Eine bissige Satire auf die moderne Unternehmenskultur
Man nennt ihn den Killer. Seine Waffen sind Briefe - Kündigungsschreiben. Honigsüß und rhetorisch brillant vermitteln sie dem Adressaten, dass seine Entlassung nur zu seinem Besten geschehe. Der Killer ist der neue Stern am Firmenhimmel. Mit seiner Karriere geht es steil bergauf, bis er eines Tages unerwartet zum Ersatzvater der Kinder eines Kündigungsopfers wird. In seinem Privatleben bricht fröhliche Anarchie aus, die zunehmend zum einzigen Gegengewicht der immer aberwitzigeren Entwicklungen an seinem Arbeitsplatz wird. Der Schreibtischmörder entdeckt: Es gibt auch ein Leben außerhalb der Firma ...
Man nennt ihn den Killer. Seine Waffen sind Briefe - Kündigungsschreiben. Honigsüß und rhetorisch brillant vermitteln sie dem Adressaten, dass seine Entlassung nur zu seinem Besten geschehe. Der Killer ist der neue Stern am Firmenhimmel. Mit seiner Karriere geht es steil bergauf, bis er eines Tages unerwartet zum Ersatzvater der Kinder eines Kündigungsopfers wird. In seinem Privatleben bricht fröhliche Anarchie aus, die zunehmend zum einzigen Gegengewicht der immer aberwitzigeren Entwicklungen an seinem Arbeitsplatz wird. Der Schreibtischmörder entdeckt: Es gibt auch ein Leben außerhalb der Firma ...
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.11.2010Raus ohne Schmiss
"Ein Brief an Sie ist ein bisschen wie ein Brief an mich selbst." Das ist als Anfang eines Kündigungsschreibens natürlich ausgewählt empathisch. Muss es auch sein, schließlich ist genau das der Job des Protagonisten in Andrea Bajanis Roman "Mit herzlichen Grüßen" - er formuliert Entlassungsdokumente. Und wenn dieser Mann in Aktion tritt, werden die Härtefälle abserviert: alterslahme Senioren, eine Frau, die seit einem Unfall im Rollstuhl sitzt. Damit wird schnell klar, was Bajani vorschwebt: Kapitalismusschelte. Das ist ein legitimes Ziel, aber warum muss man den Rausschmeißer derart plakativ anlegen? "Seit ich mit dem Schreiben von Kündigungen angefangen habe, nennen sie mich Killer." Wer einen solchen Spitznamen trägt, der muss schon ein Schwein sein, eine Figur, die eben nur in einem echten Schweinesystem heranwachsen kann. Deshalb ist die Rhetorik des Humankapitalentsorgers drastisch; an die Rollstuhldame ergeht Folgendes: "Seien Sie so frei und laufen Sie Ihrem Traum entgegen mit Wirkung vom 31. d. M." Derartige Späße sollen den systembedingten Zynismus verdeutlichen, blieben aber selbst dann noch platte Kalauer, wenn sie weniger erwartbar wären. Und dann ist da noch die Nebenhandlung: Der Killer hütet die Kinder seines Vorgängers. Der wurde nicht nur gefeuert, sondern stirbt nach kurzem Siechtum auch noch an Leberzirrhose. Und weil das alles so rührend ist, drängt die Menschlichkeit aus dem Killer, den die Kinder übrigens "Grünlurch" nennen, nur so heraus. Er ersinnt einen Plan zum Rächen des Abgebauten im Besonderen und zur Bloßstellung des Systems im Allgemeinen. So reiht sich Bajani in die Schlange derer ein, denen die Kapitalismuskritik ins Holzschnitthafte umschlägt. Zusammenhänge bleiben unerklärt, Zwangslagen unausgeleuchtet. Das Buch kündigt: den auf Interesse basierenden Vertrag mit dem Leser. (Andrea Bajani: "Mit herzlichen Grüßen". Roman. Aus dem Italienischen von Pieke Biermann. dtv premium, München 2010. 140 S., 12,90 [Euro].) azza
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Ein Brief an Sie ist ein bisschen wie ein Brief an mich selbst." Das ist als Anfang eines Kündigungsschreibens natürlich ausgewählt empathisch. Muss es auch sein, schließlich ist genau das der Job des Protagonisten in Andrea Bajanis Roman "Mit herzlichen Grüßen" - er formuliert Entlassungsdokumente. Und wenn dieser Mann in Aktion tritt, werden die Härtefälle abserviert: alterslahme Senioren, eine Frau, die seit einem Unfall im Rollstuhl sitzt. Damit wird schnell klar, was Bajani vorschwebt: Kapitalismusschelte. Das ist ein legitimes Ziel, aber warum muss man den Rausschmeißer derart plakativ anlegen? "Seit ich mit dem Schreiben von Kündigungen angefangen habe, nennen sie mich Killer." Wer einen solchen Spitznamen trägt, der muss schon ein Schwein sein, eine Figur, die eben nur in einem echten Schweinesystem heranwachsen kann. Deshalb ist die Rhetorik des Humankapitalentsorgers drastisch; an die Rollstuhldame ergeht Folgendes: "Seien Sie so frei und laufen Sie Ihrem Traum entgegen mit Wirkung vom 31. d. M." Derartige Späße sollen den systembedingten Zynismus verdeutlichen, blieben aber selbst dann noch platte Kalauer, wenn sie weniger erwartbar wären. Und dann ist da noch die Nebenhandlung: Der Killer hütet die Kinder seines Vorgängers. Der wurde nicht nur gefeuert, sondern stirbt nach kurzem Siechtum auch noch an Leberzirrhose. Und weil das alles so rührend ist, drängt die Menschlichkeit aus dem Killer, den die Kinder übrigens "Grünlurch" nennen, nur so heraus. Er ersinnt einen Plan zum Rächen des Abgebauten im Besonderen und zur Bloßstellung des Systems im Allgemeinen. So reiht sich Bajani in die Schlange derer ein, denen die Kapitalismuskritik ins Holzschnitthafte umschlägt. Zusammenhänge bleiben unerklärt, Zwangslagen unausgeleuchtet. Das Buch kündigt: den auf Interesse basierenden Vertrag mit dem Leser. (Andrea Bajani: "Mit herzlichen Grüßen". Roman. Aus dem Italienischen von Pieke Biermann. dtv premium, München 2010. 140 S., 12,90 [Euro].) azza
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Die Pfeile des Romans treffen ins Schwarze: in die emotionalen Abgründe des Arbeitslebens.« -- Stuttgarter Zeitung 09.07.2010
»Der preisgekrönte italienische Autor Andrea Bajani schreibt zynisch, packend und lässt den Leser nachdenklich zurück. Fazit: Wie "Up in the Air", nur fieser!« -- Wildwechsel Magazin 01.09.2010
»Bajanis wortgewandter Rausschmeißer sieht auch die Kehrseite seiner Arbeit. Und wo der Hollywood-Beau mit elegantem Spiel bloß unterhält, da kritisiert Bajani mit spitzer Feder, doch mindestens ebenso amüsant die zynische Arbeitswelt mit ihren lächerlichen Worthülsen und menschenverachtenden Abläufen.« -- Financial Times Deutschland 06.10.2010
»"Mit herzlichen Grüßen" ist eine bittersüße, weder pathetische noch sozialkritische, aber nachdenklich stimmende Abrechnung mit der Arbeitswelt von heute - und nicht nur der italienischen.« -- Felice Balletta, Nürnberger Zeitung 04.12.2010
»Ohne ein Wort zu viel, in einem federleichten, melancholischen Ton hat Andrea Bajani das Buch zur Krise geschrieben. Seither gilt er in Italien als Mitbegründer einer neuen Arbeitsliteratur - der selbst lieber frei statt angestellt arbeitet.« -- Prinz 01.07.2010
»Bajanis Roman ›Mit herzlichen Grüßen‹ ist ein amüsanter literarischer Mischling aus Günther Wallraff und Franz Kafka mit einer Portion commedia del'arte.« -- Ursula März, Deutschlandradio 25.01.2011
»Im Gesamten ein erschreckender, ernüchternder, aufwühlender Blick auf die Berufsrealität unserer Zeit, sprachlich in bester Form als Roman dargereicht mit einem Protagonisten, der so anders daher kommt, dass man nur fasziniert seinen Weg mit verfolgen kann.« -- Michael Lehmann-Papa, www.buchtips.net 11. Juli 2010
»Der preisgekrönte italienische Autor Andrea Bajani schreibt zynisch, packend und lässt den Leser nachdenklich zurück. Fazit: Wie "Up in the Air", nur fieser!« -- Wildwechsel Magazin 01.09.2010
»Bajanis wortgewandter Rausschmeißer sieht auch die Kehrseite seiner Arbeit. Und wo der Hollywood-Beau mit elegantem Spiel bloß unterhält, da kritisiert Bajani mit spitzer Feder, doch mindestens ebenso amüsant die zynische Arbeitswelt mit ihren lächerlichen Worthülsen und menschenverachtenden Abläufen.« -- Financial Times Deutschland 06.10.2010
»"Mit herzlichen Grüßen" ist eine bittersüße, weder pathetische noch sozialkritische, aber nachdenklich stimmende Abrechnung mit der Arbeitswelt von heute - und nicht nur der italienischen.« -- Felice Balletta, Nürnberger Zeitung 04.12.2010
»Ohne ein Wort zu viel, in einem federleichten, melancholischen Ton hat Andrea Bajani das Buch zur Krise geschrieben. Seither gilt er in Italien als Mitbegründer einer neuen Arbeitsliteratur - der selbst lieber frei statt angestellt arbeitet.« -- Prinz 01.07.2010
»Bajanis Roman ›Mit herzlichen Grüßen‹ ist ein amüsanter literarischer Mischling aus Günther Wallraff und Franz Kafka mit einer Portion commedia del'arte.« -- Ursula März, Deutschlandradio 25.01.2011
»Im Gesamten ein erschreckender, ernüchternder, aufwühlender Blick auf die Berufsrealität unserer Zeit, sprachlich in bester Form als Roman dargereicht mit einem Protagonisten, der so anders daher kommt, dass man nur fasziniert seinen Weg mit verfolgen kann.« -- Michael Lehmann-Papa, www.buchtips.net 11. Juli 2010
"Bajanis Roman "Mit herzlichen Grüßen" ist ein amüsanter literarischer Mischling aus Günter Wallraff und Franz Kafka mit einer Portion commedia del'arte."
Ursula März, Deutschlandradio 25.01.2011
Ursula März, Deutschlandradio 25.01.2011