113 Jahre Poesie: Diese Anthologie spiegelt das poetische Schaffen in der Schweiz im zwanzigsten Jahrhundert und bis heute. Die poetische Moderne beginnt in der Schweiz um 1900 mit einer Frau, die noch immer fast unbekannt ist, Constance Schwartzlin-Berberat, und sie beginnt mit Blaise Cendrars, Robert Walser und Adolf Wölfli. In einer ungezwungenen Chronologie folgt die Anthologie dem Lauf der Zeit. Sie ist so komponiert, dass unter den Gedichten Schwingungen und Resonanzräume entstehen, ein poetisches Gespräch, nicht als Zeitdiagnose, sondern eine Art Tiefenstrom der Geschichte. So sprechen Emmy Ball-Hennings mit Annemarie Schwarzenbach, Paul Klee mit Sonja Sekula, Hermann Hesse und Jörg Steiner mit Louis Soutter oder Erika Burkart mit Luisa Famos und Anne Perrier. Poesie wird hier erstmals in ihrer ganzen Breite präsentiert, lyrische Prosa ist ebenso berücksichtigt wie Wort-Bild-Arbeiten, Mundartgedichte oder Songtexte von Mani Matter über Endo Anaconda bis Sophie Hunger. Neben den Landessprachen sind die von Aus- und Eingewanderten vertreten, alle fremdsprachigen Texte sind in deutscher Übertragung wie im Original wiedergegeben, gegen sechshundert Werke von rund zweihundertfünfzig Autorinnen und Autoren in ihrer ganzen reichhaltigen und überraschenden Vielfalt erhalten hier eine 'kleine Poesie-Herberge'.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Roger Perrets Gedichte-Anthologie "Moderne Poesie in der Schweiz" ist eine editorische Großtat, jubelt Peter Hamm, endlich werden hier nicht mehr die ewig gleichen alten Herren versammelt. Stattdessen wird ein neues, vielstimmiges und -sprachiges Bild gemalt, das die Vorstellung einer Schweizer Nationalliteratur verwirft und die "Poesie als Spiegel der hereinbrechenden Ränder" offenbart, erklärt der Rezensent und meint damit Ränder aller Arten: sprachliche Ränder, formelle, genreeinhegende Ränder, gesellschaftliche und politische. Bemerkenswert erscheint Hamm, dass ihm "im Heer der vielen toten Dichter" eine erstaunlich große Zahl von Selbstmördern begegnet. Für ihn rückt die Bewertung einzelner Stücke in den Hintergrund, diese Anthologie funktioniert als Ganzes.
© Perlentaucher Medien GmbH
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