Hans Werner Richter (1908-1993) hat als Gründer und Organisator der Gruppe 47 das literarische Leben im Nachkriegsdeutschland entscheidend geprägt. Günter Grass, Heinrich Böll, Uwe Johnson, Ingeborg Bachmann, Martin Walser, Marcel Reich- Ranicki, Fritz J. Raddatz - sie alle kamen, wenn Richter rief. Völlig unbekannt war bisher, dass er ein Tagebuch geführt hat. Er selbst hatte dies mehrfach öffentlich bestritten. Dass seine Notizen mit dieser Edition erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können, ist daher eine kleine literarische Sensation.
Zwischen 1966 und 1972 hielt Hans Werner Richter seine Beobachtungen in losen Einträgen schriftlich fest. In diesen Jahren befand er sich als Gastgeber eines hauptsächlich von NDR und SFB ausgestrahlten politisch-literarischen Salons "mittendrin" im Kulturbetrieb und intellektuellen juste milieu der Bundesrepublik. In diese Zeit fällt der Auflösungsprozess der Gruppe 47, über deren Leistungen und Zukunft Richter intensivnachdachte. Die Tagebucheinträge werfen aber auch Schlaglichter auf seine anfängliche Sympathie für die Studentenbewegung, die bald einer immer größeren Distanz wich. Sie dokumentieren die Hoffnungen, die sich mit dem Aufstieg Willy Brandts und dessen Neuer Ostpolitik verknüpften, ebenso wie die latente Sorge vor einem reaktionären Rückschlag. Und sie liefern ein lebendiges Porträt der deutschen Literaturszene, das vor saftigen Urteilen nicht zurückschreckt.
Zwischen 1966 und 1972 hielt Hans Werner Richter seine Beobachtungen in losen Einträgen schriftlich fest. In diesen Jahren befand er sich als Gastgeber eines hauptsächlich von NDR und SFB ausgestrahlten politisch-literarischen Salons "mittendrin" im Kulturbetrieb und intellektuellen juste milieu der Bundesrepublik. In diese Zeit fällt der Auflösungsprozess der Gruppe 47, über deren Leistungen und Zukunft Richter intensivnachdachte. Die Tagebucheinträge werfen aber auch Schlaglichter auf seine anfängliche Sympathie für die Studentenbewegung, die bald einer immer größeren Distanz wich. Sie dokumentieren die Hoffnungen, die sich mit dem Aufstieg Willy Brandts und dessen Neuer Ostpolitik verknüpften, ebenso wie die latente Sorge vor einem reaktionären Rückschlag. Und sie liefern ein lebendiges Porträt der deutschen Literaturszene, das vor saftigen Urteilen nicht zurückschreckt.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Jochen Hieber freut sich, dass die erst kürzlich in der Bibliothek des Politikwissenschaftlers Arnulf Baring wiedergefundenen Tagebücher Hans Werner Richters nun in einer vortrefflichen Edition der Germanisten Dominik Geppert und Nina Schnutz erschienen sind. Der Kritiker liest in den Tagebüchern, die der Gründer der Gruppe 47 in den Jahren 1966 bis 1972 verfasste, zwar wenig Privates, lobt aber umso mehr den unschätzbaren Wert dieser zeitgeschichtlichen Dokumente. Hieber erfährt hier, dass Richter, der dem Ende der Gruppe unglücklich entgegensah, insbesondere Hans Magnus Enzensberger als "Verräter" und "intellektuellen Kopf einer Literatenrevolution" für den Niedergang verantwortlich machte. Während der Kritiker mit Vergnügen auch die teilweise recht derben Charakterisierungen anderer Schriftsteller und Kritiker liest - Martin Walser etwa sei der "stilistisch Beste und politisch Dümmste" und Peter Handke der "Akrobat seines eigenen Ruhms" - erlebt er hier nicht zuletzt auch einen Schriftsteller, der sich traurig nach der Literatur der ersten Nachkriegsjahre sehnte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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