Bundespräsident Theodor Heuss verbrachte als offizieller Gast von Königin Elizabeth II. vom 20. bis zum 23. Oktober 1958 vier Tage in London und Oxford. Dieser Staatsbesuch stellte für Heuss eine besondere Herausforderung dar: Das Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und Großbritannien galt bis ins Jahr 1958 hinein als gespannt; zudem war in der britischen Bevölkerung ein tiefes Misstrauen gegenüber dem früheren Kriegsgegner weitverbreitet. Es lag also auf der Hand, dass die bundesdeutsche Öffentlichkeit Heuss‘ Staatsbesuch mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgte. Aber obwohl das Bundespräsidialamt zusammen mit den englischen Stellen den Besuch sorgfältig vorbereitet hatte, verfestigte sich in Deutschland allmählich der Eindruck, dass Heuss von der englischen Bevölkerung zurückhaltend und kühl empfangen worden sei. Frieder Günther zeichnet die Vorbereitung und den konkreten Ablauf des Staatsbesuches sowie die anschließende Mediendebatte nach. Wie konnte es dazu kommen, dass sich Teile der bundesdeutschen Öffentlichkeit aufgrund des Staatsbesuches über Wochen kritisch mit ihrem Selbstverständnis auseinander setzten? Und wie ist es zu erklären, dass sich der Bundespräsident im Nachhinein veranlasst sah, klarzustellen, dass die Auslandsreise in seinen Augen für die Bundesrepublik sehr wohl einen Erfolg darstelle? Dem hier veröffentlichten Text liegt ein Referat zugrunde, das Frieder Günther am 16. Oktober 2003 in der Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus im Rahmen der Reihe „Himmelsberg-Vorträge“ gehalten hat.