Für viele Philosophen besteht die zentrale Aufgabe der Moralphilosophie darin, Prinzipien zu formulieren. Diese Prinzipien sollen uns im moralischen Denken und Handeln anleiten und sie sollen die letzte Begründung für unsere moralischen Urteile liefern. Ausgerüstet mit dem Handwerkszeug der analytischen Philosophie untersucht Gutmann die diesem Bild der Moralphilosophie zugrundeliegenden Voraussetzungen. Dabei weist er nach, dass wir nicht notwendigerweise der Prinzipien bedürfen, um adäquat über moralische Fragen nachzudenken, und dass Prinzipien auch keinesfalls als Endpunkt jeglicher moralischer Rechtfertigung angesehen werden können. Darüber hinaus erläutert Gutmann die immensen Schwierigkeiten, Prinzipien auf eine so klare und eindeutige Weise zu formulieren, dass sie tatsächlich eine Hilfe bei der Lösung moralischer Fragen sein können. Ergänzt werden diese eher negativen Befunde durch eine Konzeption moralischer Erkenntnis, die zeigt, auf welche Art und Weise sich begründete moralische Urteile auch ohne die Anwendung moralischer Prinzipien gewinnen lassen.