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Norbert Lopper, der am 4 Juli 2014 seinen 95. Geburtstag feiert, führte ein bewegtes Leben. In Wien-Brigittenau als jüdischer Bub in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, war Fußball sein einziges Vergnügen, mit dem er während seiner Flucht über Belgien und Frankreich auch seinen Lebensunterhalt bestritt. Doch die NS-Vernichtungsmaschinerie holte ihn ein und deportierte ihn nach Auschwitz. Er überlebte das KZ und rettete dort seine Mutter und seinen Bruder vor dem Tod in der Gaskammer. Sein Vater und eine seiner Schwestern wurden ermordet. "Ich habe Auschwitz überlebt. Ich wog nach der…mehr

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Produktbeschreibung
Norbert Lopper, der am 4 Juli 2014 seinen 95. Geburtstag feiert, führte ein bewegtes Leben. In Wien-Brigittenau als jüdischer Bub in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, war Fußball sein einziges Vergnügen, mit dem er während seiner Flucht über Belgien und Frankreich auch seinen Lebensunterhalt bestritt. Doch die NS-Vernichtungsmaschinerie holte ihn ein und deportierte ihn nach Auschwitz. Er überlebte das KZ und rettete dort seine Mutter und seinen Bruder vor dem Tod in der Gaskammer. Sein Vater und eine seiner Schwestern wurden ermordet. "Ich habe Auschwitz überlebt. Ich wog nach der Befreiung ungefähr 40 Kilogramm und war Invalide, wollte aber unbedingt wieder Fußball spielen." Doch Norbert Lopper musste seine aktive Fußballer-Karriere beenden und wurde für fast drei Jahrzehnte der legendäre "Sekretär" der Wiener Austria. In dieser Zeit gewann "sein" Club 19 Meister- und Pokaltitel. Er arbeitet mit dem größten österreichischen Fußballer nach dem Krieg, Ernst Ocwirk zusammen. Legenden wie Josef Hickersberger, Tommy Parits und Herbert Prohaska wurden in seiner Funktionsperiode zu Stars. Der Fußball ist ein Ausdruck für die Sehnsucht des Menschen nach Gegenwelten zur Realität. Diese Sehnsucht ist so alt wie der Mensch. Lopper hat an Gegenwelten geglaubt, dieser Glaube hat ihm in mehrfachem Sinn das Leben gerettet. Denn das ist die Geschichte eines trotz größter denkbarer Widerwärtigkeiten freudvollen Lebens. "Ich habe keine Rachegedanken", sagte er in einem der Gespräche über Zeiten und Welten, in denen er sich in den vergangenen 95 Jahren bewegt hatte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.12.2014

Zeuge des Grauens
Fußballer, KZ-Häftling, Klubsekretär: Norbert Lopper überlebte den Nationalsozialismus – und widmete sich Austria Wien
Wer sich literarisch einem Leben nähert, dessen Protagonist, wie auch immer, mit der Schoah zu tun hat, begibt sich auf dünnes Eis. Die Gefahr ist groß, jene Schrecken, die sich hinter diesem Begriff verstecken, zu marginalisieren, weil die Lebensabschnitte vor und – im glücklichen Fall des Überlebens – nach der „großen Katastrophe“ (so eine Übersetzung dieses hebräischen Substantivs) ähnlich breiten Raum in der Lebensbeschreibung einnehmen. Und so kann es, wie in dem Buch „Mister Austria – Das Leben des Klubsekretärs Norbert Lopper, Fußballer – KZ-Häftling – Weltbürger“, passieren, dass die Rolle eines Fußballspielers des österreichischen Klubs Austria Wien ähnlich dramatische Beachtung findet wie die Situation des KZ-Häftlings Lopper, der dem Biografen Sätze in den Block diktierte wie diesen: „Und das Gas ist dasselbe gewesen, das die Menschen vergast hat, mit dem wurde auch die Wäsche desinfiziert.“
  Der Biograf heißt Johann Skocek, ist, worauf man in Österreich Wert legt, Magister in den Fächern Geschichte und Leibeserziehung und arbeitet als freier Publizist in Sachen Sport für österreichische Medien und schon auch mal für die Süddeutsche Zeitung. Er hat sich in diesem Buch, bei der Recherche beide Studienfächer verbindend, literarisch einem Mann genähert, dessen Leben, obwohl nur einem Thema, dem Fußball, gewidmet, in drei Teile zerfällt: vor den Nazis, während der NS-Diktatur und nach deren Ende. Im ersten Lebensabschnitt war der Wiener Jude Norbert Lopper ein gefragter Fußballspieler, der als Bub im Wiener Augarten kickte und später unter anderem bei dem damals renommierten jüdischen Verein Hakoah. Er floh 1938 vor den Nazis nach Belgien, wurde dort vier Jahre später mit seiner Frau Rebecca festgenommen und nach Auschwitz verbracht. Seine Frau starb in der Gaskammer, Lopper überlebte auf abenteuerliche Weise. 1953 ging er zurück nach Wien, in jene Stadt, in der mehr oder weniger versteckt viele einstige NS-Parteigänger lebten, und baute als Klubsekretär die Austria Wien zu einem der besten Teams der europäischen Fußballszene auf.
  Johann Skocek stellt dieser Biografie einen Auszug aus Franz Kafkas „In der Strafkolonie“ voran, was inhaltlich dem Folgenden durchaus angemessen ist, aber auch die Gefahr einer gewissen literarischen Fallhöhe in sich birgt. Denn was Sprache und Erzählkunst angeht, kann Skocek natürlich mit Kafka nicht mithalten, schon gar nicht mit dem Sujet Biografie, welches Nüchternheit und Distanz verlangt, ohne aber die Leidenschaft für das Thema zu verleugnen. Skocek bedient sich hier einer einfachen und wirkungsvollen Methode: Er schiebt in seine sachlich gehaltenen Texte Zitate Loppers ein, und zwar weitgehend ungeschönt in dessen altertümlich österreichisch-jüdischer Sprechweise. Dadurch gewinnt das Buch zum einen Authentizität, die dem dramatischen Lebenslauf angemessen ist, zum anderen gehen dank dieser lapidaren und gar nicht künstlichen Erzählweise die unfassbaren Ereignisse in Auschwitz noch mehr unter die Haut.
  Skocek entgeht so auch der Falle, jene Passagen, die Loppers Leben und Überleben im Konzentrationslager verhandeln, könnten ins Lapidare des Fußballs abgleiten, ohne diesem wiederum die sportliche und sportpolitische Dramatik zu nehmen. Und selbst ältere Semester wissen wohl kaum, welche wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Macht diesem Sport bereits zwischen den Kriegen eigen war.
  Man muss kein Fußballfan sein, schon gar keiner von Austria Wien, um Skoceks Buch spannend zu finden. Ja, mehr als das: als gut zu lesende Aufklärung darüber, wie nahe ein normales Leben dem Grauen kommen kann.
KARL FORSTER
„Mister Austria – Das Leben des Klubsekretärs Norbert Lopper, Fußballer – KZ-Häftling – Weltbürger“, Johann Skocek, Falter Verlag, 224 Seiten, 24,90 Euro.
Der Wiener Norbert Lopper, 95, wurde 1942 nach Auschwitz deportiert. Als Klubsekretär von Austria Wien gewann er zwischen 1965 und 1983 19 Meister- und Pokaltitel.
Foto: aleksandra pawloff
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