Das Leben ist ein ewiger Abschied. Wer aber von seinen Erinnerungen genießen kann, lebt zweimal. Vorwort Auf meinen runden Geburtstag hin angesprochen, sage ich nur: “Red’ ich nicht drüber, Geburtstag- was ist das schon, Geburtstag hat doch jeder.” Vielleicht ist es meine Art von Geburtstagsbewältigung, dass ich bereitwillig Züge meines Lebens Revue passieren lasse. Im Alter bleiben einem doch nur noch die beiden Möglichkeiten, entweder ein alter Trottel zu werden oder die Welt mit einem Lächeln zu betrachten. War ich doch siebzig Jahre lang immer nur eine Randfigur, ein Unangepasster, den man nirgends mit offenen Armen empfing. In vielen Situationen bin ich mit bildhaften Details, kräftiger Sprache und lakonischem Ton zu Werke gegangen. Aus eigener schmerzhafter Erfahrung habe ich mich dabei meist auf die Seite der Opfer geschla-gen. Dies geschah in aller ersten Linie aus meiner Lebenserfahrung heraus, die stets mit christlicher Nächstenliebe verbunden war. In meinen Geschichten wollte ich auch jenen ein Denkmal setzen, die selbst nicht genug Leben hatten, ihr eigenes zu erzähl-len. Da ich mich bemühte etwas zu bewahren, was man Haltung nennen könnte, ist es mir gelungen, manche meiner menschlichen Schwächen zu verhüllen. Denn eines habe ich schon lange erkannt, wir sind alle, aber wirklich alle, nur ganz, ganz kleine Lichter. Nicht zuletzt aus dieser Erkenntnis heraus habe ich immer versucht, auch Christ zu sein. Wenn mich gerade deshalb einige Besserwisser als Esel bezeichnen, sage ich: “Recht so!” Nicht umsonst wählte Jesus diesen zum Reittier, als er zum letzten Passafest in Jerusalem einritt. In all meinen Geschichten habe ich das Leben der kleinen Leute mit all ihren Stärken, Schwächen und Unverwechselbarkeiten beschrieben. In Details und Zusammenhängen brachte ich damit Dinge ans Licht, die somit vor dem endgültigen Vergessen bewahrt werden konnten. Heinz Willi Richter