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François Mitterrand zählt zu den schillerndsten französischen Staatsmännern des 20. Jahrhunderts. Seit langem ist bekannt, dass er seine ambivalente Vita bewusst "begradigt" und in einem Dickicht von Geheimnissen verhüllt hat. Zu dieser Inszenierung gehört vor allem seine Selbststilisierung zum fast lebenslangen Verfechter der deutsch-französischen Freundschaft. Ulrich Lappenküper enträtselt die "Sphinx" Mitterrand und bestimmt dabei auch die Grenzen zwischen Dichtung und Wahrheit.
Ulrich Lappenküper, geboren 1959, ist Geschäftsführer der Otto-von-Bismarck-Stiftung in Friedrichsruh und
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Produktbeschreibung
François Mitterrand zählt zu den schillerndsten französischen Staatsmännern des 20. Jahrhunderts. Seit langem ist bekannt, dass er seine ambivalente Vita bewusst "begradigt" und in einem Dickicht von Geheimnissen verhüllt hat. Zu dieser Inszenierung gehört vor allem seine Selbststilisierung zum fast lebenslangen Verfechter der deutsch-französischen Freundschaft. Ulrich Lappenküper enträtselt die "Sphinx" Mitterrand und bestimmt dabei auch die Grenzen zwischen Dichtung und Wahrheit.

Ulrich Lappenküper, geboren 1959, ist Geschäftsführer der Otto-von-Bismarck-Stiftung in Friedrichsruh und Professor für Neuere Geschichte an der Universität der Bundeswehr Hamburg.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Ulrich Lappenküper ist Historiker, Geschäftsführer der Otto-von-Bismarck-Stiftung und Professor an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr Hamburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2011

Echte Sorgen, echte Tränen
Staatspräsident François Mitterrand, Deutschland und Europa

Nachdem die Verhandlungen zum Zwei-plus-vier-Vertrag über die internationalen Aspekte der deutschen Wiedervereinigung am 12. September 1990 abgeschlossen waren, legte der französische Außenminister Roland Dumas seinem Staatspräsidenten François Mitterrand den Entwurf eines Kommuniqués vor, in dem dieser Vertrag als "ein glücklicher Akt für alle Europäer" bezeichnet wurde. Mitterrand strich diesen Satz heraus: So viel falsche Euphorie schien ihm dem Ereignis nicht angemessen.

Nein, François Mitterrand war mit der deutschen Wiedervereinigung nicht glücklich. Er war erleichtert, dass sie mit der Einbindung in europäische und internationale Sicherheitsstrukturen Hand in Hand ging. Aber gewollt hat er sie nicht. Und er hat versucht, sie so lange hinauszuzögern, wie es eben möglich war. Dies gegen nachträgliche Selbststilisierungen und allzu wohlwollende Darstellungen nachzuweisen ist das Hauptverdienst des neuen Buches von Ulrich Lappenküper. Er kann zeigen, dass Mitterrand bei Michail Gorbatschow dafür geworben hat, die deutsche Vereinigung in einen langfristigen KSZE-Prozess einzubinden. Mit Margaret Thatcher wollte er deswegen eng zusammenarbeiten. Und Hans Modrow ermunterte er bei seinem Besuch in Ost-Berlin am 21. Dezember 1989, die DDR könne "ihr politisches Gleichgewicht wiederfinden und dann einen gewichtigen Platz in Europa einnehmen".

Dieses Festklammern am Status quo ist umso erstaunlicher, als Mitterrand, wie Lappenküper im historischen Rückblick zeigt, keineswegs zu den deutschlandpolitischen Hardlinern unter Frankreichs Politikern zählte. Gewiss, er stammte aus einem katholisch-konservativen Milieu, in dem die Sorge vor der Übermacht des "Erbfeindes" zu den elementaren politischen Gewissheiten gehörte. Aber für den Anschluss Österreichs 1938 zeigte er durchaus Verständnis. Von de Gaulles Programm einer staatlichen Aufteilung des besiegten Deutschlands hielt er sich fern. Die Europa-Politik Robert Schumans trug er uneingeschränkt mit, und der Hinwendung der Westdeutschen zur Demokratie zollte er Respekt.

Verständlich werden Mitterrands Bremsversuche erst, wenn man sie im Kontext seiner geostrategischen Analysen seit Beginn der achtziger Jahre sieht. Bereits einige Jahre vor dem Amtsantritt Gorbatschows war er davon überzeugt, dass das sowjetische Imperium das Jahr 2000 nicht mehr erleben werde. Mit dem Zusammenbruch sah er die deutsche Wiedervereinigung in absehbarer Zeit auf Europa zukommen. Zugleich fürchtete er das Aufbrechen aller möglichen Nationalismen, die den europäischen Kontinent nach der Zwangsbefriedung seiner östlichen Hälfte durch die sowjetische Hegemonialmacht in neues Chaos stürzen könnten.

Als nun die Risse im roten Imperium im Laufe des Jahres 1989 immer deutlicher wurden, verdichtete sich diese Sorge zur Furcht vor einem Sturz Gorbatschows durch aggressive Militärs. Gorbatschow hat diese Furcht auch bewusst geschürt: "Helfen Sie mir, die Wiedervereinigung zu verhindern", beschwor er Mitterrand bei der kurzfristig angesetzten Begegnung in Kiew am 6. Dezember 1989. "Sonst werde ich durch einen General abgelöst. Wenn Sie es nicht tun, tragen Sie die Verantwortung für den Krieg." Dass Bundeskanzler Helmut Kohl in dieser Situation sehr beherzt die Möglichkeiten zur Erweiterung des deutschen Handlungsspielraums aufgriff und dabei auch noch jede Festlegung in der Frage der Oder-Neiße-Grenze verweigerte, erschien Mitterrand höchst unverantwortlich.

Leider interessiert sich Lappenküper nur wenig für Mitterrands Motive. Stattdessen werden im Laufe der Darstellung immer wieder abschätzige Urteile zeitgenössischer Mitterrand-Kritiker wiedergegeben - vorwiegend Meinungen deutscher Provenienz, und nicht selten übernimmt Lappenküper auch deren Diktion. Sein Mitterrand "wettert" und "giftet" beständig gegen Kohls Politik, er trifft sich zum "Tête-à-tête" mit dem SPD-Politiker Oskar Lafontaine, und er unternimmt einen "kuriosen Einkreisungsversuch mit den Polen". Auf seinen Sympathiebekundungen für Deutschland liegt "ein dunkler Schatten". Auf diese Weise kommt nicht nur die Legitimität von Mitterrands Besorgnissen zu kurz. Auch sein europapolitisches Engagement wird zu gering veranschlagt. Die Ernsthaftigkeit seiner europäischen Überzeugungen in der IV. Republik wird ohne überzeugenden Beleg in Frage gestellt.

Bei Mitterrands Werben für ein "sozialistisches Europa" in den siebziger Jahren wird ausschließlich das taktische Moment der Einbindung des linken Parteiflügels und der Kommunisten betont; für sein genuines Interesse an europäischer Unabhängigkeit hat Lappenküper keinen Blick. Die Europa-Politik des Staatspräsidenten sieht er zunächst vorwiegend "nationalen Interessen verhaftet", dann ganz auf die "Kontrolle Deutschlands" konzentriert. Bei der Schilderung der Entstehung des Maastricht-Vertrages kommt über die Aufzählung unterschiedlicher Standpunkte der Wille zu deutsch-französischer Gemeinsamkeit kaum in den Blick, und auch das Ergebnis wird kaum gewürdigt. Von diesen Unschärfen in der Einschätzung abgesehen, bietet Lappenküper eine informative Darstellung der deutsch-französischen Beziehungen in der Ära Mitterrand.

Dabei wird unter anderem deutlich, dass Helmut Schmidt nach dem Wahlsieg Mitterrands vom Mai 1981 ungeachtet der vorherigen wechselseitigen Abneigung zu einem stabilen Verhältnis zu dem neuen Präsidenten fand. In erster Linie führte sie die gemeinsame Überzeugung von der Notwendigkeit der Nachrüstung zusammen. Helmut Kohl hat sich in den währungspolitischen Turbulenzen, in die Frankreich von Zeit zu Zeit geriet, durchaus solidarisch gezeigt, und Mitterrand war ihm dafür dankbar. Die Tränen, die Kohl am 11. Januar 1996 in Paris beim Requiem für Mitterrand in die Augen schossen, waren echt.

WILFRIED LOTH

Ulrich Lappenküper: Mitterrand und Deutschland. Die enträtselte Sphinx. Oldenbourg Verlag, München 2011. 385 S., 49,80 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Als Herausforderung bezeichnet Johannes Willms eine Bewertung Mitterrands als widersprüchlichsten, mysteriösesten Politiker der Nachkriegszeit. Dass der Historiker Ulrich Lappenküper sich ihr mit diesem Buch stellt, scheint Willms Respekt einzuflößen. Sinnvoll erscheint ihm Lappenküpers Darstellung von Mitterrands Herkunft als Urgrund seiner politischen Überzeugungen vor allem im Hinblick auf die deutsch-französischen Beziehungen, denen sich der Autor hier in erster Linie widmet, sowie auf Mitterands Begriff der deutschen Einheit als eine Art Kriegserklärung. Besonders schätzt der Rezensent die minutiöse Nachzeichnung des seismografischen Gespürs und der Reaktionen des Staatsmannes bezüglich der Veränderungen im Verhältnis der Bundesrepublik zur DDR und zur Sowjetunion.

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