Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Auf "ein merkwürdiges, halbemanzipiertes Völkchen" stößt Andreas Fanizadeh in Arnon Grünbergs Figurenensemble aus dem akademischen Mittelbau, dem es gesellschaftlich an nichts mangelt, das aber über fehlende Lebensintensität klagt. "Seeeehr reflektiert" seien diese Protagonisten, beobachtet der Rezensent, sie nehmen transatlantische Reisen zu Holocaust-Konferenzen auf sich oder lesen und schreiben Studien über Diktaturen und Völkermord, nur zwischenmenschliche Defizite seien festzustellen. Zuweilen fühlt sich Fanizadeh von diesen "ineinander verschachtelten Liebes- und Leidensbeziehungen" an Robert Altmans Ensemblefilm-Klassiker "Short Cuts" erinnert. Mit diesem scheint das Buch das Ziel eines "Sittenbilds bestimmter Schichten in den Metropolen" zu teilen, doch sieht der Rezensent den Bogen in dieser Gemengelage aus Vergewaltigungen, sexuellen Identitätsproblemen, Liebesbeziehungen unter dem Eindruck der neuen Medienwelt und akademischen Genocide Studies deutlich überspannt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH