Jahrtausendealte Hexenreligion? Systematisch ausgerottetes Heilwissen? Hartnäckige Ammenmärchen - oder doch etwas Wahres daran?Der Begriff der Hexe im europäischen Kontext hat sich jedenfalls massiv gewandelt.Die Geschichte und die Geschichten der Modernen Hexen, mögen sie auch von Unstimmigkeiten und Widersprüchen durchzogen sein, sind verknüpft mit der Wahrnehmung des Fremden und Anderen in Vergangenheit und Gegenwart und mit Fragestellungen, die von der Wissenschaft niemals eindeutig beantwortbar sind: im Kern ist es die Frage nach der Existenz von Seele. Das Moderne Hexentum spiegelt einerseits das ganze Spektrum heidnischer Esoterik wider, reicht aber andererseits bis zu ernstzunehmender Identifikation mit neuen Kult(ur)schöpfungen und deren Ritualen.Auch wenn Modernes Hexentum und Wicca zahlenmäßig relativ kleine Phänomene darstellen mögen, so dringen doch ihre Ideen an ein deutlich breiteres Publikum, das davon manches aufgreift, ohne sich dieser Einflüsse allzu bewusst zu sein.In diesem Buch hat Birgit Neger unbekanntes Material zusammengetragen und die am besten recherchierten Lebensgeschichten Moderner Hexen der Gegenwart zu einer spannenden Lektüre aufbereitet. Durch teilnehmende Beobachtung im "Herzen des Geschehens" und ausführliche Interviews ermöglicht die Autorin den Lesern tiefe Einblicke in die verborgenen Lebenswelten einer schwer zugänglichen Szene.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.09.2009Hexenwelten
In Zeiten des Fantasy-Booms um Harry Potter & Co. ist es konsequent, dass sich Ethnologie und Volkskunde wieder für Hexen, Magie und Zauberer interessieren. Das Buch der österreichischen Historikerin Birgit Neger über "Moderne Hexen und Wicca" bietet einen klar strukturierten und kenntnisreichen Überblick zum Thema. Auf knappem Raum rekapituliert die Autorin die Geschichte der magisch-heidnischen Bewegungen. Die auf altem Volkswissen basierende Hexentradition, welche sich nach den Verfolgungswellen des Mittelalters in einen mündlich überlieferten Geheimkult verwandelte, wird dabei überzeugend von der neopaganen Strömung des heute mit ihr vermengten Wicca-Kults abgegrenzt. Tatsächlich wurde diese straff organisierte Glaubensgemeinschaft erst um 1950 durch den britischen Hobbyokkultisten Gerald Gardner (1884 bis 1964) populär gemacht. Anhand der verfügbaren schriftlichen Quellen werden Gründungsdokumente, konfessionelle Varianten und Organisationsform der Wicca-Religion vorgestellt und als Amalgam von historischen Wahrheiten und mythischen Verklärungen ausgewiesen. Mehr über die Gründe für die Hinwendung zum Hexentum erfährt man in den abgedruckten Interviews, in denen zahlreiche moderne Hexen sich in biographischer Selbstanalyse versuchen. Die Kernaussagen wiederholen sich dabei recht schnell und fließen tendenziell in einem schwammigen Pop-Pantheismus zusammen. Insgesamt hätte dem Buch eine deutliche Straffung gutgetan. Und ungelöst bleibt letztlich nach der Lektüre das Rätsel, warum einige tausend Menschen sich in sogenannten magischen Wicca-Covens initiieren lassen, welche Rolle der Feminismus dabei spielt und wo die Chancen und Gefahren dieser "magischen Lebenswelt von heute" liegen. (Birgit Neger: "Moderne Hexen und Wicca". Aufzeichnungen über eine magische Lebenswelt von heute. Böhlau Verlag, Köln 2009. 208 S., br., 24,90 [Euro].) hege
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In Zeiten des Fantasy-Booms um Harry Potter & Co. ist es konsequent, dass sich Ethnologie und Volkskunde wieder für Hexen, Magie und Zauberer interessieren. Das Buch der österreichischen Historikerin Birgit Neger über "Moderne Hexen und Wicca" bietet einen klar strukturierten und kenntnisreichen Überblick zum Thema. Auf knappem Raum rekapituliert die Autorin die Geschichte der magisch-heidnischen Bewegungen. Die auf altem Volkswissen basierende Hexentradition, welche sich nach den Verfolgungswellen des Mittelalters in einen mündlich überlieferten Geheimkult verwandelte, wird dabei überzeugend von der neopaganen Strömung des heute mit ihr vermengten Wicca-Kults abgegrenzt. Tatsächlich wurde diese straff organisierte Glaubensgemeinschaft erst um 1950 durch den britischen Hobbyokkultisten Gerald Gardner (1884 bis 1964) populär gemacht. Anhand der verfügbaren schriftlichen Quellen werden Gründungsdokumente, konfessionelle Varianten und Organisationsform der Wicca-Religion vorgestellt und als Amalgam von historischen Wahrheiten und mythischen Verklärungen ausgewiesen. Mehr über die Gründe für die Hinwendung zum Hexentum erfährt man in den abgedruckten Interviews, in denen zahlreiche moderne Hexen sich in biographischer Selbstanalyse versuchen. Die Kernaussagen wiederholen sich dabei recht schnell und fließen tendenziell in einem schwammigen Pop-Pantheismus zusammen. Insgesamt hätte dem Buch eine deutliche Straffung gutgetan. Und ungelöst bleibt letztlich nach der Lektüre das Rätsel, warum einige tausend Menschen sich in sogenannten magischen Wicca-Covens initiieren lassen, welche Rolle der Feminismus dabei spielt und wo die Chancen und Gefahren dieser "magischen Lebenswelt von heute" liegen. (Birgit Neger: "Moderne Hexen und Wicca". Aufzeichnungen über eine magische Lebenswelt von heute. Böhlau Verlag, Köln 2009. 208 S., br., 24,90 [Euro].) hege
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main