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Pflichttitel für alle Romkenner und Romliebhaber Mit zahlreichen Abbildungen und Karten Dieser Text ist gewissermaßen die »Mutter« aller Reiseführer über die ewige Stadt. Er liegt zahlreichen lateinischen und muttersprachlichen Varianten und Redaktionen zugrunde. Zugleich ist er ein wichtiges Zeugnis für die Wiedergeburt der Stadt und ihres Selbstbewusstseins im 12. Jahrhundert. Von diesem Text, der in lateinischer Sprache schwer zugänglich ist, gibt es bislang keine deutsche Übersetzung. In dieser hier erstmals vorgelegten lateinisch-deutschen Ausgabe sind zahlreiche Anmerkungen enthalten.…mehr

Produktbeschreibung
Pflichttitel für alle Romkenner und Romliebhaber Mit zahlreichen Abbildungen und Karten Dieser Text ist gewissermaßen die »Mutter« aller Reiseführer über die ewige Stadt. Er liegt zahlreichen lateinischen und muttersprachlichen Varianten und Redaktionen zugrunde. Zugleich ist er ein wichtiges Zeugnis für die Wiedergeburt der Stadt und ihres Selbstbewusstseins im 12. Jahrhundert. Von diesem Text, der in lateinischer Sprache schwer zugänglich ist, gibt es bislang keine deutsche Übersetzung. In dieser hier erstmals vorgelegten lateinisch-deutschen Ausgabe sind zahlreiche Anmerkungen enthalten. Karten und Bilder der beschriebenen »Wunderwerke« sowie eine bibliophile Ausstattung machen den Band zum Pflichttitel für jeden Romkenner und Romliebhaber. Eine knappe Einleitung zur Stadtgeschichte, zum Pilgerwesen sowie zur Geschichte dieses Führers komplettiert diese Ausgabe.
Autorenporträt
Wallraff, Martin§Martin Wallraff, geb. 1966, Dr. theol., Ordinarius für Kirchen- u. Theologiegeschichte an der Theologischen Fakultät der Universität Basel. Gerlinde Huber-Rebenich, geb. 1959, Dozentin für Lateinische Philologie am Institut für Klassische Philologie der Universität Bern. Katharina Heyden, geb. 1977, Außerordentliche Professorin für Ältere Kirchen- u. Dogmengeschichte an der Universität Bern.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Johan Schloemann trifft in dieser erstmals auf Deutsch publizierten Ausgabe der "Mirabilia Urbis Romae" vor allem auf Legenden. Als Handbuch für heutige Romreisende, warnt er, eignet sich das von Gerlinde Huber-Rebenich, Martin Wallraff, Katharina Heyden und Thomas Krönung übertragene, eingeleitete und kommentierte Buch schon aus diesem Grund nicht so gut. Davon abgesehen aber bietet es Schloemann Rundgänge durch ein Rom um 1140, das gerade ein neues historisches Gefühl für seine christliche Prägung zu entwickeln begann, sowie Auflistungen von Bauwerken und Orten. Lesenswert findet der Rezensent die Einleitung, gefallen haben ihm die teilweise neuen Fotos, die den Text illustrieren.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.10.2014

Als auf dem Forum die Kühe weideten

Der älteste Rom-Reiseführer, den wir kennen, stammt aus der Mitte des zwölften Jahrhunderts und ist noch heute eine Wundertüte

Wovon erzählt dieses Buch? Beispielsweise davon, wie das Pantheon in Rom entstand: "In den Zeiten der Konsuln und Senatoren" nämlich, als der Tempel des Jupiter auf dem Kapitol eine ganz besondere Sammlung von Statuen beherbergte - "Von jedem Reich des ganzen Erdkreises gab es eine Statue mit einer Schelle um den Hals; sobald die Schelle ertönte, wusste man, dass jenes Reich rebellierte". Nun also läutete die Schelle Persiens, und der Senat bat den Feldherrn Agrippa, im Osten für Ordnung zu sorgen. Agrippa aber zögerte, bis ihm im Traum eine Frauengestalt erschien.

"Versprich mir, dass du einen Tempel bauen wirst", sagte sie zu ihm, und als er fragte, wer sie sei, antwortete sie: "Kybele, die Göttermutter." Da ließ Agrippa, nachdem er siegreich aus Persien zurückgekehrt war, einen Rundtempel zu Ehren der Kybele und des Meeresgottes Neptun errichten, nannte ihn Pantheon und setzte eine Frauenstatue "mit einer wunderbaren Hülle aus vergoldeter Bronze" auf die runde Öffnung in der Mitte der Dachkuppel.

Das ist natürlich alles nicht wahr. Das Pantheon war nie der Kybele geweiht, über der Öffnung in der Decke stand auch nie eine Goldfigur, und die Statuenversammlung auf dem Kapitol ist so legendär wie der Gral oder das Ungeheuer von Loch Ness. Aber sie ist gut erzählt, diese Geschichte von Agrippa und der Göttermutter, und deshalb liest man sie gern, genauso wie die Anekdoten von der Handvoll Erde, die auf Befehl des Augustus aus jedem Land der Welt nach Rom gebracht werden sollte, bis der Hügel über seinem Grabmal aufgeschüttet war, oder von der Asche Cäsars, die in der Bronzekugel auf der Spitze des vatikanischen Obelisken ruhen soll, über der mahnenden Inschrift: "Caesar, du warst so groß wie der Erdkreis, / jetzt aber bist du von einer kleinen Höhlung umschlossen."

Alle diese Geschichten und Anekdoten stammen aus der Zeit, als das antike Rom mit Gras und Efeu zugewachsen oder, wie eben das Grabmal des Augustus, von Erde bedeckt war, als auf dem Forum die Kühe weideten und die wenigen intakten Tempel und Theater, mit Zinnen und wehrhaften Türmen versehen, den ewig verfeindeten städtischen Adelsfamilien als Burgen dienten. Diese Zeit war das Mittelalter, die tausendjährige Epoche zwischen dem Untergang des weströmischen Reiches und der Renaissance, in der die Päpste vom Lateranpalast aus die Christenheit regierten und die deutschen Könige nach Rom zogen, um sich zu Kaisern krönen zu lassen.

Wir erfahren wenig über diese Zeit, wenn wir heute als Touristen nach Rom kommen, denn bis auf einige Kirchen und Privathäuser sind ihre Spuren aus dem jetzigen Stadtbild verschwunden; Renaissance, Barock und die freigelegte Antike haben sie verdrängt. Wo also steckt das wahrhaftige Mittelalter, das Paradies der Märchen und Legenden, die das verlorene Wissen des Altertums überwucherten wie die Patriziertürme die römischen Ruinen? Es steckt hier, in diesem Buch, in den "Mirabilia Urbis Romae", dem Traktat über die Wunderwerke der Stadt Rom, das zum ersten Mal in deutscher Übersetzung erscheint.

Um 1140 entstanden und mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem römischen Kleriker verfasst, bieten die "Mirabilia" ein typisch mediävales Sammelsurium aus kurzen Beschreibungen und langen, zumeist fiktiven Erklärungen, aus Faktenwissen und Hörensagen. Die ersten zehn Kapitel bestehen aus Listen der Türme, Tore, Hügel, Paläste, Theater, Triumphbögen, Brücken und Katakomben der Stadt; die folgenden acht widmen sich ausführlich einzelnen Bau- und Kunstwerken, etwa den marmornen Dioskuren auf dem Quirinal oder der Reiterstatue des Mark Aurel, die damals noch am Lateran - statt wie heute auf dem Kapitol - stand. Die letzten dreizehn sind dann ein Gemisch aus beidem, einerseits Anekdotenschatz, andererseits knochentrockene Aufzählung. Da wird etwa ganz genau beschrieben, welche Heiligtümer auf dem Kapitolshügel standen (die meisten, darunter der "Tempel des Asyls", wo Cäsar "vom Senat getötet wurde", sind frei erfunden), dafür ist die Überlieferung über die Kaiserpaläste auf dem Palatin und die Bebauung des Aventins praktisch ausgelöscht.

6900 Schießscharten hat der Verfasser der "Mirabilia" in der aurelianischen Stadtmauer gezählt, aber er weiß nicht, dass das Trajansforum kein Palast, sondern eine Markthalle war. Dafür sieht er Dinge, die es heute längst nicht mehr gibt, etwa das Septizonium, das prächtige Brunnenhaus des Septimius Severus am Fuß des Palatins oder die Brücke des Nero über den Tiber, von der nur noch Fundamentreste erhalten sind. In all seinem Aberglauben war das Mittelalter eben auch eine Zeit städtebaulicher Pietät; es wohnte die antiken Ruinen ab, aber zerstörte sie nicht.

Deshalb kann es auch nicht überraschen, dass die "Mirabilia" die Monumente des Heidentums nicht mit christlicher Rechthaberei, sondern mit Finderstolz und patriotischer Liebe betrachten. Dennoch erstaunt das Ausmaß der Antikensehnsucht, die aus diesem Büchlein spricht. Die "Zeiten der Konsuln und Senatoren" werden hier nicht bloß beim Namen genannt, sondern regelrecht ins Stadtbild eingeschrieben. So gilt das Reiterstandbild des Mark Aurel dem Verfasser keineswegs als Kaiserdarstellung, im Gegenteil: "ein Ritter von großer Gestalt und Kraft" sei darin porträtiert, der Rom auf Bitten des Senats gegen einen "König aus östlichen Gefilden" verteidigt habe.

Zur Zeit der Entstehung der "Mirabilia" wurde die Ewige Stadt in der Tat immer wieder von Königen, allerdings aus nördlichen Gefilden, bedroht, die mit ihren eigenen Rittern herkamen, um sich die Kaiserkrone abzuholen. Und dann gab es noch den Imperator des Glaubens in seinem Kurienpalast am Lateran: den Papst. Immer wieder rebellierte die römische Bevölkerung gegen ihren tyrannischen Stadtherrn. Im Jahr 1143 übernahm schließlich ein "Senat" aus Bürgern und Kleinadligen die Macht in Rom. Zehn Jahre lang konnte er sich halten, dann stellte der Papst mit Hilfe der Truppen Friedrich Barbarossas die alten Verhältnisse wieder her. Die "Mirabilia" sind von diesen politischen Kämpfen unberührt, aber sie spiegeln eindringlich die Atmosphäre, in der sich der Widerstand gegen das päpstliche Regime entwickelte.

Für wen ist dieses Buch geschrieben? Für einen Reiseführer ist es zu ungenau, für ein Kompendium römischer Legenden zu fragmentarisch. Man muss es nehmen, wie es wohl schon die gebildeten Rompilger des Mittelalters nahmen: als Wundertüte, in der die erstaunlichsten Dinge schlummern. Damals wie heute.

ANDREAS KILB

"Mirabilia Urbis Romae - Die Wunderwerke der Stadt Rom". Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Gerlinde Huber-Rebenich, Martin Wallraff, Katharina Heyden und Thomas Krönung. Herder, 176 Seiten, 26 Euro

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