Angesichts des schnellen Wandels wissenschaftlicher Erkenntnis und technischer Möglichkeiten müssen Richtungsentscheidungen hinsichtlich des Umgangs mit neuartigen Problemlagen getroffen werden. Vor dem Hintergrund einer sich zunehmend pluralisierenden moralisch-politischen Meinungsbildung und der abnehmenden Autorität bislang beherrschender Meinungsführer sind die zur Entscheidung Aufgerufenen allerdings immer weniger sicher, welchen Weg sie einschlagen wollen und sollen. Verstärkt greifen sie deshalb auf die Vorschläge von Beratungsgremien zurück, in denen den traditionell theoriebezogenen normativen Disziplinen die Aufgabe zu kommt, sich mit Realproblemen zu befassen. Den Moralphilosophen wird damit eine Rolle zugewiesen, auf die sie einigermassen unvorbereitet sind. Die Schwierigkeiten, die viele Philosophen mit der Rolle haben, in die sie die gesellschaftlichen Erwartungen drängen, liegen vor allem in einer objektiven Unischerheit über Struktur, Ziele und Verfahrensweisen ethischer Politikberatung unter den Bedingungen einer pluralistischen und liberalen Gesellschaft. Das vorliegende Buch zielt darauf, diese konzeptionelle Lücke zu schliessen.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Bernward Gesang stimmt Carmen Kaminskys Diagnose von ganzem Herzen zu, das Problem an der Ethik und ihrem Beratungswert sei der implizite Plural. In den Akademien gebe es je nach weltanschaulicher Orientierung verschiedene "Schulen" der Ethik und das führe in der solcherart vielstimmig beratenen Politik zu "faulen Kompromissen". Wünschenswert sei dagegen, auch hier ist Gesang Kaminskys Meinung, eine von "Schulen" neutrale pragmatische und unzweideutige Handlungsanweisung in Einzelfragen. Hierbei könne man sich der Autorin zufolge auf die "unstrittigen Werte" Wohlfahrt und Menschenwürde stützen. Dies ist der Punkt, an dem der Rezensent nachzufragen beginnt trotz des "echten Problems", auf das die Autorin zu Recht hinweise. Denn "unstrittig" seinen Werte nur deshalb, weil sie "in alle Himmelsrichtungen" interpretierbar seien. Außerdem sei es ausgerechnet von einem Ethiker sehr viel verlangt, zugleich "neutral" und "empfehlend" zu agieren. Der Rezensent greift zur Metapher eines "moralischen Eunuchen", um anschaulich werden zu lassen, dass hier etwas nicht ganz aufgeht. Kaminskys Kernforderung an die Politikberatung, die eigene Öffentlichkeitswirkung mitzureflektieren, stimmt der Rezensent wiederum uneingeschränkt zu.
© Perlentaucher Medien GmbH
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