Im November 1942 kommt es gleich auf mehreren Kriegsschauplätzen zur Entscheidung: in der Schlacht von El Alamein, Ägypten; auf der Pazifikinsel Guadalcanal; in Stalingrad. Geschehnisse, die die Wende des Zweiten Weltkriegs herbeiführen und die Peter Englund so weltumspannend wie dicht und nah am Menschen erzählt, ganz aus der Sicht derjenigen, die diesen Krieg erlebt haben: darunter ein deutscher U-Boot-Kommandant im Nordatlantik, ein zwölfjähriges Mädchen in Schanghai, ein sowjetischer Infanterist in Stalingrad, ein Partisan in den belarussischen Wäldern, eine Journalistin in Berlin, eine Hausfrau auf Long Island. Dazu kommen bekannte Figuren wie Sophie Scholl, Ernst Jünger oder Albert Camus, leichthändig verwoben in die große Erzählung. So verfolgen wir, spannend wie in einem Roman, die Wende des Krieges - und erleben, was all diese Menschen antreibt, spüren ihre Ängste und Hoffnungen, Heldenmut und Verzweiflung.
Ein episches Geschichtswerk, das von der Wüste Nordafrikas bis in die tödliche Kälte Russlands führt, von fernen Inseln im Westpazifik bis in die deutsche Hauptstadt. Und zugleich ein grandioses Stück «Anti-Geschichte», das in Einzelschicksalen die existenzielle Dimension des Krieges erfahrbar macht.
Ein episches Geschichtswerk, das von der Wüste Nordafrikas bis in die tödliche Kälte Russlands führt, von fernen Inseln im Westpazifik bis in die deutsche Hauptstadt. Und zugleich ein grandioses Stück «Anti-Geschichte», das in Einzelschicksalen die existenzielle Dimension des Krieges erfahrbar macht.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Cord Aschenbrenner ist vollends überzeugt von Peter Englunds Momentaufnahmen über einen Zeitraum des Zweiten Weltkriegs, in dem noch nichts entschieden und alles möglich ist. Vierzig sich zum Teil stark unterscheidende Leben porträtiert der Autor, erfahren wir, von der amerikanischen Hausfrau bis zum KZ-Häftling. Aschenbrenner ist beeindruckt davon, dass Englund eben nicht versucht, das große Ganze darzustellen, sondern durch individuelle Perspektiven vermag, feinsinnig und menschlich zu vermitteln, was Krieg bedeutet.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.12.2022Der Krieg
in den Köpfen
Ein Monat im Jahr 1942:
Peter Englunds bewegendes
Panorama über den Schrecken
Vierzig Menschen in Europa, Asien, Nordafrika und Nordamerika. Ein Monat im Zweiten Weltkrieg, der November 1942. Und die Erlebnisse, Gefühle, Gedanken dieser 40 Männer und Frauen, die einander nicht kennen, deren Leben in diesen vier Wochen aber mal mehr, mal weniger vom Krieg betroffen ist, so wie bei der Mehrheit der Menschheit am Ende des Jahres 1942. Das ist die Ausgangslage oder auch die Versuchsanordnung von „Momentum“. Der Historiker Peter Englund, einst Kriegsberichterstatter, später Ständiger Sekretär der Schwedischen Akademie, wirft einen genauen Blick auf den Menschen im vierten Kriegsjahr – zu einer Zeit, als die Achsenmächte Deutschland und Japan noch längst nicht geschlagen waren. Sein Buch soll, wie er schreibt, „etwas darüber sagen, wie der Krieg war“.
Englund war einer der ersten Autoren, der 2008 einen historischen Zeitabschnitt aus der Perspektive vieler meist unbekannter Protagonisten zeichnete, indem er deren Briefe und Aufzeichnungen zu einem umfassenden Panorama montierte – es ging um den Ersten Weltkrieg, das Buch heißt „Schönheit und Schrecken“ (Rowohlt, 2011). In seinem neuen Werk geht Englund wieder so vor, dabei entsteht eine so beklemmende wie fesselnde Schilderung des Krieges in seiner unterschiedlichen (und zutiefst ungerechten) Ausprägung – für die Hausfrau Dorothy Robinson auf Long Island brachte er nur eine Art Unbehagen angesichts der Verdunkelung und des Verschwindens von Männern und Söhnen an die Fronten. Für die Journalistin Wera Inber im belagerten Leningrad war er ein existenzieller Schrecken; unsagbar grauenvoll war, was der KZ-Häftling Jechiel Rajchman durchlitt, der in Treblinka den Ermordeten die Goldzähne herausreißen musste.
Der deutsche Untertitel führt in die Irre. Denn Englund zeichnet eben gerade nicht die großen Linien, die im November 1942 zusammenliefen und die schon früher eingeleitete Kriegswende unumkehrbar machten. Stattdessen arrangiert er klug und sehr eindrücklich auf weit mehr als 500 Seiten – hinzu kommt ein ausführlicher Anmerkungsapparat von eigenem Wert – sein Personal, dessen Angst und Hoffen an ebendiesen Fronten, in den Bombenflugzeugen, in den Geleitzügen, in der gespannten Ruhe Berlins, im besetzten Europa, auch am Filmset von „Casablanca“. Einige wie Wassili Grossman, Ernst Jünger, Albert Camus, die spätere SZ-Journalistin Ursula von Kardorff, Sophie Scholl, die Pazifistin Vera Brittain sind bekannt, andere holt Englund aus dem Dunkel der Geschichte. Gelungen ist ihm so ein beeindruckendes, bewegendes Buch über den Zweiten Weltkrieg.
CORD ASCHENBRENNER
Peter Englund:
Momentum.
November 1942 – wie sich das Schicksal der Welt entschied. Aus dem
Schwedischen von
Susanne Dahmann. Rowohlt, Berlin 2022.
672 Seiten, 35 Euro.
E-Book: 28,99 Euro
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
in den Köpfen
Ein Monat im Jahr 1942:
Peter Englunds bewegendes
Panorama über den Schrecken
Vierzig Menschen in Europa, Asien, Nordafrika und Nordamerika. Ein Monat im Zweiten Weltkrieg, der November 1942. Und die Erlebnisse, Gefühle, Gedanken dieser 40 Männer und Frauen, die einander nicht kennen, deren Leben in diesen vier Wochen aber mal mehr, mal weniger vom Krieg betroffen ist, so wie bei der Mehrheit der Menschheit am Ende des Jahres 1942. Das ist die Ausgangslage oder auch die Versuchsanordnung von „Momentum“. Der Historiker Peter Englund, einst Kriegsberichterstatter, später Ständiger Sekretär der Schwedischen Akademie, wirft einen genauen Blick auf den Menschen im vierten Kriegsjahr – zu einer Zeit, als die Achsenmächte Deutschland und Japan noch längst nicht geschlagen waren. Sein Buch soll, wie er schreibt, „etwas darüber sagen, wie der Krieg war“.
Englund war einer der ersten Autoren, der 2008 einen historischen Zeitabschnitt aus der Perspektive vieler meist unbekannter Protagonisten zeichnete, indem er deren Briefe und Aufzeichnungen zu einem umfassenden Panorama montierte – es ging um den Ersten Weltkrieg, das Buch heißt „Schönheit und Schrecken“ (Rowohlt, 2011). In seinem neuen Werk geht Englund wieder so vor, dabei entsteht eine so beklemmende wie fesselnde Schilderung des Krieges in seiner unterschiedlichen (und zutiefst ungerechten) Ausprägung – für die Hausfrau Dorothy Robinson auf Long Island brachte er nur eine Art Unbehagen angesichts der Verdunkelung und des Verschwindens von Männern und Söhnen an die Fronten. Für die Journalistin Wera Inber im belagerten Leningrad war er ein existenzieller Schrecken; unsagbar grauenvoll war, was der KZ-Häftling Jechiel Rajchman durchlitt, der in Treblinka den Ermordeten die Goldzähne herausreißen musste.
Der deutsche Untertitel führt in die Irre. Denn Englund zeichnet eben gerade nicht die großen Linien, die im November 1942 zusammenliefen und die schon früher eingeleitete Kriegswende unumkehrbar machten. Stattdessen arrangiert er klug und sehr eindrücklich auf weit mehr als 500 Seiten – hinzu kommt ein ausführlicher Anmerkungsapparat von eigenem Wert – sein Personal, dessen Angst und Hoffen an ebendiesen Fronten, in den Bombenflugzeugen, in den Geleitzügen, in der gespannten Ruhe Berlins, im besetzten Europa, auch am Filmset von „Casablanca“. Einige wie Wassili Grossman, Ernst Jünger, Albert Camus, die spätere SZ-Journalistin Ursula von Kardorff, Sophie Scholl, die Pazifistin Vera Brittain sind bekannt, andere holt Englund aus dem Dunkel der Geschichte. Gelungen ist ihm so ein beeindruckendes, bewegendes Buch über den Zweiten Weltkrieg.
CORD ASCHENBRENNER
Peter Englund:
Momentum.
November 1942 – wie sich das Schicksal der Welt entschied. Aus dem
Schwedischen von
Susanne Dahmann. Rowohlt, Berlin 2022.
672 Seiten, 35 Euro.
E-Book: 28,99 Euro
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Ein beeindruckendes, bewegendes Buch. Süddeutsche Zeitung 20221212