Neben seinen philosophischen Forschungen hat sich Bertrand Russell zeitlebens auch mit Fragen der politischen Moral befaßt - jedoch keineswegs aus der Perspektive eines behaglichen Gelehrtendaseins. Dieses Interesse speiste sich vielmehr aus Russells nonkonformistischer Haltung, die ihn immer wieder in offene Konfrontation mit Religion, öffentlicher Meinung und staatlicher Macht führte. Der Krieg gegen das totalitäre Regime in Deutschland und der erste Einsatz von Atomwaffen veranlaßten ihn, seine ethischen Überlegungen erstmals systematisch darzustellen. Der erste Teil enhält die Umrisse einer nichtdogmatischen Ethik, die an das wohlverstandene Eigeninteresse der Menschen appelliert. Begriffe wie Sünde, Unrecht, Ehre, Gewissen und Autorität werden dabei einer kritischen Prüfung unterzogen. Im zweiten Teil überträgt Russell die gewonnenen Ergebnisse in die Sphäre der Politik: Auch hier seien magische Vorstellungen am Werk, die zu Nationalismus und Vergeltungsdenken führten. Im gemeins amen, unbedingten Willen zur Vermeidung eines Krieges - im atomaren Zeitalter ein Gebot bloßer Selbsterhaltung - sieht Russell die große und zugleich letzte Chance der Verständigung, zwischen den feindlichen Wertsystemen. Das zweite Kapitel des zweiten Teils ist identisch mit dem Vortrag, den Russell in Stockholm anläßlich der Verleihung des Nobelpreises hielt.