Die legendäre Transsibirische Eisenbahn ist weit mehr als das Kernstück des russischen Verkehrsnetzes: Sie ist Schauplatz von Begegnungen, Gesprächen, Episoden, die sich zu einem ebenso spannenden wie aussagekräftigen Porträt einer Gesellschaft mit ungewissem Reiseverlauf fügen, zu einer Studie über ein Land am Rande der Auflösung. Eindringlich dokumentiert 'GEO'-Reporter Andreas Wenderoth eines der letzten Reiseabenteuer des Kontinents.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.03.2000Ferne
"Mit Ach und Krach nach Wladiwostok - Transsibirische Reise" von Andreas Wenderoth. Erschienen in der Reihe: "Picus Reportagen". Picus Verlag, Wien 1999. 144 Seiten. Gebunden, 28 Mark. ISBN 3-85452-724-1.
Für den Titel kann der Autor vermutlich nichts, den wählt der Verlag passend zum Kling-Klang-Klong-Rhythmus seiner Buchreihe "Picus Reportagen". Aber dafür, dass er mit Ach und Krach am Meisterwerk vorbeigezockelt ist, um im Bild der maroden "Transsib" zu bleiben, dafür kann er schon etwas, gleichwohl die Pläne vermutlich andere waren. Vor einem Jahr als zweiteilige Reportage in "Geo" erschienen, hat Andreas Wenderoth nun seinen Text auf Buchlänge erweitert. Nicht nur zum Vorteil, leider. Denn was man Wenderoth nicht vorwerfen kann, ist ein Mangel an journalistischer Begabung. Sensibel für Details und pointiert in der Beschreibung skizzierte er in seinem Magazinartikel am Beispiel der Zugfahrt den Zustand eines Staates im Zerfall. Für das Buch aber schwebte ihm offensichtlich ein Historiengemälde vor. Vorbei deshalb die Leichtigkeit, stattdessen viele Ergänzungen um die Geschichte Sibiriens, um halbgare Analysen der Politik und etwas Küchenphilosophie, dazu Stadtporträts von unterwegs und Begegnungen mit Personen dort, die die Zugfahrt oft unnötig aufhalten und zerstückeln, statt sie zu einem Panorama zu erweitern. Außerdem fügte er Prominenten-Zitate ohne Zahl ein, von Heiner Müller bis Lenin (dieses falsch), obwohl doch die Gespräche mit den Mitreisenden viel ergiebiger sind. "Die Passagiere sind im Zug anders als im Leben", hatte ihm der Zugführer anvertraut. "Was sie im Leben sein möchten, stellen sie im Zug dar." Darin wäre Stoff für ein Epos gewesen. Die Landschaft übrigens spielt bei Wenderoth keine Rolle: Sie zieht vorbei "wie eine Endlosschleife". Noch so ein Thema. Lesenswert ist das Buch dennoch; nur schade, dass an ihm ein Meisterwerk verlorenging. (F.L.)
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Mit Ach und Krach nach Wladiwostok - Transsibirische Reise" von Andreas Wenderoth. Erschienen in der Reihe: "Picus Reportagen". Picus Verlag, Wien 1999. 144 Seiten. Gebunden, 28 Mark. ISBN 3-85452-724-1.
Für den Titel kann der Autor vermutlich nichts, den wählt der Verlag passend zum Kling-Klang-Klong-Rhythmus seiner Buchreihe "Picus Reportagen". Aber dafür, dass er mit Ach und Krach am Meisterwerk vorbeigezockelt ist, um im Bild der maroden "Transsib" zu bleiben, dafür kann er schon etwas, gleichwohl die Pläne vermutlich andere waren. Vor einem Jahr als zweiteilige Reportage in "Geo" erschienen, hat Andreas Wenderoth nun seinen Text auf Buchlänge erweitert. Nicht nur zum Vorteil, leider. Denn was man Wenderoth nicht vorwerfen kann, ist ein Mangel an journalistischer Begabung. Sensibel für Details und pointiert in der Beschreibung skizzierte er in seinem Magazinartikel am Beispiel der Zugfahrt den Zustand eines Staates im Zerfall. Für das Buch aber schwebte ihm offensichtlich ein Historiengemälde vor. Vorbei deshalb die Leichtigkeit, stattdessen viele Ergänzungen um die Geschichte Sibiriens, um halbgare Analysen der Politik und etwas Küchenphilosophie, dazu Stadtporträts von unterwegs und Begegnungen mit Personen dort, die die Zugfahrt oft unnötig aufhalten und zerstückeln, statt sie zu einem Panorama zu erweitern. Außerdem fügte er Prominenten-Zitate ohne Zahl ein, von Heiner Müller bis Lenin (dieses falsch), obwohl doch die Gespräche mit den Mitreisenden viel ergiebiger sind. "Die Passagiere sind im Zug anders als im Leben", hatte ihm der Zugführer anvertraut. "Was sie im Leben sein möchten, stellen sie im Zug dar." Darin wäre Stoff für ein Epos gewesen. Die Landschaft übrigens spielt bei Wenderoth keine Rolle: Sie zieht vorbei "wie eine Endlosschleife". Noch so ein Thema. Lesenswert ist das Buch dennoch; nur schade, dass an ihm ein Meisterwerk verlorenging. (F.L.)
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Zwar findet auch der Titel findet keine Gnade vor den Augen "F.L.s", aber schlimmer ist, dass der vor einem Jahr als zweiteilige Geo-Reportage erschienene Text "nicht nur zum Vorteil" zu diesem Buch verlängert wurde. So "pointiert" und "sensibel für Details" der Autor dort sich gezeigt hat, so sehr zerredet und belastet er den Text hier mit "Küchenphilosophie", Zitaten und "halbgaren" politischen Analysen. Gerade weil "F.L." den Autor für begabt genug hält, ein "Meisterwerk" zu schaffen, scheint er über diese Mängel besonders verärgert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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