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Was wäre Hegel, der große Geist-Erfahrer, heute? Hegel, der sich mit seinem Denken gegen den Strom seiner Zeit gestellt hat, wäre heute, so Frieder Lauxmann, auf dem Daten-Highway der große Geisterfahrer. Aber: "Er würde den kleingeistigen Gegenverkehr sicher überwinden, er könnte abheben." In bewährtem kreativen Plauderton demonstriert Lauxmann, wie wir selber "abheben" können, indem wir geistige Zusammenhänge in Geschichte und Zeitgeschehen, Wirtschaft, Kultur und Alltag entdecken und eine eigene persönliche Orientierung "gegen den Strom" gewinnen. In dieser praktischen Philosophie kann sich…mehr

Produktbeschreibung
Was wäre Hegel, der große Geist-Erfahrer, heute? Hegel, der sich mit seinem Denken gegen den Strom seiner Zeit gestellt hat, wäre heute, so Frieder Lauxmann, auf dem Daten-Highway der große Geisterfahrer. Aber: "Er würde den kleingeistigen Gegenverkehr sicher überwinden, er könnte abheben." In bewährtem kreativen Plauderton demonstriert Lauxmann, wie wir selber "abheben" können, indem wir geistige Zusammenhänge in Geschichte und Zeitgeschehen, Wirtschaft, Kultur und Alltag entdecken und eine eigene persönliche Orientierung "gegen den Strom" gewinnen. In dieser praktischen Philosophie kann sich jeder vergegenwärtigen, welche Wegweiser Hegel & Co., auch aus ihrer Versenkung heraus, durch die heutige Welt sein können.

Autorenporträt
Dr. jur. Frieder Lauxmann, geboren 1933, ist Autor zahlreicher Publikationen, die sich mit dem Thema Denken im weitesten Sinne beschäftigen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.07.1996

Die Phänomenologie der Geisterfahrt
Frieder Lauxmann will mit Hegel die Datenautobahn unsicher machen

Da stehen wir in der Moderne, haben ein "Mega-Gehirn" entwickelt, aber verfügen nur mehr über eine "Mikro-Seele" und suchen deshalb nach geistiger Orientierung: Sekten predigen uns die Rückkehr zum Glauben, Schauspielerinnen die Zuflucht in die Seelenwanderung, Computerspezialisten den Fortschritt ins Internet. Und dann gibt es natürlich noch die Prediger einer Renaissance der Tugenden. In diese drollige Gesellschaft reiht sich Frieder Lauxmann ein, der vor zwei Jahren mit seinem populärwissenschaftlichen Buch "Der philosophische Garten" beachtliche Aufmerksamkeit erregte. Der Nachfolgeband trägt den leicht reißerischen Titel "Mit Hegel auf der Datenautobahn" und hat sich zum Ziel gesetzt, "Freude an geistigen Zusammenhängen" zu vermitteln.

Die Betonung des menschlichen Geistes als bewegendes Element des Lebens erklärt Hegels Patenschaft für das Buch, wobei sich die Rezeption seines philosophischen Systems weitgehend auf die "Phänomenologie des Geistes" beschränkt und ansonsten eine Werkauswahl als Quellentext herhalten muß. Eine irgendwie konsequente Übertragung des Hegelschen Geistbegriffs beispielsweise auf künstliche Intelligenz, die von einem solchen Buch zu erwarten gewesen wäre, gibt es nicht. Denn im Gegensatz zu Hegel ist Lauxmann nicht modern. Wer den Neuerungen seiner Zeit derart voreingenommen gegenübersteht, kann sie in ihrer Bedeutung - auch im Negativen - nicht richtig würdigen. "Da stimmt doch etwas nicht mehr", lautet das Leitmotiv des Buches, doch daß ein Mißklang oft allein aus dem traditionellen Musikverständnis des Hörers entsteht, bleibt dabei unberücksichtigt.

Der hat gut auf die "weltweite Monokultur" der Popmusik ("musikähnliche Elektronikgeräusche") schimpfen, dem ausschließlich Haydn, Mozart und Beethoven musikalische Genies sind. Frieder Lauxmann schreibt im Geist des konservativen Abonnementspublikums in den Konzertsälen, das jedes Eindringen der Moderne mit Liebesentzug bestraft. Auf leeren Stühlen läßt sich nichts lernen, dafür soll der freie Platz dem Veranstalter eine Lehre erteilen.

Das Manko von Lauxmanns Plädoyer für mehr Geist ist deshalb sein Mangel an Neugier. Wer nie Jean Paul gelesen hat, kann leicht behaupten, über Humor lasse sich nicht lustig schreiben. Wer nur nach rückwärts schielt, der kann mit Fug und Recht das Fehlen jeglicher Vision im eigenen Text als Stärke feiern. Der soll aber auch nicht Hegel zum Paten wählen, der wie kaum ein Denker bereit war, das Hergekommene zu verabschieden - für seine Vision der Vervollkommnung des Geistes im Absoluten.

Gewiß gibt es auch anregende Passagen in Lauxmanns Buch. So entwickelt er ein Kreismodell vom Übergang des Chaos durch die Ordnung in abermaliges Chaos. Allerdings wäre die Erörterung noch erfreulicher gewesen, hätte sie auf den Urheber dieses Gedankens verwiesen: Goethes Aufsatz "Geistesepochen" aus dem Jahre 1817. Aber dann hätte Lauxmann wohl von seiner naiven und ganz unhegelianischen Kreisbetrachtung Abstand nehmen müssen. Goethe entwickelte einen an Geburt und Tod geschulten Chaosbegriff, Lauxmann erschöpft sich in der Wiederkehr des Immergleichen.

Und allzu häufig werden vollmundige Ankündigungen nicht eingelöst. So soll die Lektüre der "Antigone" des Sophokles uns "einiges über die Psyche der Frauen" erzählen. Als Ergebnis bleibt schließlich: "Der Kampf der Frauen sieht meist anders aus als der der Männer. Es mag sein, daß bei den Griechen das archaische Bild der Frau, die das Feuer hüten muß, solange der Mann auf der Jagd ist, Denken und Handeln geprägt hat."

Die "AGNAs", die "akademisch gebildeten Neo-Analphabeten", als die der Autor die junge Generation identifiziert, werden durch solche Bücher sicher nicht zum Lesen verführt. Das aber sollte das vorrangige Ziel eines Kulturpessimisten sein. Wer einen Moralapostel auf hohem Niveau lesen will, der genau dies über Jahre hinweg in einer an der Jugend orientierten Satirezeitschrift geleistet hat, der greife zu einem Buch von Max Goldt. ANDREAS PLATTHAUS

Frieder Lauxmann: "Mit Hegel auf der Datenautobahn". Über die Freude an geistigen Zusammenhängen. Nymphenburger Verlagshandlung, München 1996. 304 S., Abb., geb., 29,90 DM.

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