Vor der Küste Louisianas sinkt ein U-Boot der Nazis. Jahrzehnte später erhält Dave Robicheaux von Hippo Bimstine den Auftrag, die Lage des Schiffes auf dem Meeresgrund zu lokalisieren. Der Geschäftsmann will das U-Boot bergen und daraus ein Casino als Touristenattraktion machen. Dave verspürt wenig Lust auf den Job, aber er braucht das Geld, um seinem Freund Batist zu helfen, der wegen Mordverdachts verhaftet wurde. Doch Bimstine ist nicht der Einzige, der sich für das U-Boot interessiert. Ein Mann namens Buchalter will es um jeden Preis. Schnell muss Robicheaux erkennen, dass dieser nicht nur ein übler Rassist, sondern auch ein gefährlicher Psychopath ist, der vor nichts zurückschreckt. Auch nicht davor, Daves Familie zu terrorisieren. Ihr Leben gerät völlig aus den Fugen.
buecher-magazin.deBeim Tauchen während seiner College-Zeit hatte er das alte Nazi-U-Boot entdeckt. Inzwischen ist Dave Robicheaux Vietnamveteran, Ex-Cop und trockener Alkoholiker, und noch immer driftet das unheimliche Wrack über den Meeresgrund vor der Mündung des Mississippi. Als Robicheaux den Auftrag erhält, es zu lokalisieren, werden die bösen Geister darin geweckt. Eine Serie grausamer Ritualmorde im Drogenmilieu von New Orleans soll zunächst seinem Freund Batist in die Schuhe geschoben werden. Und während Robicheaux mit seinem alten Kollegen Clete Purcel den wahren Killer sucht, gerät seine Familie ins Visier eines Psychopathen, der seinen Opfern gerne zweifelhafte Liebesgrüße schickt. Eine schöne und sehr wütende schwarze Polizistin und ein korrupter Cop geben diesem literarischen Gumbo zusätzlichen Biss. In den USA ist dieser Roman unter dem Titel "Dixie City Jam" schon 1994 als siebter von 20 Robicheaux-Bänden erschienen. Burke hat darin ein breit angelegtes Panorama der Südstaaten geschaffen, atmosphärisch dicht und voll berauschender Landschafts- und Meeresszenen, in die das Böse gerade dann einbricht, wenn alles am schönsten zu sein scheint.
© BÜCHERmagazin, Ulrich Baron (ub)
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.06.2016Deutsche U-Boote im Golf von Mexiko
Moralist vom Mississippi: Noch nie gab es so viel von James Lee Burke zu lesen
Die Launen der Leser und die Strategien der Verlage kommen oft nicht zusammen. Das lässt sich gut an dem Amerikaner James Lee Burke sehen. Dass in Deutschland nichts für ihn getan wurde, kann man nicht behaupten. In den neunziger Jahren wurde er erst bei Ullstein, dann bei Goldmann verlegt - offensichtlich aber nicht genug gelesen. Und so kommt es, dass derzeit gleich zwei Verlage sich erneut um den neunundsiebzigjährigen Autor kümmern. Ein großer, Heyne, und ein kleiner, Pendragon, wobei es für Letzteren die härtere Herausforderung ist, alle zwanzig Bände der Dave-Robicheaux-Serie teils noch einmal, teils zum ersten Mal auf Deutsch herauszubringen.
Robicheaux ist, was man gerne das Alter Ego seines Erfinders nennt, der auch gar kein Geheimnis aus den Parallelen macht. Beide Männer hatten lange mit dem Alkohol zu kämpfen, bevor sie trocken wurden, beide leben in New Iberia nicht weit von New Orleans, aber Robicheaux schreibt halt nicht, nur Berichte, wenn es ein Fall verlangt, den er als Deputy des Sheriffs bearbeitet. Aus dem Police Department in New Orleans ist er rausgeflogen, wegen des Alkohols, aber vor allem wegen seiner notorischen Abweichungen vom Dienstweg.
Er ist verheiratet, zum dritten Mal, was man verraten darf, auch wenn im gerade erschienenen Band "Mississippi Jam" (erstmals 1994) die zweite Ehefrau noch lebt und man demnächst in "Neonregen", dem Robicheaux-Debüt, die erste Ehefrau kennenlernen wird. Robicheaux ist um die fünfzig. Als fiktionale Gestalt darf er in dieser Altersklasse auch länger bleiben, als es die Biologie erlaubt. Er wohnt an einem Bayou und verdient sich mit Bootsverleih und Köderverkauf noch etwas dazu.
In "Mississippi Jam" geht es um einen Schatz, der in einem gesunkenen Nazi-U-Boot vor der Küste liegen soll, und um verschiedene Schatzjäger, darunter ein rechtsdrehender Psychopath und mafiose Figuren. Das klingt nach irrläufernder Phantasie und Kolportage, aber es sanken im Zweiten Weltkrieg tatsächlich deutsche U-Boote im Golf von Mexiko; im Übrigen hat James Lee Burke eine sehr präzise und zugleich poetische Technik, soziale Milieus, die faszinierende Landschaft Louisianas und die Menschen, die dort leben, anschaulich werden zu lassen. Manchmal ist das ausufernd, dann verzweigen sich die Geschichten wie das Delta des Mississippi, aber obwohl ein Robicheaux-Auftritt meist zwischen vier- und sechshundert Seiten lang ist, wird es nie langweilig.
Robicheaux ist ein Moralist, er spricht aus, was er denkt, egal, wen er vor sich hat, er ist stur und lässt nicht locker. Moderat wirkt er allerdings im Vergleich zu seinem besten Freund Cletus Purcel, auch er ein ehemaliger Polizist, der im "Big Sleazy", wie New Orleans abschätzig auch genannt wird, als Detektiv arbeitet und mitunter zu sehr rabiaten Lösungen neigt, wenn er sich etwa in "Mississippi Jam" eine Planierraupe schnappt und eine Schneise der Verwüstung durch den Garten eines Mafiosos zieht - "die Römer in Karthago konnten ihre Sache kaum besser und gründlicher gemacht haben".
Nicht ganz so leicht ist es, sich mit einem neuen Burke-Roman aus dem Jahr 2015 anzufreunden, den Heyne herausbringt. Der Titel "Fremdes Land" umschreibt auch die eigene Leseerfahrung. Weldon Avery Holland, der Protagonist, erlebt 1934 als Junge auf einer Farm in Texas, wie Bonnie und Clyde erschossen werden, er zieht als Soldat nach Europa in den Zweiten Weltkrieg, rettet seinen Sergeant und befreit die spanische Jüdin Rosita, die ein Lager überlebt hat. Er heiratet sie in Marseille, sie gehen zurück nach Texas und versuchen ihr Glück im Ölgeschäft. Die Erzählung wird hier dann doch etwas zu ausschweifend, Plot und Figurenkonstellation wirken zudem arg konstruiert. Es mag ja die Projektion des Lesers sein, aber es scheint, nur in Louisiana sei James Lee Burke ganz bei sich.
PETER KÖRTE
James Lee Burke:
"Mississippi Jam". Ein Dave-Robicheaux-Krimi.
Aus dem Amerikanischen von Jürgern Bürger. Pendragon Verlag, Bielefeld 2016. 588 S., br., 17,99 [Euro].
James Lee Burke: "Fremdes Land". Roman.
Aus dem Amerikanischen von Ulrich Thiele.
Heyne Verlag, München 2016. 576 S., br., 17,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Moralist vom Mississippi: Noch nie gab es so viel von James Lee Burke zu lesen
Die Launen der Leser und die Strategien der Verlage kommen oft nicht zusammen. Das lässt sich gut an dem Amerikaner James Lee Burke sehen. Dass in Deutschland nichts für ihn getan wurde, kann man nicht behaupten. In den neunziger Jahren wurde er erst bei Ullstein, dann bei Goldmann verlegt - offensichtlich aber nicht genug gelesen. Und so kommt es, dass derzeit gleich zwei Verlage sich erneut um den neunundsiebzigjährigen Autor kümmern. Ein großer, Heyne, und ein kleiner, Pendragon, wobei es für Letzteren die härtere Herausforderung ist, alle zwanzig Bände der Dave-Robicheaux-Serie teils noch einmal, teils zum ersten Mal auf Deutsch herauszubringen.
Robicheaux ist, was man gerne das Alter Ego seines Erfinders nennt, der auch gar kein Geheimnis aus den Parallelen macht. Beide Männer hatten lange mit dem Alkohol zu kämpfen, bevor sie trocken wurden, beide leben in New Iberia nicht weit von New Orleans, aber Robicheaux schreibt halt nicht, nur Berichte, wenn es ein Fall verlangt, den er als Deputy des Sheriffs bearbeitet. Aus dem Police Department in New Orleans ist er rausgeflogen, wegen des Alkohols, aber vor allem wegen seiner notorischen Abweichungen vom Dienstweg.
Er ist verheiratet, zum dritten Mal, was man verraten darf, auch wenn im gerade erschienenen Band "Mississippi Jam" (erstmals 1994) die zweite Ehefrau noch lebt und man demnächst in "Neonregen", dem Robicheaux-Debüt, die erste Ehefrau kennenlernen wird. Robicheaux ist um die fünfzig. Als fiktionale Gestalt darf er in dieser Altersklasse auch länger bleiben, als es die Biologie erlaubt. Er wohnt an einem Bayou und verdient sich mit Bootsverleih und Köderverkauf noch etwas dazu.
In "Mississippi Jam" geht es um einen Schatz, der in einem gesunkenen Nazi-U-Boot vor der Küste liegen soll, und um verschiedene Schatzjäger, darunter ein rechtsdrehender Psychopath und mafiose Figuren. Das klingt nach irrläufernder Phantasie und Kolportage, aber es sanken im Zweiten Weltkrieg tatsächlich deutsche U-Boote im Golf von Mexiko; im Übrigen hat James Lee Burke eine sehr präzise und zugleich poetische Technik, soziale Milieus, die faszinierende Landschaft Louisianas und die Menschen, die dort leben, anschaulich werden zu lassen. Manchmal ist das ausufernd, dann verzweigen sich die Geschichten wie das Delta des Mississippi, aber obwohl ein Robicheaux-Auftritt meist zwischen vier- und sechshundert Seiten lang ist, wird es nie langweilig.
Robicheaux ist ein Moralist, er spricht aus, was er denkt, egal, wen er vor sich hat, er ist stur und lässt nicht locker. Moderat wirkt er allerdings im Vergleich zu seinem besten Freund Cletus Purcel, auch er ein ehemaliger Polizist, der im "Big Sleazy", wie New Orleans abschätzig auch genannt wird, als Detektiv arbeitet und mitunter zu sehr rabiaten Lösungen neigt, wenn er sich etwa in "Mississippi Jam" eine Planierraupe schnappt und eine Schneise der Verwüstung durch den Garten eines Mafiosos zieht - "die Römer in Karthago konnten ihre Sache kaum besser und gründlicher gemacht haben".
Nicht ganz so leicht ist es, sich mit einem neuen Burke-Roman aus dem Jahr 2015 anzufreunden, den Heyne herausbringt. Der Titel "Fremdes Land" umschreibt auch die eigene Leseerfahrung. Weldon Avery Holland, der Protagonist, erlebt 1934 als Junge auf einer Farm in Texas, wie Bonnie und Clyde erschossen werden, er zieht als Soldat nach Europa in den Zweiten Weltkrieg, rettet seinen Sergeant und befreit die spanische Jüdin Rosita, die ein Lager überlebt hat. Er heiratet sie in Marseille, sie gehen zurück nach Texas und versuchen ihr Glück im Ölgeschäft. Die Erzählung wird hier dann doch etwas zu ausschweifend, Plot und Figurenkonstellation wirken zudem arg konstruiert. Es mag ja die Projektion des Lesers sein, aber es scheint, nur in Louisiana sei James Lee Burke ganz bei sich.
PETER KÖRTE
James Lee Burke:
"Mississippi Jam". Ein Dave-Robicheaux-Krimi.
Aus dem Amerikanischen von Jürgern Bürger. Pendragon Verlag, Bielefeld 2016. 588 S., br., 17,99 [Euro].
James Lee Burke: "Fremdes Land". Roman.
Aus dem Amerikanischen von Ulrich Thiele.
Heyne Verlag, München 2016. 576 S., br., 17,99 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Peter Körte liest James Lee Burkes unweit von New Orleans spielenden Roman von 1994 mit Gewinn. Den im Zentrum des Textes stehenden, mit moralischer Urteilskraft begabten, lässigen Deputy Robicheaux erkennt er unschwer als Alter Ego des Autors. Die Story um einen vor der Küste versunkenen Nazi-Schatz kann er getrost von dem Verdacht der Kolportage freisprechen. Dafür sorgt laut Körte Burkes genaue poetische Technik, soziale Milieus, Landschaft und Figuren anschaulich zu machen. Manchmal ufert das aus, räumt Körte ein, aber langweilig wird es nie.
© Perlentaucher Medien GmbH
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