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Mirakelberichte, Wundererzählungen, gehören zu der unermesslich vielfältigen Quellengattung der Hagiographie und wurden bisher - aus Misstrauen eines säkularen Zeitalters - für das Verständnis des Mittelalters viel zu wenig berücksichtigt. Klaus Herbers, einer der besten Kenner mittelalterlicher Hagiographie, hat zusammen mit einem Team von Fachleuten zwölf zum Teil erstmals erschlossene mittelalterliche Mirakelberichte übersetzt und kommentiert. Sie reichen von den 'Virtutes' der heiligen Gertrud, einer Tochter Pippins d. Ä., aus dem 7. Jahrhundert bis zum Gründungsbericht des Klosters S.…mehr

Produktbeschreibung
Mirakelberichte, Wundererzählungen, gehören zu der unermesslich vielfältigen Quellengattung der Hagiographie und wurden bisher - aus Misstrauen eines säkularen Zeitalters - für das Verständnis des Mittelalters viel zu wenig berücksichtigt. Klaus Herbers, einer der besten Kenner mittelalterlicher Hagiographie, hat zusammen mit einem Team von Fachleuten zwölf zum Teil erstmals erschlossene mittelalterliche Mirakelberichte übersetzt und kommentiert. Sie reichen von den 'Virtutes' der heiligen Gertrud, einer Tochter Pippins d. Ä., aus dem 7. Jahrhundert bis zum Gründungsbericht des Klosters S. Vicente in Lissabon aus dem ausgehenden 12. Jahrhundert. Jeder dieser zwölf Berichte ist mit einer Einleitung versehen, die einen ersten Zugang zum Text ermöglicht. Der Band bietet ein breites Spektrum früh- und hochmittelalterlicher Religiosität und Heilsvorstellungen und gewährt so Einblick in Mentalität und Vorstellungswelt aus einer ganz neuen Perspektive.
Autorenporträt
Klaus Herbers, geb. 1951, ist Professor für Mittelalterliche Geschichte und Historische Hilfswissenschaften an der Universität Erlangen-Nürnberg. Seine Forschungsschwerpunkte sind die mittelalteliche Papstgeschichte, Hagiographie und das Pilgerwesen. Clemes Heydenreich, René Hurtienne, Lenka Jirousková, Sofia Seeger, Bernhard Vogel und Berhand Waldmann lehren und arbeiten an der Universität Erlangen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.06.2005

Die Unzufriedenheit der Toten
Lob der Quellenarbeit: Mirakelberichte des Mittelalters

Wenn es Tote nicht mehr in ihren Gräbern hält, dann denkt man an Vampire oder Zombies. Es kann sich aber um harmlose Heilige handeln, die zuwenig Zuwendung empfinden und deshalb umgebettet werden wollen. Diese Erklärung wäre einem Menschen im christlichen Mittelalter eingefallen. Solche Geschichten über unzufriedene Verblichene gehören zum Bestandteil vieler Heiligenviten und lassen sich mit wundersamen Heilungen am Grabe des lieben Patrons und ähnlichem Hokuspokus zu Mirakelberichten zusammenfassen. Historiker, Altslawistinnen und Germanisten haben jetzt dazu Quellenmaterial in einer zweisprachiger Fassung (lateinisch-deutsch) veröffentlicht.

In der Einleitung wird die Geringschätzung der Mirakelerzählungen in der Mediävistik beklagt. Die Ansicht des neunzehnten Jahrhunderts, es handele sich um historisch Unbrauchbares, dürfte überwunden sein, die Interpretation der Quellen für die Sozialgeschichte und andere Disziplinen fällt immer noch nicht leicht. Den Berichten wurde eine Zusammenfassung sowie eine Bibliographie vorangestellt. Der Versuch, die Überlieferungsgeschichte eines Textes darzubieten, ist löblich, die Übersetzungen aus dem Lateinischen wollen das Original stilistisch nicht übertreffen. Im strengen Sinne handelt es sich hier um keine Edition.

Die Autoren trachteten danach, für den gewählten Zeitraum (siebtes bis zwölftes Jahrhundert) die ältesten Fassungen der Berichte zu bearbeiten und die geographische Streuung breit zu halten. Die Auswahlkriterien für die Heiligen sind nicht leicht zu erkennen - neben bekannte Patrone wie den heiligen Martin (Bernhard Vogel), Nikolaus (Sofia Seeger) oder Wenzel (Lenka Jirousková) treten regionale Apostel wie Neapels Agnellus (Bernhard Waldmann), der ungarische Emmerich (Clemens Heydenreich) oder Lunarius von der Bretagne (René Hurtienne), der Weg von Chrysanthus und Damia ins Frankenreich (Klaus Herbers) und der Gründungsbericht des Klosters San Vicente bei Lissabon mit seinen an Geistergeschichten gemahnenden lokalen Ritterheiligen.

Meist stellt sich durch die Objekte der Berichte eine Spannung her. Ob die öfters sehr ähnlichen Bibelstellen in den Texten (häufig Matthäus 5,15: Du sollst dein Licht nicht unter den Scheffel stellen, aber auch bestimmte Psalmen) hier zufällig oder typisch für diese Art von Quellen sind, wäre eine erste Forschungsfrage, die sich aus dem Band destillieren läßt. Ein wenig wunderlich wirken die in den Fußnoten eingestreuten Erläuterungen. Während einige fachspezifische Termini und Quellen (nicht jeder hat die Vita des heiligen Emmeram griffbereit) vorausgesetzt werden, erläutern die Verfasser Begriffe, die jedem Mediävisten und Leuten, die nur Ecos "Namen der Rose" gelesen haben, geläufig sein dürften, zum Beispiel die Einteilung des monastischen Tagesablaufes. Freilich, ein bißchen Auffrischung und Nachhilfe schadet nie, selbst angesichts solch erbaulicher Legenden.

MARTIN LHOTZKY

Klaus Herbers, Lenka Jirousková, Bernhard Vogel (Hrsg.): "Mirakelberichte des Frühen und Hohen Mittelalters". Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters. Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe, Band 43. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2005. 303 S., geb., 89,90 [Euro].

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