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Produktdetails
  • Verlag: Belser
  • ISBN-13: 9783763024193
  • ISBN-10: 3763024190
  • Artikelnr.: 11796035
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.01.2004

Feudalistische Perspektiven

Zu Burgen schaut man auf. Das ist ihr Sinn gewesen in der Logik der mittelalterlichen Kriegsführung und der Metaphorik des Feudalismus. Der Herr herrscht oben, der Untertan steht unten. Deswegen hat die Idee dieses Buches, europäische Burgen, Schlösser, Festungen, Wehrkirchen, Zitadellen und Stadtmauern von der Karolingerzeit bis ins sechzehnte Jahrhundert aus der Vogelperspektive zu fotografieren, einen anarchischen Charme. Der Untertan schaut dem Herrn auf das Haupt, er wird, gemeinsam mit Luftbildfotografen wie Yann Arthus-Bertrand oder Guido Alberto Rossi, zum Überflieger im optischen Höhenrausch - um verblüfft festzustellen, wie sehr die Wehranlagen aus der Himmelsdistanz ihren Schrecken verlieren. Martialische Trutzburgen werden zu Modelleisenbahnmobiliar, furchteinflößende Kastelle zu hübschen Ritterhäuschen mit Türmen und Erkern. Genauso überraschend ist der Verfremdungseffekt des Perspektivenwechsels. Er ist oft derart groß, daß man selbst die bekanntesten Bauwerke auf den ersten Blick nicht erkennt, weil der Tower of London von oben wie eine Gartenlaube aussieht, das Schloß Amboise sich schamvoll vor sich selbst versteckt oder die Torre de Belém fast ein beliebiger Leuchtturm sein könnte. In manchen Fällen allerdings kann die Architektur erst dank der Luftaufnahmen ihre ganze Wirkung entfalten, etwa beim Castel del Monte, einem gewaltigen Oktagon mit acht oktagonalen Türmen, das Kaiser Friedrich der Zweite zwischen 1240 und 1250 erbauen ließ, oder bei den geometrischen Gärten des Palais de la Berbie und des Schlosses von Chenonceaux. Und in anderen Fällen werden die Burgen durch die Vogelperspektive nicht unbedingt schöner. Die Alhambra von Granada wirkt ohne ihre berühmte Silhouette auf dem al-Sabika-Hügel vor der Kulisse der schneebedeckten Sierra Nevada kaum halb so beeindruckend. Auch das Heidelberger Schloß und das Castello Sforzesco in Mailand machen von oben nicht viel her, und besonders auffällig wird der Verlust aller Imposanz bei der phantastischen Stadtmauer von Ávila: Steht man als winzig kleiner Mensch davor, denkt man, daß dahinter Zyklopen leben müssen. Schaut man sie sich von oben an, sieht sie aus wie ein Gartenmäuerchen aus Schmucksteinen. So bleibt die Erkenntnis, daß nicht immer alles Gute von oben kommt.

str.

"Monumente der Weltkulturen - Burgen und Schlösser Europas von oben" mit Fotografien von Guido Alberto Rossi, Yann Arthus-Bertrand und anderen. Belser Verlag, Stuttgart 2003. 265 Seiten, mehr als hundert Luftaufnahmen. Gebunden, 39,90 Euro. ISBN 3-7630-2419-0.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zunächst hat die Idee des Buches, europäische Festungen, Schlösser, Zitadellen oder Kirchen aus der Luft zu fotografieren, für die Rezensentin mit dem Kürzel "str." anarchistischen Charme. Schließlich seien die meisten dieser Monumente aus der feudalistischen Haltung heraus errichtet worden, dass der Untertan zum bauenden Herren aufzuschauen habe. Doch der Verfremdungseffekt des vorgenommenen Perspektivwechsels löst sich für "str." meist nicht. Oft kann sie auf den Fotos selbst die berühmtesten Bauwerke nicht auf Anhieb erkennen. So sieht für sie zum Beispiel der Tower of London plötzlich wie eine Gartenlaube aus und die Alhambra von Granada findet sie ohne ihre berühmte Silhouette halb so beeindruckend. Besonders auffällig erscheint ihr der Verlust aller Imposanz bei der Stadtmauer von Avila: stehe man davor, glaube man, dass dahinter Zyklopen leben müssten. Von oben sieht sie für die Rezensentin nur noch wie ein "Gartenmäuerchen aus Schmucksteinen" aus.

© Perlentaucher Medien GmbH