Ein Blick in die jugendpädagogische und sozialwissenschaftliche Lite ratur dieses Jahrhunderts zeigt, daß es einen "bunten Strauß" von Ge sellungsformen und Gleichaltrigenkulturen von Jungen und Mädchen ge geben hat und weiterhin gibt. Sie reichen von engen Freundschaftsbezie hungen, überschaubaren Cliquen und Kulturen bis hin zu sogenannten "Gangs" oder breiten Jugendbewegungen; deren Strukturen und Merkmale können als eher formell oder informell charakterisiert werden. Die Ursachen für die historisch sich immer wieder neu herausbildenden Gruppierungs und Gesellungsfonnen sind in den jeweiligen zeitbezogenen Lebens verhältnissen und Bedingungen des Aufwachsens begründet und motiviert. Sie entstehen in lebensweltlichen Zusammenhängen, reflektieren die All tagserfahrungen von Jungen und Mädchen und geben in ihren vielfältigen Formen deren Lebensgefühl und Befindlichkeiten einen spezifischen Aus druck. Von Bedeutung ist deren vorübergehende oder auch langjährige prä gende Kraft im Prozeß des Erwachsenwerdens, in der Entwicklung von Ge schlechtsidentität, in der Bewältigung und Aneignung von Realität. In der neueren Literatur sind Gesellungsformen wiederholt als stilbildende, krea tive Jugendkulturen, -bewegungen vorgestellt und vor allem in ihrer selbstorganisierten Produktivität gewürdigt worden. Die derzeitigen gesell schaftlichen Beschleunigungen und sich verändernden Lebensbedingungen haben den Prozessen des Erwachsenwerdens-und dem Generationenver hältnis aber eine neue kulturelle und geschlechtsspezifische Dynamik ver liehen. Dies hat Folgen für die Mentalitäten, für alltagskulturelle Verhal tensweisen und Lebensentwürfe von Jungen und Mädchen wie auch für die Entwicklung von Gesellschaft und Kultur. Dieser Zusammenhang ist bisher in seiner Bedeutung und Tragweite kaum reflektiert und mit seinen Wir kungen begriffen worden.