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Verfolgt vom eigenen Vater, stets am Rande des Ruins mit Schulden jonglierend, legendär hässlich von Gestalt, aber atemberaubend erfolgreich bei den Frauen, ein Vulkan an Energie und Kraft, beredsam wie ein Gott - so zieht der junge Graf Mirabeau seine Kometenbahn durch das vorrevolutionäre Frankreich. Doch dann schlägt seine historische Stunde. Als die Revolution beginnt, sind die Revolutionäre noch ohne Plan. Einer aber hat ihn: Honoré Gabriel de Mirabeau. Er will, dass aus dem absolutistisch regierten Frankreich Ludwigs XVI. endlich eine konstitutionelle Monarchie wird, in der dem Dynasten…mehr

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Produktbeschreibung
Verfolgt vom eigenen Vater, stets am Rande des Ruins mit Schulden jonglierend, legendär hässlich von Gestalt, aber atemberaubend erfolgreich bei den Frauen, ein Vulkan an Energie und Kraft, beredsam wie ein Gott - so zieht der junge Graf Mirabeau seine Kometenbahn durch das vorrevolutionäre Frankreich. Doch dann schlägt seine historische Stunde.
Als die Revolution beginnt, sind die Revolutionäre noch ohne Plan. Einer aber hat ihn: Honoré Gabriel de Mirabeau. Er will, dass aus dem absolutistisch regierten Frankreich Ludwigs XVI. endlich eine konstitutionelle Monarchie wird, in der dem Dynasten ebenso klare Grenzen gesetzt werden wie Parlament und Regierung. Nur so wird der König seinen Thron behalten können und die Revolution jenem Terror entgehen, dessen Exzesse Mirabeau hellsichtiger kommen sieht als jeder andere. Brennend vor Ehrgeiz zieht Mirabeau alle Register im Kampf um die Macht. Mit Bravour und glänzender Sachkenntnis erzählt Johannes Willms das abenteuerliche Leben eines Mannes, der an beiden Enden brannte und mit 42 Jahren an völliger Erschöpfung stirbt, kurz bevor die Revolution in ihre radikale Phase eintritt.
Autorenporträt
Johannes Willms war Feuilletonchef und Kulturkorrespondent der "Süddeutschen Zeitung" in Paris. Er hat zahlreiche Werke zur Geschichte Frankreichs vorgelegt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2017

Die Illusionen des Königsflüsterers

Er glaubte tatsächlich, die Französische Revolution beherrschen zu können: Johannes Willms zeichnet ein Lebensbild Mirabeaus zwischen politischem Genie und verschuldetem Schürzenjäger.

Von Günther Nonnenmacher

In seiner Geschichte der Französischen Revolution schrieb der schottische Schriftsteller und Gelehrte Thomas Carlyle 1837: "Mit Recht darf man behaupten, dass sich die Geschichte Frankreichs und der Welt anders gestaltet hätte, wenn Mirabeau am Leben geblieben wäre." Auch wenn das von einem Autor stammt, der dem zeitgenössischen Geniekult huldigte und den Lauf der Geschichte vom Handeln "großer Männer" bestimmt sah, stand Carlyle mit dieser Einschätzung nicht allein.

1831 hatte Heinrich Heine in seinen Berichten über die "Französischen Zustände" Mirabeau "das größte politische Genie unserer Zeit" genannt. Dagegen kommentierte Bertrand Barère, der wie Mirabeau 1789 als Abgeordneter des Dritten Standes in die Nationalversammlung gewählt worden war, in seinen Erinnerungen den Tod Mirabeaus mit der zynischen Bemerkung, dieser sei rechtzeitig gestorben, um seinen Ruhm zu bewahren. Gemeint war: Sein Tod habe ihn vor dem politischen Scheitern und dem Absturz im öffentlichen Ansehen gerettet.

Nichts deutete in seiner Jugend darauf hin, dass der am 9. März 1749 geborene Honoré-Gabriel Victor Riquetti Comte de Mirabeau zu einer der führenden Persönlichkeiten der Französischen Revolution und zum größten Redner der Nationalversammlung werden könnte. Johannes Willms, einer der besten deutschen Kenner Frankreichs, der 2014 eine bedeutende Geschichte der Französischen Revolution ("Tugend und Terror") veröffentlicht hat, beschreibt auf den ersten hundert Seiten seiner Biographie, dass Mirabeau bis in die Mitte seiner dreißiger Jahre ein rechter Tunichtgut war. In eine provenzalische Adelsfamilie geboren, machte er zwar früh mit seinem Temperament, seiner Intelligenz und seiner Beredsamkeit Eindruck. Aber er tat sich vor allem als Schuldenmacher und Schürzenjäger hervor.

Letzteres ist umso erstaunlicher, als er nach der Beschreibung seines Vaters "hässlich wie der Sohn Satans" war. Sein Kopf war ungewöhnlich groß, eine frühe Erkrankung an den Blattern entstellte sein Gesicht dauerhaft. Seine Erziehung war lieblos wie in den meisten Adelsfamilien. Es kam hinzu, dass seine Eltern zerstritten waren und sein Vater, der Marquis, sein ganzes Leben lang gegen Mirabeaus Mutter um deren Erbe prozessierte. Er mochte seinen Sohn nicht, verfolgte ihn geradezu hasserfüllt. Annäherungen zwischen den beiden gab es immer dann, wenn es um Geld und Besitz ging.

Als er achtzehn Jahre alt war, schickte ihn sein Vater für zwei Jahre zum Militär; ein halbes Jahr davon verbrachte er strafeshalber in einer Festung auf der Île de Ré. Es war die erste Haftzeit von mehreren, die auf "lettres de cachet" zurückgingen, die von Mirabeaus Vater beantragt wurden. Diese "versiegelten Briefe" waren ein justitieller Willkürakt des Königs, den man über einflussreiche Bekannte am Hofe erwirken konnte. Der Marquis ließ seinen Sohn wegen dessen Schulden und Frauengeschichten mehrmals mit diesem Instrument verfolgen. Es ging dabei um Verbannungen, die meist unter relativ milden Umständen abliefen. Doch einmal saß Mirabeau im Zwinger von Vincennes dreieinhalb Jahre lang eine wirklich entbehrungsreiche Zeit ab, zur gleichen Zeit wie der Marquis de Sade (was vielleicht erklärt, dass er dort auch frivole bis pornographische Schriften verfasste).

Mirabeau zog im Mai 1789 als Abgeordneter in die Nationalversammlung ein. Größere Bekanntheit hatte er schon mit einem Traktat "Über den Despotismus" errungen, das er in der Verbannung im Jura geschrieben und in der benachbarten Schweiz hatte drucken lassen. Solche Themen waren damals en vogue, Mirabeaus Schrift war nicht sonderlich originell (und zum größten Teil aus der einschlägigen Literatur zusammengeschustert), zeichnete sich aber durch ihre rhetorische Verve aus. Ähnlich verhält es sich mit vielen Texten, die Mirabeau später verfasste oder verfassen ließ und unter seinem Namen veröffentlichte: Das waren oft Plagiate oder Kompilationen, die er nur überarbeitete und mit rhetorischen Glanzlichtern versah.

Der andere Grund seiner Bekanntheit war ein spektakulärer Prozess gegen seine Frau, die ihn wegen seiner Affären verlassen hatte. Der Prozess ging über mehrere Instanzen; Mirabeau verlor ihn schließlich, aber seine flammenden Plädoyers vor Gericht, die er als Traktate veröffentlichte, erregten nicht nur in der heimatlichen Provence, sondern sogar in Paris Aufsehen.

Naturgemäß liegt der Schwerpunkt von Willms' Biographie auf Mirabeaus Agieren in der Nationalversammlung. Er war als Abgeordneter des Dritten Standes, faktisch also des Bürgertums, in Aix-en-Provence in die Generalstände gewählt worden; seine adligen Standesgenossen hatten ihm eine Aufstellung als Kandidat des Zweiten Standes verwehrt. Obwohl er sich gegen die vom Abbé Sieyès, einem hohen Geistlichen, der auch Abgeordneter des Dritten Standes war, geforderte Vereinigung aller Stände in einer "Assemblée nationale" aussprach, wurde er, als sie vollzogen war, zu einem ihrer wichtigsten Mitglieder, vor allem aber, bis zu seinem frühen Tod 1791, zu ihrem brillantesten Redner.

Willms hält Mirabeau zugute, dieser habe als einziger der Revolutionäre ein fertiges Konzept gehabt, "das Frankreich eine neue, zukunftsorientierte Ordnung verhieß". In der Tat war Mirabeau ein entschiedener Gegner des Ancien Régime. Sein Cantus firmus war, dass die Abschaffung der Privilegien - was für ihn die eigentliche "Revolution" bedeutete - ein entscheidender Fortschritt sei, der nicht mehr rückgängig gemacht werden könne und solle. Als künftige Verfassung schwebte ihm eine konstitutionelle Monarchie mit parlamentarischer Regierung nach englischem Vorbild vor.

Das war allerdings mehr eine Vision als ein handlungstaugliches Konzept, eine Vision, in der eine starke Exekutive mit dem König an der Spitze, im Verbund und in Übereinstimmung mit der Volksvertretung, die bürgerlichen Freiheiten in Frankreich sichern und das Abgleiten der Revolution in Unordnung, Chaos und neue Despotie verhindern sollte. Sich selbst hatte Mirabeau die Rolle als Erster Minister des Königs zugedacht, in der festen Überzeugung, dass er der Einzige sei, der die unterschiedlichen Kräfte, die in der Revolution zutage getreten waren, beherrschen könne.

Diese Selbsteinschätzung stützte sich darauf, dass er ein Volkstribun war, der die Massen hinreißen, aber auch bändigen konnte. Diese Fähigkeiten hatte Mirabeau bereits vor dem Zusammentreten der Generalstände bei einem Aufstand in Marseille bewiesen. Man darf sich im Übrigen die Nationalversammlung nicht als eine Art frühen Bundestag vorstellen; es ging da hektisch und undiszipliniert zu, vor allem gab es Hunderte von Zuschauern auf den Rängen, die sich immer wieder lautstark bemerkbar machten. Der wortgewaltige Mirabeau mit seiner von einem "Löwenhaupt" (Madame de Staël) gekrönten, mächtigen Statur war da eine Art Fels in der Brandung.

Das führte aber auch dazu, dass Mirabeau seinen Einfluss auf die Abgeordneten überschätzte: Sie jubelten ihm zwar immer wieder zu, aber bei wichtigen Abstimmungen über Verfassungsfragen bereiteten sie ihm fast regelmäßig Niederlagen. Seinen historischen "moment de gloire" hatte Mirabeau, als er den Großzeremonienmeister, der drei Tage nach dem "Ballhausschwur" vom König entsandt wurde, um die Nationalversammlung aufzulösen, mit den Worten "Wir werden uns von unseren Plätzen nur durch die Gewalt der Bajonette vertreiben lassen" aus dem Saal vertrieb - ein Ausspruch, den der Freiburger Historiker Ernst Schulin als einen "der genialsten extemporierten Sätze der politischen Geschichte" bezeichnet hat.

Zwar kämpfte Mirabeau für seine Vision einer konstitutionellen Monarchie weiter, doch wurde er von der "Eigendynamik und Selbstradikalisierung" der Revolution, die Willms in seinem Buch "Tugend und Terror" beschrieben und analysiert hat, stets überholt. Mit der Kapitelüberschrift "Kritik und Krise" erinnert Willms an das erste Buch seines akademischen Lehrers Reinhart Koselleck, in dem dieser Zusammenhang herausgestellt wird.

Vor allem überschätzte Mirabeau auf unbegreifliche Weise seine Möglichkeiten, den König zu beeinflussen. Als Hauptgegner sah er nicht nur die mächtige reaktionäre Camarilla am Hof an, sondern den Finanzminister Necker und den faktischen Militärmachthaber Marquis de La Fayette. Zwar wurde er nach längerem Werben und Intrigieren zum informellen und inoffiziellen Ratgeber des Königs, unter anderem verlockt von großen Geldzuwendungen, die ihn endlich aus seinem Schuldensumpf befreiten. Und er sandte daraufhin fast Tag für Tag lange Memoranden an den König, die taktische und strategische Ratschläge, nahezu Gebrauchsanweisungen, enthielten, wie dieser seine schwierige Lage verbessern solle und sein Reich in Übereinstimmung mit der Nationalversammlung regieren könne.

Doch der wankelmütige Ludwig XVI. folgte seinem Ratgeber keineswegs. Er misstraute dem Volkstribun, der von einem unbändigen persönlichen Ehrgeiz angetrieben wurde, der seine Anhänger auf der Straße mit revolutionärer Phraseologie einfangen und bändigen und die Abgeordneten der Nationalversammlung mit seiner rhetorischen Überlegenheit und seiner politischen Intelligenz überwältigen wollte. Wahrscheinlich hatte der König mit seinen Zweifeln recht, denn je aussichtsloser seine Lage wurde, desto verstiegener und verzweifelter wurden die Kabalen und Verschwörungen, die Mirabeau ihm vorschlug, um sich daraus zu befreien. Was Mirabeau da unermüdlich, in immer neuen Anläufen und mit immer größerer Dringlichkeit verfolgte, war im Grunde eine "mission impossible".

Willms schildert die dramatischen Ereignisse während dieser "Morgenröte der Revolution" plastisch und einfühlsam. Er zitiert ausführlich aus Mirabeaus unzähligen Briefen, aus seinen großen Reden und aus den Memoranden an den König, stets mit Verständnis für seinen Helden, aber auch mit klarem Blick für die politischen Illusionen, denen er sich hingab, sowie für seine menschlichen Schwächen, die ihm öfter politisch in die Quere kamen.

Mirabeau starb am 2. April 1791, erschöpft von seinen rastlosen Aktivitäten, aber auch ruiniert von einem ausschweifenden Lebenswandel: Heine behauptete, Mirabeau sei gestorben, "weil er zwei Tänzerinnen, Mesdemoiselles Helisberg und Colomb, und eine Stunde vorher eine Trüffelpastete genossen hatte". Er war der erste Große der Nation, dessen sterbliche Überreste im Pantheon bestattet wurden. Als sich nach dem Sturz der Monarchie 1792 bestätigte, dass er im Sold des Königs gestanden hatte, begann ein langer Streit. Robespierre nannte Mirabeau einen "politischen Scharlatan" und ließ seine Büste im Jakobiner-Club zerschlagen, am 27. November 1793 beschloss der Konvent, Mirabeau aus dem Pantheon zu entfernen. Das geschah schließlich erst im September 1794. Am selben Tag wurde Mirabeaus Sarg durch den von Jean Paul Marat ersetzt. Wo Mirabeau seine letzte Grabstätte gefunden hat, ist unbekannt.

Johannes Willms: "Mirabeau oder die Morgenröte der Revolution". Eine Biographie.

Verlag C. H. Beck, München 2017. 397 S., Abb., geb., 26,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Wilhelm von Sternburg bekommt mit der Mirabeau-Biografie von Johannes Willms ein "kluges" Lebensbild einer schillernden und widersprüchlichen Figur. Willms schildert Mirabeau nicht als Revolutionär, sondern als Pragamatiker mit Hang zur Ausschweifung, stellt der Rezensent fest. Dass der Autor auch sonst mit klaren Bewertungen (und "gut gewählten Zitaten") trumpft, rechnet von Sternburg ihm hoch an. Das Buch hat vor allem das politische Denken und Handeln des Aufklärers Mirabeau zum Thema, erklärt der Rezensent.

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"Eine kluge Biografie (...), die mit ihren klaren Bewertungen und gut gewählten Zitaten überzeugt."
Wilhelm von Sternburg, Frankfurter Rundschau, 8. Juli 2017

"Ein detail- und kenntnisreiches Buch."
Stefana Sabin, Neue Zürcher Zeitung, 27. Mai 2017

"Willms ist ein brillanter Autor und deutschlandweit einer der besten Kenner der Geschichte Frankreichs (...) lesenswert."
Ralf Nestmeyer, Nürnberger Zeitung, 28. April 2017

"Plastisch und einfühlsam."
Günther Nonnenmacher, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. März 2017