in Wort und Bild gleichermaßen wunderbar umgesetzt, in ihrer Geschichte wirklichkeitsnah menschelt. Minus beschließt, die unerhört verquere elterliche Logik, wer sein Zimmer nicht aufräume, könne sich auch um kein Tier kümmern, zu widerlegen. Im besten Grundschuldeutsch der Gegenwart (also geschrieben wie gehört) preist er seine Dienste an: "Minus macht iren Saurier glüklich. washen, flegen, spazirn geen." Bei den Aufträgen schlägt er sich wacker und durchaus mit Erfolg, zu beklagen sind allerdings Blessuren an Körper und Schwund im Mobiliar. Außer Blut und Wasser zu schwitzen und zu rackern, bis das gröbste Chaos wieder beseitigt ist, muss Minus auch noch seinen verdienten Lohn investieren: in Ersatz für (gefressene) Blumen, eine (zerschlagene) Vase und (reichlich verbrauchtes) Badesalz. Und dann wäre da noch das von ihm nicht mehr lösbare Problem mit der Badewanne.
Dass die Wendung eine erwartbare ist, mindert den Spaß nicht. Als Minus in geradezu erwachsener Einsicht, den Anforderungen doch nicht gewachsen zu sein, von seinem einstigen Herzenswunsch Abstand nimmt, belohnen die Eltern ihn für seinen Einsatz - mit einem Haustier. Langeweile kommt trotz der Vorhersehbarkeit in dieser Geschichte vom Wünschen und Wunscherfüllen nie auf. Das ist zum einen Ute Krauses Sprachkunst zu verdanken, mit knappsten Worten Vertrautheit und Nähe zu schaffen und jede Kluft zwischen Phantasie und Realität, zwischen Ur- und Jetztzeit mühelos zu überbrücken, zum anderen ihren hinreißenden Illustrationen, die für sich sprechen und viel mehr sind als schmückendes Beiwerk, aus deren Bewegung und schneller Folge auch die erfolgreiche Regisseurin und Drehbuchautorin spricht, die Krause neben Schriftstellerin und Illustratorin ist. Mit wenigen Strichen wandelt sich Minus' Körperhaltung von schlapp in entschlossen, wird aus dem grüblerischen Dinokind ein tatendurstiges, zeigt sich in seinem Gesicht jede Gefühlsregung, ob Erschöpfung, Entsetzen oder Begeisterung. Dazu finden sich zahlreiche spielerische, witzige, gut gelaunte Details. Mühelos sind Krauses Zeichnungen auch verfilmt vorstellbar.
Die Dino-Eltern geben dem Herzenswunsch ihres Juniors nach, auch das ist nur zu menschlich. Dass das nicht immer dem aktuellen Bedürfnisstand entspricht, kann passieren. Erwachsene und Kinder reden nicht nur mitunter aneinander vorbei, sie handeln auch in bester Absicht nicht immer treffgenau. Der neue Hausgenosse, den Mama und Papa Drei präsentieren, ist kein Vier-, sondern ein Zweibeiner, ein dinohandtellergroßer Urmensch. Lucy heißt das fellberockte, Keule schwingende, kleine, eher jungenhaft aussehende Wesen - wie das 1974 in Äthiopien gefundene Fossil der Art Australopithecus afarensis. Die Namensgleichheit ist sicher kein Zufall.
Von der Freundschaft zwischen Tier und Mensch und von großen und kleinen Talenten, davon wird im Folgeband "Minus Drei und die laute Lucy" erzählt. Auch hier zeigen sich hinter vordergründiger Komik Klugheit, Verständnis für kindliche Sehnsüchte und fröhliche Zuversicht, in Wort wie in Bild. Die Fortsetzung ist nicht weniger ein Genuss als der herrliche Auftakt.
Ute Krause: "Minus Drei wünscht sich ein Haustier".
Verlag cbj, München 2014. 80 S., geb., 9,99 [Euro]. Ab 6 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Familie gab es auch schon vor der Menschheit, und das mit allen Reibereien: Ute Krauses Zeitreise in die Welt der Dinosaurier.
Von Elena Geus
In nahezu jeder Familie stellt sich irgendwann die Frage nach einem Haustier. Mit treuestem Blick, süßestem Lächeln und bereit zu jedem Ewigkeitsschwur, versichern Töchter und Söhne zuhauf, natürlich werden sie sich um Katze, Pferd, Maus oder Papagei aufopferungsvoll kümmern - und nur sie. Am Ende sind es dann doch meistens Mütter und Väter, die die verdreckte Meerschweinchenstreu aus dem Käfig kratzen und die mit dem Hund im strömenden Regen zur nächstgelegenen Wiese hasten.
Mit dem gleichwohl reflexhaften wie lebensweisen mütterlichen Spruch "Das bleibt dann wieder alles an mir hängen" lehnt auch Mama Drei das Flehen von Sprössling Minus nach einem noch so kleinen Haustier rundheraus ab. Wobei das mit der Größe so eine Sache ist, denn der "winzige Bronto", den Minus - selbst ein Saurierkind - als einen von mehreren möglichen Spielgefährten herbeisehnt, überragt ihn deutlich.
Auf Ute Krauses Zeitreise lässt man sich gern mitnehmen: Weil es bei ihren Urzeit-Giganten nicht um den längsten Hals, den härtesten Biss und die schärfsten Krallen geht, sondern es, in Wort und Bild gleichermaßen wunderbar umgesetzt, in ihrer Geschichte wirklichkeitsnah menschelt. Minus beschließt, die unerhört verquere elterliche Logik, wer sein Zimmer nicht aufräume, könne sich auch um kein Tier kümmern, zu widerlegen. Im besten Grundschuldeutsch der Gegenwart (also geschrieben wie gehört) preist er seine Dienste an: "Minus macht iren Saurier glüklich. washen, flegen, spazirn geen." Bei den Aufträgen schlägt er sich wacker und durchaus mit Erfolg, zu beklagen sind allerdings Blessuren an Körper und Schwund im Mobiliar. Außer Blut und Wasser zu schwitzen und zu rackern, bis das gröbste Chaos wieder beseitigt ist, muss Minus auch noch seinen verdienten Lohn investieren: in Ersatz für (gefressene) Blumen, eine (zerschlagene) Vase und (reichlich verbrauchtes) Badesalz. Und dann wäre da noch das von ihm nicht mehr lösbare Problem mit der Badewanne.
Dass die Wendung eine erwartbare ist, mindert den Spaß nicht. Als Minus in geradezu erwachsener Einsicht, den Anforderungen doch nicht gewachsen zu sein, von seinem einstigen Herzenswunsch Abstand nimmt, belohnen die Eltern ihn für seinen Einsatz - mit einem Haustier. Langeweile kommt trotz der Vorhersehbarkeit in dieser Geschichte vom Wünschen und Wunscherfüllen nie auf. Das ist zum einen Ute Krauses Sprachkunst zu verdanken, mit knappsten Worten Vertrautheit und Nähe zu schaffen und jede Kluft zwischen Phantasie und Realität, zwischen Ur- und Jetztzeit mühelos zu überbrücken, zum anderen ihren hinreißenden Illustrationen, die für sich sprechen und viel mehr sind als schmückendes Beiwerk, aus deren Bewegung und schneller Folge auch die erfolgreiche Regisseurin und Drehbuchautorin spricht, die Krause neben Schriftstellerin und Illustratorin ist. Mit wenigen Strichen wandelt sich Minus' Körperhaltung von schlapp in entschlossen, wird aus dem grüblerischen Dinokind ein tatendurstiges, zeigt sich in seinem Gesicht jede Gefühlsregung, ob Erschöpfung, Entsetzen oder Begeisterung. Dazu finden sich zahlreiche spielerische, witzige, gut gelaunte Details. Mühelos sind Krauses Zeichnungen auch verfilmt vorstellbar.
Die Dino-Eltern geben dem Herzenswunsch ihres Juniors nach, auch das ist nur zu menschlich. Dass das nicht immer dem aktuellen Bedürfnisstand entspricht, kann passieren. Erwachsene und Kinder reden nicht nur mitunter aneinander vorbei, sie handeln auch in bester Absicht nicht immer treffgenau. Der neue Hausgenosse, den Mama und Papa Drei präsentieren, ist kein Vier-, sondern ein Zweibeiner, ein dinohandtellergroßer Urmensch. Lucy heißt das fellberockte, Keule schwingende, kleine, eher jungenhaft aussehende Wesen - wie das 1974 in Äthiopien gefundene Fossil der Art Australopithecus afarensis. Die Namensgleichheit ist sicher kein Zufall.
Von der Freundschaft zwischen Tier und Mensch und von großen und kleinen Talenten, davon wird im Folgeband "Minus Drei und die laute Lucy" erzählt. Auch hier zeigen sich hinter vordergründiger Komik Klugheit, Verständnis für kindliche Sehnsüchte und fröhliche Zuversicht, in Wort wie in Bild. Die Fortsetzung ist nicht weniger ein Genuss als der herrliche Auftakt.
Ute Krause: "Minus Drei wünscht sich ein Haustier".
Verlag cbj, München 2014. 80 S., geb., 9,99 [Euro]. Ab 6 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensentin Elena Geus ist hin und weg bei so viel Menschelei im Dinoland. Wer hätte gedacht, dass Riesenechsen nahezu die gleichen Wünsche und Verhaltensweisen aufweisen wie Menschen? Ein Haustier zum Geburtstag etwa. Geus findet die Story von Ute Krause nicht nur wunderbar in Text (1A Grundschuldeutsch) und Bild (filmisch) umgesetzt, sie staunt auch, wie wenig die Vorhersehbarkeit des ganzen Dinohaustierschlamassels dem Lesespaß anhaben kann. Und dass am Ende ein Australopithecus als Haustier für Klein Dino herhalten muss, ist ja vielleicht auch nicht gar so vorhersehbar.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Achtung, hier präsentiert sich ein neuer Lieblingsheld für Erstleser" Süddeutsche Zeitung
"Dass Andreas Fröhlich sein Handwerk versteht, muss eigentlich nicht extra erwähnt werden."