Mit dem Bankrott von Bepy Sonnino, dessen Lächeln so sehr an Clark Gable erinnert, geht das goldene Zeitalter der Sonninos in Rom zu Ende. Bepy war der Goldgräber der italienischen Nachkriegszeit. Jüdischer Lebemann, Liebhaber der Frauen - in seiner unverschämten Vitalität hat er nichts ausgelassen, was das Leben ihm versprach. Von dem Tag, an dem er seinen nachtblauen Jaguar gegen einen Kleinwagen eintauscht, droht den Sonninos die Vertreibung aus dem Paradies. "Mit bösen Absichten" gibt den Blick frei auf eine jüdisch-katholische Familie aus der feinen römischen Gesellschaft: auf ihre Abenteuer, ihre Liebesaffären, ihre Gier nach Leben - von den 50er Jahren bis in die 90er Jahre des gerade zu Ende gegangenen Jahrhunderts.
In einer rasanten, bissigen Suada führt Daniel, Bepys Enkel, drei Generationen vor. Bepy, in all seiner Glorie, Vater Luca, der gegen alle Widerstände ein katholisches Mädchen geheiratet hat, Onkel Theo, der nach Israel auswanderte, und Daniel selbst, Fetischist und Strumpfhosendieb, der sich unsterblich verliebt in Gaia - die ätherisch schöne Enkelin von Giovanni Cittadini, vermögender Parvenü und Bepys ehemaliger Kompagnon.
In einem Feuerwerk aus Begehren, Neid und Scham geißelt Daniel, der sich selbst einen heuchlerischen Moralisten nennt, den aufwendigen Lebensstil der jeunesse doree seiner Generation, die in den 80er Jahren alle erdenklichen Freiheiten genießt. Und er erzählt - Höhepunkt und Abschluss dieses außerordentlichen Romans - von seiner gescheiterten Liebe, die sich auf Gaias Fest zu ihrem achtzehnten Geburtstag in einem Skandal offenbart.
Eine Familienrevue mit unvergesslichen Figuren, die an die Komödien des italienischen Kinos erinnert. Ein Gesellschaftsroman, dessen schöne Wut entzückt. "Eine geistreiche Raserei."La Repubblica
In einer rasanten, bissigen Suada führt Daniel, Bepys Enkel, drei Generationen vor. Bepy, in all seiner Glorie, Vater Luca, der gegen alle Widerstände ein katholisches Mädchen geheiratet hat, Onkel Theo, der nach Israel auswanderte, und Daniel selbst, Fetischist und Strumpfhosendieb, der sich unsterblich verliebt in Gaia - die ätherisch schöne Enkelin von Giovanni Cittadini, vermögender Parvenü und Bepys ehemaliger Kompagnon.
In einem Feuerwerk aus Begehren, Neid und Scham geißelt Daniel, der sich selbst einen heuchlerischen Moralisten nennt, den aufwendigen Lebensstil der jeunesse doree seiner Generation, die in den 80er Jahren alle erdenklichen Freiheiten genießt. Und er erzählt - Höhepunkt und Abschluss dieses außerordentlichen Romans - von seiner gescheiterten Liebe, die sich auf Gaias Fest zu ihrem achtzehnten Geburtstag in einem Skandal offenbart.
Eine Familienrevue mit unvergesslichen Figuren, die an die Komödien des italienischen Kinos erinnert. Ein Gesellschaftsroman, dessen schöne Wut entzückt. "Eine geistreiche Raserei."La Repubblica
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.03.2006Die Zeit der fetten Kühe
Selbstporträt eines Strumpfsammlers: Alessandro Pipernos Roman
Arglose Leser wird es womöglich schon früh aus der Kurve tragen, wenn der "Seiltänzer des ehebrecherischen Sex" gleich auf der ersten Seite die Hosen runterläßt, um zu demonstrieren, daß da einer mindestens so penisfixiert ist wie Portnoy, daß er zudem noch weiß, daß Eros sich auf Thanatos reimt, und sich aufs Zotige und Ziselierte zugleich versteht. "Sein reifer, durch und durch konkurrenzfähiger Schwanz war bereit, zum letzten Mal im Schein einer alten Flamme zu erstrahlen: Giorgia Di Porto, Modistin, nicht ganz heimliche Geliebte aus der Zeit der fetten Kühe, war im Begriff, die Finsternis von Bepy Sonninos letzten Lebensjahren zu zerreißen." So gespreizt geht es weiter, zwischen Modistinnen und Manierismen, und das mag ja auf dem italienischen Buchmarkt als Gegengift zum Spröden, Kunstvollen und meist leicht Verklemmten blendend funktioniert haben - ein römischer Philip Roth wird trotzdem nicht daraus.
Dieser Bepy, den Alessandro Piperno in seinem ersten Roman erfunden hat, ist ein toller Bursche, ein Womanizer, Lebemann und erfolgreicher Tuchhändler aus einer jüdischen Familie in Rom, die durch Heiraten über die Generationen auch ein bißchen katholisch wurde, weshalb sein Enkel Daniel an Bepys Grab kein Kaddisch sprechen darf. Der dreiunddreißigjährige Römer Piperno, der selbst aus einer jüdisch-katholischen Familie stammt, hat diesen Daniel als Ich-Erzähler eingesetzt, doch der Schatten, den Bepy wirft, ist mindestens so lang wie auf einem Gemälde von De Chirico. Er fällt auf den Albino-Sohn Luca, der sich zu Erfolg und Dauerlächeln gezwungen hat, auf Sohn Theo, der nach Israel ausgewandert ist, und eben auch auf den Enkel, einen mäßig erfolgreichen Akademiker von Anfang Dreißig, der sich deshalb auch als "der größte Dieb von Damenstrümpfen der nördlichen Hemisphäre" vorstellen und mit einer Melange aus elaboriertem Code und Umgangssprache, die sich für wahnsinnig lässig hält, erklären muß, "daß ich der scheinheilige Moralist war, diese Mischung aus Cromwell, Savonarola und Tartuffe, wenn ich allen in dieser schlimmen Weise auf die Eier ging".
Der Roman porträtiert mehr oder minder drei Generationen der Sonninos: Innenansichten einer jüdischen Familie, deren Angehörige der Deportation entgingen und denen das Schicksal der Juden eher peinlich ist, auch wenn sie sich natürlich ein feines Sensorium für die Heucheleien der Philosemiten bewahrt haben. Doch im Grunde ist "Mit bösen Absichten" weniger Familienepos als Selbstporträt des Strumpfsammlers, der seine Obsessionen ausbreitet, vor allem seine unerhörte Liebe zur ätherischen Gaia, der Enkelin von Bepys langjährigem Geschäftspartner. Daniel schiebt sich nicht bloß ins Bild, sondern verdeckt den Rest der Familie immer mehr, weil er am liebsten von den reichen und verwöhnten römischen Kids der achtziger Jahre erzählt, von einer ziemlich verkorksten Jugend, auf deren peinlichen persönlichen Höhepunkt er die Erzählung zusteuern läßt.
Diese Verschiebung wäre kein Problem, wenn Alessandro Piperno dabei nicht die Sprache wegliefe. Immer noch eine Metapher, immer noch eine Pirouette, noch ein Superlativ. Räsonieren und Erzählen liegen im Dauerclinch. Es gibt lange Strecken, auf denen sich der Erzähler entspannt, weil er schlagende Situationen und monströse Momentaufnahmen aus dem Familienalbum vorführt, um diese Präzisionsarbeit gleich wieder zu verwässern. Da schielt ein Buch dauernd nach den großen Vorbildern, will immer mitten im sogenannten prallen Leben und doch zugleich schlauer sein als das ganze triebgesteuerte Treiben, bis es weder das eine noch das andere ist.
Am Ende hat Piperno von allem ein bißchen serviert. Die Mürbeteig-Makkaroni-Pastete kennt man aus Lampedusas "Leoparden", da war sie allerdings krosser und voluminöser, die "Buddenbrooks" und Madame Chauchat werden gleich direkt beim Namen genannt, die verlorene Zeit findet sich beim Proust-Experten Piperno ganz von selbst, und dann muß Daniel Sonnino, wie so viele Romanhelden dieser Tage, auch noch nach New York kommen, kurz nach 9/11. Vielleicht sollte sich mal eine Lektoreninternationale bilden, die Autoren rät, die Zwillingstürme einfach fallenzulassen.
So plaudert Pipernos Held mal munter, mal melancholischer dahin, und das ist phasenweise auch ganz unterhaltsam. Der Klappentext empfiehlt sogar wohlmeinend, an die Komödien des italienischen Kinos zu denken. Nach all dem, was dieses Kino in den letzten fünfzehn Jahren hervorgebracht hat, wäre es dann aber doch eine zu große Gemeinheit, diesen sehr geschwätzigen Roman etwa mit Roberto Benignis Humoresken zu vergleichen.
PETER KÖRTE
Alessandro Piperno: "Mit bösen Absichten". Roman. Aus dem Italienischen übersetzt von Marianne Schneider. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2006. 364 S., geb., 18,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Selbstporträt eines Strumpfsammlers: Alessandro Pipernos Roman
Arglose Leser wird es womöglich schon früh aus der Kurve tragen, wenn der "Seiltänzer des ehebrecherischen Sex" gleich auf der ersten Seite die Hosen runterläßt, um zu demonstrieren, daß da einer mindestens so penisfixiert ist wie Portnoy, daß er zudem noch weiß, daß Eros sich auf Thanatos reimt, und sich aufs Zotige und Ziselierte zugleich versteht. "Sein reifer, durch und durch konkurrenzfähiger Schwanz war bereit, zum letzten Mal im Schein einer alten Flamme zu erstrahlen: Giorgia Di Porto, Modistin, nicht ganz heimliche Geliebte aus der Zeit der fetten Kühe, war im Begriff, die Finsternis von Bepy Sonninos letzten Lebensjahren zu zerreißen." So gespreizt geht es weiter, zwischen Modistinnen und Manierismen, und das mag ja auf dem italienischen Buchmarkt als Gegengift zum Spröden, Kunstvollen und meist leicht Verklemmten blendend funktioniert haben - ein römischer Philip Roth wird trotzdem nicht daraus.
Dieser Bepy, den Alessandro Piperno in seinem ersten Roman erfunden hat, ist ein toller Bursche, ein Womanizer, Lebemann und erfolgreicher Tuchhändler aus einer jüdischen Familie in Rom, die durch Heiraten über die Generationen auch ein bißchen katholisch wurde, weshalb sein Enkel Daniel an Bepys Grab kein Kaddisch sprechen darf. Der dreiunddreißigjährige Römer Piperno, der selbst aus einer jüdisch-katholischen Familie stammt, hat diesen Daniel als Ich-Erzähler eingesetzt, doch der Schatten, den Bepy wirft, ist mindestens so lang wie auf einem Gemälde von De Chirico. Er fällt auf den Albino-Sohn Luca, der sich zu Erfolg und Dauerlächeln gezwungen hat, auf Sohn Theo, der nach Israel ausgewandert ist, und eben auch auf den Enkel, einen mäßig erfolgreichen Akademiker von Anfang Dreißig, der sich deshalb auch als "der größte Dieb von Damenstrümpfen der nördlichen Hemisphäre" vorstellen und mit einer Melange aus elaboriertem Code und Umgangssprache, die sich für wahnsinnig lässig hält, erklären muß, "daß ich der scheinheilige Moralist war, diese Mischung aus Cromwell, Savonarola und Tartuffe, wenn ich allen in dieser schlimmen Weise auf die Eier ging".
Der Roman porträtiert mehr oder minder drei Generationen der Sonninos: Innenansichten einer jüdischen Familie, deren Angehörige der Deportation entgingen und denen das Schicksal der Juden eher peinlich ist, auch wenn sie sich natürlich ein feines Sensorium für die Heucheleien der Philosemiten bewahrt haben. Doch im Grunde ist "Mit bösen Absichten" weniger Familienepos als Selbstporträt des Strumpfsammlers, der seine Obsessionen ausbreitet, vor allem seine unerhörte Liebe zur ätherischen Gaia, der Enkelin von Bepys langjährigem Geschäftspartner. Daniel schiebt sich nicht bloß ins Bild, sondern verdeckt den Rest der Familie immer mehr, weil er am liebsten von den reichen und verwöhnten römischen Kids der achtziger Jahre erzählt, von einer ziemlich verkorksten Jugend, auf deren peinlichen persönlichen Höhepunkt er die Erzählung zusteuern läßt.
Diese Verschiebung wäre kein Problem, wenn Alessandro Piperno dabei nicht die Sprache wegliefe. Immer noch eine Metapher, immer noch eine Pirouette, noch ein Superlativ. Räsonieren und Erzählen liegen im Dauerclinch. Es gibt lange Strecken, auf denen sich der Erzähler entspannt, weil er schlagende Situationen und monströse Momentaufnahmen aus dem Familienalbum vorführt, um diese Präzisionsarbeit gleich wieder zu verwässern. Da schielt ein Buch dauernd nach den großen Vorbildern, will immer mitten im sogenannten prallen Leben und doch zugleich schlauer sein als das ganze triebgesteuerte Treiben, bis es weder das eine noch das andere ist.
Am Ende hat Piperno von allem ein bißchen serviert. Die Mürbeteig-Makkaroni-Pastete kennt man aus Lampedusas "Leoparden", da war sie allerdings krosser und voluminöser, die "Buddenbrooks" und Madame Chauchat werden gleich direkt beim Namen genannt, die verlorene Zeit findet sich beim Proust-Experten Piperno ganz von selbst, und dann muß Daniel Sonnino, wie so viele Romanhelden dieser Tage, auch noch nach New York kommen, kurz nach 9/11. Vielleicht sollte sich mal eine Lektoreninternationale bilden, die Autoren rät, die Zwillingstürme einfach fallenzulassen.
So plaudert Pipernos Held mal munter, mal melancholischer dahin, und das ist phasenweise auch ganz unterhaltsam. Der Klappentext empfiehlt sogar wohlmeinend, an die Komödien des italienischen Kinos zu denken. Nach all dem, was dieses Kino in den letzten fünfzehn Jahren hervorgebracht hat, wäre es dann aber doch eine zu große Gemeinheit, diesen sehr geschwätzigen Roman etwa mit Roberto Benignis Humoresken zu vergleichen.
PETER KÖRTE
Alessandro Piperno: "Mit bösen Absichten". Roman. Aus dem Italienischen übersetzt von Marianne Schneider. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2006. 364 S., geb., 18,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Eigentlich ist Alessandros Roman "Mit bösen Absichten" als Familiensaga angelegt, die drei Generationen einer jüdischen Familie mit katholischem Einschlag porträtiert, doch wird er mehr und mehr zum "Selbstporträt" des Enkels Daniel Sonnino, der "als "Strumpfsammler seine Obsessionen" ausbreitet, meint Peter Körte. Er fände das gar nicht so problematisch, wenn sich das nicht so negativ auf die Sprache des Buches auswirken würde. Doch Piperno häufe Metapher auf Metapher, drehe eine Fülle von "Pirouetten" und trumpfe mit "Superlativen" auf, die in der Menge einfach zu viel sind, beschwert sich der Rezensent. Bei dem italienischen Autor "liegen Räsonieren und Erzählen im Dauerclinch", so Körte weiter, und Passagen, in denen Piperno sich in der Schilderung von "monströsen" Familiensituationen "entspannt" und dabei durchaus überzeugende "Präzisionsarbeit" liefert, werden immer wieder durch den prätentiösen Stil "verwässert". Denn Daniel, ein Literaturwissenschaftler von Anfang Dreißig, befleißige sich einer ziemlich "gespreizten" Ausdrucksweise, durchsetzt von Umgangssprache, die demonstrieren soll, "wie wahnsinnig lässig" der Protagonist ist, so der Rezensent zunehmend genervt. Außerdem schiele der Autor ständig nach literarischen "Vorbildern" von Lampedusa bis Proust. "Phasenweise" findet Körte das ganz unterhaltsam, meistens aber nur geschwätzig.
© Perlentaucher Medien GmbH
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