Neuer Blickwinkel auf die deutsch-österreichische Musikgeschichte
Sie gehören zu den zentralen Figuren des österreichischen Theaterbetriebs: der Komponist Richard Strauss, der Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal und Alfred Roller, Bühnenbildner unter Gustav Mahler. Der Briefwechsel zwischen diesen Künstlern eröffnet neue Perspektiven auf die Musik- und Theatergeschichte in Österreich und Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wie entstanden wegweisende Produktionen wie der »Rosenkavalier« oder »Jedermann«? Was spielte sich zur Gründungszeit der Salzburger Festspiele hinter den Kulissen ab?
- Bisher unveröffentlichte Korrespondenz mit mehr als 200 Briefen
- Aufwendig gestalteter Prachtband für Musik- und Literatur-Liebhaber
- Über 200 farbige Abbildungen: Fotos, Bühnenbilder und Faksimiles
Von der Werkstatt auf die Bühne: ein Briefwechsel als faszinierendes Zeitdokument
Die Zusammenarbeit zwischen Hugo von Hofmannsthal, dem Künstler des Wortes, und Richard Strauss, dem Künstler der Töne, ist legendär geworden. Doch um wirksam zu werden, bedürfen diese beiden Künste einer dritten: der Kunst der Sichtbarmachung.
In der Korrespondenz zwischen diesen drei Kunstschaffenden vollziehen die Leser den Schöpfungsprozess von der Werkstatt bis zur Realisierung auf der Bühne nach.
Christiane Mühlegger-Henhapel und Ursula Renner versammeln in dieser Edition eine Vielzahl bisher dokumentierbaren und erhaltenen Briefe, Telegramme und Postkarten, die zwischen Richard Strauss, Hugo von Hofmannsthal und Alfred Roller gewechselt wurden. Ausführliche Kommentare und Erläuterungen zu einzelnen Textstellen erlauben es den Lesern, tief in die deutsch-österreichische Kulturgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts einzutauchen. Verfolgen Sie den inspirierenden Ideen-Austausch dieser berühmten Künstler!
Sie gehören zu den zentralen Figuren des österreichischen Theaterbetriebs: der Komponist Richard Strauss, der Schriftsteller Hugo von Hofmannsthal und Alfred Roller, Bühnenbildner unter Gustav Mahler. Der Briefwechsel zwischen diesen Künstlern eröffnet neue Perspektiven auf die Musik- und Theatergeschichte in Österreich und Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wie entstanden wegweisende Produktionen wie der »Rosenkavalier« oder »Jedermann«? Was spielte sich zur Gründungszeit der Salzburger Festspiele hinter den Kulissen ab?
- Bisher unveröffentlichte Korrespondenz mit mehr als 200 Briefen
- Aufwendig gestalteter Prachtband für Musik- und Literatur-Liebhaber
- Über 200 farbige Abbildungen: Fotos, Bühnenbilder und Faksimiles
Von der Werkstatt auf die Bühne: ein Briefwechsel als faszinierendes Zeitdokument
Die Zusammenarbeit zwischen Hugo von Hofmannsthal, dem Künstler des Wortes, und Richard Strauss, dem Künstler der Töne, ist legendär geworden. Doch um wirksam zu werden, bedürfen diese beiden Künste einer dritten: der Kunst der Sichtbarmachung.
In der Korrespondenz zwischen diesen drei Kunstschaffenden vollziehen die Leser den Schöpfungsprozess von der Werkstatt bis zur Realisierung auf der Bühne nach.
Christiane Mühlegger-Henhapel und Ursula Renner versammeln in dieser Edition eine Vielzahl bisher dokumentierbaren und erhaltenen Briefe, Telegramme und Postkarten, die zwischen Richard Strauss, Hugo von Hofmannsthal und Alfred Roller gewechselt wurden. Ausführliche Kommentare und Erläuterungen zu einzelnen Textstellen erlauben es den Lesern, tief in die deutsch-österreichische Kulturgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts einzutauchen. Verfolgen Sie den inspirierenden Ideen-Austausch dieser berühmten Künstler!
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Rezensent Robert Jungwirth liest den Briefwechsel zwischen Hugo von Hofmannsthal, Richard Strauss und dem Bühnen- und Kostümbildner Alfred Roller mit Vergnügen. Sowohl Hofmannsthals Understatement zu Beginn der Freundschaft mit Roller als auch dessen theaterpraktische Erklärungen über das Färben von Stoffen etwa machen ihm Freude. Die enge Zusammenarbeit zwischen Roller, Hofmannsthal und Strauss wird für den Rezensenten in der Dreifachkorrespondenz ebenso sichtbar wie Entstehungshintergründe zu so berühmten Bühnenstücken wie "Der Rosenkavalier" oder "Die Frau ohne Schatten" oder die Planungen zu den Salzburger Festspielen in ihren Anfängen. Abbildungen von Bühnenbildern und Kostümen und ein ausführlicher Kommentar ergänzen den Band, meint Jungwirth.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.05.2021Der Ausstatter als Mitschöpfer
Erstmals vollständig: Der Briefwechsel zwischen Hugo von Hofmannsthal, Richard Strauss und Alfred Roller in einer exzellenten Edition.
Am Dienstag, den 24. Januar 1911, zwei Tage vor der Uraufführung der Oper "Der Rosenkavalier", wird der Bühnen- und Kostümbildner Alfred Roller vom Komponisten Richard Strauss künstlerisch in den Adelsstand erhoben. Strauss macht Roller einen Klavierauszug des ersten Akts seiner Oper zum Geschenk mit der Widmung: "Dem genialen Mitschöpfer des Rosencavalier, dem getreuen Helfer und Freunde Professor Alfred Roller in verehrungsvollster Dankbarkeit und Bewunderung". Ein bislang beispielloser Vorgang: Dem Ausstatter am Theater wird der Rang eines Ko-Autors zugestanden, womit seine Arbeit - neben der des Librettisten Hugo von Hofmannsthal und des Komponisten Richard Strauss - verbindlichen Werkcharakter gewinnt.
Wie Roller zwei Tage später in einem Brief an seine Frau Mileva vermerkt, ging Strauss bei der Übergabe des Geschenks noch einen Schritt weiter und ließ die Bemerkung fallen: "Keine Oper mehr ohne Sie". Die Wertschätzung von Hofmannsthal und Strauss für Roller war ernst und dauerhaft. Sie hatte schon mit Rollers Ausstattung für die Uraufführung von Hofmannsthals Drama "Ödipus und die Sphinx" am Deutschen Theater Berlin 1906 begonnen, und sie dauerte bis Rollers Tod 1935 an. Noch die Uraufführung seiner "Arabella" hatte Strauss 1933 in Rollers Hände gelegt; auch für die Ausstattung von Richard Wagners "Parsifal" - unter Strauss' Dirigat - bei den Bayreuther Festspielen 1934 war Roller gewonnen worden. Dazwischen hatten gemeinsame Arbeiten mit Hofmannsthal und Strauss an deren "Frau ohne Schatten", der "Ägyptischen Helena", einer Neufassung von Ludwig van Beethovens "Ruinen von Athen" gestanden sowie, theatergeschichtlich besonders bedeutsam, die durch Hofmannsthal betriebene Wiederbelebung von Georg Büchners "Woyzeck" (damals noch "Wozzeck" genannt), für den Roller 1913 die Ausstattung schuf.
Rollers Rang als Ausstatter war schon von Gustav Mahler in dessen Zeit als Direktor der Wiener Hofoper erkannt worden. Umso mehr wundert es, dass seine Korrespondenz mit Hofmannsthal und Strauss bislang nicht veröffentlicht worden war, wo doch die beiden ihren eigenen Briefwechsel bereits zu Lebzeiten in einer ersten Auswahl hatten drucken lassen. Christiane Mühlegger-Henhapel und Ursula Renner beseitigen dieses Desiderat nun durch eine ebenso kenntnisreich kommentierte wie schön gestaltete Gesamtausgabe der 173 Briefe, die jeweils zwischen Roller und einem seiner beiden Mitstreiter gewechselt worden sind. Der fleißigste Schreiber war Hofmannsthal mit 64 Briefen an Roller, auf die 45 Antworten erhalten sind; Strauss hinterließ dagegen nur 36 Briefe an Roller, zu denen 28 Antworten vorliegen. Sie wurden ergänzt um über zweihundert Abbildungen, eine reich bebilderte Zeittafel, ein Register, Literaturverzeichnis, umfangreiche Anmerkungen in königsblauer Schrift, dazu zwei Lesebändchen aus weißem und rosafarbenem Seidengarn - kurzum: ein Prachtband.
Die Briefe bilden die Persönlichkeiten der Schreiber plastisch ab: Hofmannsthal ist der hochempfindliche Ästhet mit ständig gereizten Nerven, ebenso scheu wie fordernd, immer in Zeit-, manchmal gar in Geldnot, sodass er bei Roller um Freikarten für Mozarts "Figaro" betteln muss. Strauss ist dagegen der ebenso ehrgeizige wie effizienzorientierte Manager, der Probenpläne und Arbeitsabläufe strukturiert und dazu noch Herstellungskosten nebst Honoraren budgetiert. Roller, der Strauss und Max Reinhardt bei den Proben zum "Rosenkavalier" beobachtet, ist beeindruckt, wie er seiner Frau schreibt: "Strauss ist rücksichtslos und streng. Er und Reinhardt leisteten in den 3 Tagen unglaublich viel. Die ,Künstler' sind ganz perplex über diese, ihnen offenbar sehr fremde Intensität der Arbeit."
Dankenswerterweise nämlich teilen die Herausgeberinnen des Briefwechsels an entscheidenden Stellen auch die Korrespondenz Dritter und Vierter - vor allem der Ehefrauen Rollers und Hofmannsthals - mit, wodurch der Leser ein viel detaillierteres Bild der Vorgänge bekommt. Die Anmerkungen, die immer gleich im Anschluss an das jeweilige Dokument mitgeteilt werden, enthalten oft regelrechte Delikatessen. Bei den Proben zu "Ödipus und die Sphinx" bekommt man einen amüsanten Vorgang aus drei Perspektiven geschildert. Hofmannsthal beschreibt Roller die Schwierigkeiten mit der Schauspielerin Adele Sandrock, mit der die Rolle der alten Königin Antiope besetzt war: "Die arme verwüstete Sandrock ist eine hysterische kranke Person, mehrmals war ich nahe daran, ihr die Rolle abnehmen zu müssen, aber ihr Ton ist wundervoll für die Rolle, schlechthin unersetzlich."
Nun fürchtete die Schauspielerin, sich "auf ewig ihre Carrière zu verderben, wenn sie mit weißem Haar spielt". Roller reagiert pragmatisch: "Weiße Mullbinden um Stirn, Schläfen und Hals werden gut aussehen, die Künstlerin nicht genieren und ihren Wünschen Rechnung tragen." Doch damit nicht genug: Die Herausgeberinnen teilen in den Anmerkungen auch die Sicht von Adele Sandrock mit, deren Karriere ja bis in den frühen deutschen Tonfilm hineinreichte. In ihrer Autobiographie schrieb sie 1940 über ihr Debüt bei Reinhardt in Berlin: "Darauf bekam ich als Antrittsrolle eine alte Zicke zu spielen in einem Stück von Hugo von Hofmannsthal, eines Dichters, der mich verehrte und zu denen gehörte, die man damals modern nannte."
Mühlegger-Henhapel und Renner dokumentieren mit einem knappen Schriftwechsel zwischen Mileva Roller und Gerty von Hofmannsthal die Kriegsbegeisterung der Ehefrauen im Jahr 1914, ohne sie zu bewerten. Mit der gleichen unerschrockenen Akkuratesse wird die Mitgliedschaft des jüngsten Roller-Sohnes Ulrich bei den österreichischen Nationalsozialisten vermerkt, die unter dem Kanzler Kurt Schuschnigg verboten gewesen waren, weshalb Ulrich Roller inhaftiert wurde und nicht zum Sterbebett seines Vaters kommen konnte. Die Herausgeberinnen teilen mit, dass Ulrich Roller nach seiner Freilassung ein Jugendfreund Wieland Wagners wurde.
Die meisten Dokumente dieses Bandes stellen schriftliche Verabredungen zu mündlichem Austausch dar. Dennoch sieht man, wie stark Roller schon beim "Rosenkavalier" in die Gesamtkonzeption des Werkes einbezogen war; er macht Strauss sogar Besetzungsvorschläge für die Sänger, die sich weitgehend mit den Vorstellungen von Strauss decken. Auch bei der Wiederbelebung des "Woyzeck" von Büchner ist Roller mehr als ein Ausstatter, nämlich Dramaturg. Dass er, der zu den wichtigsten Künstlern der Wiener Secession gezählt hatte, keine Kulissen, sondern einen "Bedeutungsraum", besser noch einen "mitschwingenden Luftraum" für Wort und Gebärde von Dichter und Darsteller schaffen wollte, hat er selbst formuliert. Und dass Roller und Hofmannsthal sich brieflich über den Künstler Léon Bakst austauschen, verrät, wie stark der Impuls der russischen Bewegung "Welt der Kunst" um den Impresario Sergej Djagilew für die Aufwertung der Ausstattung gewesen sein muss.
Roller selbst sah sich bescheiden als "Theaterarbeiter". Sein Regiebuch zum "Rosenkavalier" mit den Bühnenbildentwürfen und den Kostümfigurinen trägt aber tatsächlich Werkcharakter und war für die meisten Aufführungen der Oper bis in die Mitte der Siebzigerjahre verbindlich. Es ist nicht ohne Ironie, dass Roller seine wissenschaftliche Würdigung durch diese Edition in einer Zeit erfährt, da das Regietheater mit seinen Aktualisierungsnötigungen Rollers historisierender Poesie nur noch selten etwas abgewinnen kann.
JAN BRACHMANN
Hugo von Hofmannsthal, Alfred Roller und Richard Strauss: "Mit dir keine Oper zu lang ... ". Briefwechsel.
Hrsg. von Christiane Mühlegger-Henhapel und Ursula Renner. Benevento Verlag, München/Salzburg 2021. 464 S., Abb., geb., 58,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Erstmals vollständig: Der Briefwechsel zwischen Hugo von Hofmannsthal, Richard Strauss und Alfred Roller in einer exzellenten Edition.
Am Dienstag, den 24. Januar 1911, zwei Tage vor der Uraufführung der Oper "Der Rosenkavalier", wird der Bühnen- und Kostümbildner Alfred Roller vom Komponisten Richard Strauss künstlerisch in den Adelsstand erhoben. Strauss macht Roller einen Klavierauszug des ersten Akts seiner Oper zum Geschenk mit der Widmung: "Dem genialen Mitschöpfer des Rosencavalier, dem getreuen Helfer und Freunde Professor Alfred Roller in verehrungsvollster Dankbarkeit und Bewunderung". Ein bislang beispielloser Vorgang: Dem Ausstatter am Theater wird der Rang eines Ko-Autors zugestanden, womit seine Arbeit - neben der des Librettisten Hugo von Hofmannsthal und des Komponisten Richard Strauss - verbindlichen Werkcharakter gewinnt.
Wie Roller zwei Tage später in einem Brief an seine Frau Mileva vermerkt, ging Strauss bei der Übergabe des Geschenks noch einen Schritt weiter und ließ die Bemerkung fallen: "Keine Oper mehr ohne Sie". Die Wertschätzung von Hofmannsthal und Strauss für Roller war ernst und dauerhaft. Sie hatte schon mit Rollers Ausstattung für die Uraufführung von Hofmannsthals Drama "Ödipus und die Sphinx" am Deutschen Theater Berlin 1906 begonnen, und sie dauerte bis Rollers Tod 1935 an. Noch die Uraufführung seiner "Arabella" hatte Strauss 1933 in Rollers Hände gelegt; auch für die Ausstattung von Richard Wagners "Parsifal" - unter Strauss' Dirigat - bei den Bayreuther Festspielen 1934 war Roller gewonnen worden. Dazwischen hatten gemeinsame Arbeiten mit Hofmannsthal und Strauss an deren "Frau ohne Schatten", der "Ägyptischen Helena", einer Neufassung von Ludwig van Beethovens "Ruinen von Athen" gestanden sowie, theatergeschichtlich besonders bedeutsam, die durch Hofmannsthal betriebene Wiederbelebung von Georg Büchners "Woyzeck" (damals noch "Wozzeck" genannt), für den Roller 1913 die Ausstattung schuf.
Rollers Rang als Ausstatter war schon von Gustav Mahler in dessen Zeit als Direktor der Wiener Hofoper erkannt worden. Umso mehr wundert es, dass seine Korrespondenz mit Hofmannsthal und Strauss bislang nicht veröffentlicht worden war, wo doch die beiden ihren eigenen Briefwechsel bereits zu Lebzeiten in einer ersten Auswahl hatten drucken lassen. Christiane Mühlegger-Henhapel und Ursula Renner beseitigen dieses Desiderat nun durch eine ebenso kenntnisreich kommentierte wie schön gestaltete Gesamtausgabe der 173 Briefe, die jeweils zwischen Roller und einem seiner beiden Mitstreiter gewechselt worden sind. Der fleißigste Schreiber war Hofmannsthal mit 64 Briefen an Roller, auf die 45 Antworten erhalten sind; Strauss hinterließ dagegen nur 36 Briefe an Roller, zu denen 28 Antworten vorliegen. Sie wurden ergänzt um über zweihundert Abbildungen, eine reich bebilderte Zeittafel, ein Register, Literaturverzeichnis, umfangreiche Anmerkungen in königsblauer Schrift, dazu zwei Lesebändchen aus weißem und rosafarbenem Seidengarn - kurzum: ein Prachtband.
Die Briefe bilden die Persönlichkeiten der Schreiber plastisch ab: Hofmannsthal ist der hochempfindliche Ästhet mit ständig gereizten Nerven, ebenso scheu wie fordernd, immer in Zeit-, manchmal gar in Geldnot, sodass er bei Roller um Freikarten für Mozarts "Figaro" betteln muss. Strauss ist dagegen der ebenso ehrgeizige wie effizienzorientierte Manager, der Probenpläne und Arbeitsabläufe strukturiert und dazu noch Herstellungskosten nebst Honoraren budgetiert. Roller, der Strauss und Max Reinhardt bei den Proben zum "Rosenkavalier" beobachtet, ist beeindruckt, wie er seiner Frau schreibt: "Strauss ist rücksichtslos und streng. Er und Reinhardt leisteten in den 3 Tagen unglaublich viel. Die ,Künstler' sind ganz perplex über diese, ihnen offenbar sehr fremde Intensität der Arbeit."
Dankenswerterweise nämlich teilen die Herausgeberinnen des Briefwechsels an entscheidenden Stellen auch die Korrespondenz Dritter und Vierter - vor allem der Ehefrauen Rollers und Hofmannsthals - mit, wodurch der Leser ein viel detaillierteres Bild der Vorgänge bekommt. Die Anmerkungen, die immer gleich im Anschluss an das jeweilige Dokument mitgeteilt werden, enthalten oft regelrechte Delikatessen. Bei den Proben zu "Ödipus und die Sphinx" bekommt man einen amüsanten Vorgang aus drei Perspektiven geschildert. Hofmannsthal beschreibt Roller die Schwierigkeiten mit der Schauspielerin Adele Sandrock, mit der die Rolle der alten Königin Antiope besetzt war: "Die arme verwüstete Sandrock ist eine hysterische kranke Person, mehrmals war ich nahe daran, ihr die Rolle abnehmen zu müssen, aber ihr Ton ist wundervoll für die Rolle, schlechthin unersetzlich."
Nun fürchtete die Schauspielerin, sich "auf ewig ihre Carrière zu verderben, wenn sie mit weißem Haar spielt". Roller reagiert pragmatisch: "Weiße Mullbinden um Stirn, Schläfen und Hals werden gut aussehen, die Künstlerin nicht genieren und ihren Wünschen Rechnung tragen." Doch damit nicht genug: Die Herausgeberinnen teilen in den Anmerkungen auch die Sicht von Adele Sandrock mit, deren Karriere ja bis in den frühen deutschen Tonfilm hineinreichte. In ihrer Autobiographie schrieb sie 1940 über ihr Debüt bei Reinhardt in Berlin: "Darauf bekam ich als Antrittsrolle eine alte Zicke zu spielen in einem Stück von Hugo von Hofmannsthal, eines Dichters, der mich verehrte und zu denen gehörte, die man damals modern nannte."
Mühlegger-Henhapel und Renner dokumentieren mit einem knappen Schriftwechsel zwischen Mileva Roller und Gerty von Hofmannsthal die Kriegsbegeisterung der Ehefrauen im Jahr 1914, ohne sie zu bewerten. Mit der gleichen unerschrockenen Akkuratesse wird die Mitgliedschaft des jüngsten Roller-Sohnes Ulrich bei den österreichischen Nationalsozialisten vermerkt, die unter dem Kanzler Kurt Schuschnigg verboten gewesen waren, weshalb Ulrich Roller inhaftiert wurde und nicht zum Sterbebett seines Vaters kommen konnte. Die Herausgeberinnen teilen mit, dass Ulrich Roller nach seiner Freilassung ein Jugendfreund Wieland Wagners wurde.
Die meisten Dokumente dieses Bandes stellen schriftliche Verabredungen zu mündlichem Austausch dar. Dennoch sieht man, wie stark Roller schon beim "Rosenkavalier" in die Gesamtkonzeption des Werkes einbezogen war; er macht Strauss sogar Besetzungsvorschläge für die Sänger, die sich weitgehend mit den Vorstellungen von Strauss decken. Auch bei der Wiederbelebung des "Woyzeck" von Büchner ist Roller mehr als ein Ausstatter, nämlich Dramaturg. Dass er, der zu den wichtigsten Künstlern der Wiener Secession gezählt hatte, keine Kulissen, sondern einen "Bedeutungsraum", besser noch einen "mitschwingenden Luftraum" für Wort und Gebärde von Dichter und Darsteller schaffen wollte, hat er selbst formuliert. Und dass Roller und Hofmannsthal sich brieflich über den Künstler Léon Bakst austauschen, verrät, wie stark der Impuls der russischen Bewegung "Welt der Kunst" um den Impresario Sergej Djagilew für die Aufwertung der Ausstattung gewesen sein muss.
Roller selbst sah sich bescheiden als "Theaterarbeiter". Sein Regiebuch zum "Rosenkavalier" mit den Bühnenbildentwürfen und den Kostümfigurinen trägt aber tatsächlich Werkcharakter und war für die meisten Aufführungen der Oper bis in die Mitte der Siebzigerjahre verbindlich. Es ist nicht ohne Ironie, dass Roller seine wissenschaftliche Würdigung durch diese Edition in einer Zeit erfährt, da das Regietheater mit seinen Aktualisierungsnötigungen Rollers historisierender Poesie nur noch selten etwas abgewinnen kann.
JAN BRACHMANN
Hugo von Hofmannsthal, Alfred Roller und Richard Strauss: "Mit dir keine Oper zu lang ... ". Briefwechsel.
Hrsg. von Christiane Mühlegger-Henhapel und Ursula Renner. Benevento Verlag, München/Salzburg 2021. 464 S., Abb., geb., 58,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Eine große Lücke in der Aufarbeitung eines der wichtigsten Kapitel der Geschichte der Oper ist damit geschlossen, den Leser erwartet eine hochspannende Lektüre." _opernlounge.de
"Der Briefwechsel zwischen Hugo von Hofmannsthal, Richard Straussund Alfred Roller in einer exzellenten Edition." _FAZ
"Ein wunderbares Werk nicht nur für Opernfreunde, sondern auch für alle, die sich für die deutsch - österreichische Kulturgeschichte im frühen 20. Jahrhundert interessieren." _Zur Zeit
"News - Wert hat der Sammelband vor allem, weil aus dem Dreamteam" neben den vielfach behandelten Strauss und Hofmannsthal der Bühnenkünstler Roller in den Fokus rückt." _Kronen Zeitung
"Ein Muss nicht nur für spezielle Verehrer der Briefschreiber, es ist ein wichtiger Beitrag zur Kulturgeschichte jener Zeit" _Klassik begeistert
"Zu einer unverzichtbaren Lektüre für Kenner und Opernlaien wird die prachtvoll gestaltete und mit schönen Illustrationen versehene Edition vor allem auch dank sehr übersichtlich gestalteter Kommentare, Hinweise und Fußnoten." _dasorchester.de
"Allein schon von der Haptik her ist dieser Band prächtig (...). Und dann diese Korrespondenz, die nicht nur Theatergeschichte, sondern überdies aufs schönste und klügste die deutsch-österreichische Kulturgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts spiegelt!'' _F.F. dabei
"Der Briefwechsel zwischen Hugo von Hofmannsthal, Richard Straussund Alfred Roller in einer exzellenten Edition." _FAZ
"Ein wunderbares Werk nicht nur für Opernfreunde, sondern auch für alle, die sich für die deutsch - österreichische Kulturgeschichte im frühen 20. Jahrhundert interessieren." _Zur Zeit
"News - Wert hat der Sammelband vor allem, weil aus dem Dreamteam" neben den vielfach behandelten Strauss und Hofmannsthal der Bühnenkünstler Roller in den Fokus rückt." _Kronen Zeitung
"Ein Muss nicht nur für spezielle Verehrer der Briefschreiber, es ist ein wichtiger Beitrag zur Kulturgeschichte jener Zeit" _Klassik begeistert
"Zu einer unverzichtbaren Lektüre für Kenner und Opernlaien wird die prachtvoll gestaltete und mit schönen Illustrationen versehene Edition vor allem auch dank sehr übersichtlich gestalteter Kommentare, Hinweise und Fußnoten." _dasorchester.de
"Allein schon von der Haptik her ist dieser Band prächtig (...). Und dann diese Korrespondenz, die nicht nur Theatergeschichte, sondern überdies aufs schönste und klügste die deutsch-österreichische Kulturgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts spiegelt!'' _F.F. dabei