„Mord im Herbst“ ist in gewisser Weise ein „neuer“ „Wallander“-Krimi, obwohl Henning Mankell klipp und klar gesagt hat, dass es nach „Der Feind im Schatten“ keinen weiteren „Wallander“ mehr geben wird. Des Rätsels Lösung: Die Geschichte wurde bislang nur in den Niederlanden veröffentlicht (2004) und war dort aus Anlass einer Buchhandelsaktion entstanden. Dass „Wallander“-Fans die Sache irgendwie bekannt vorkommen könnte, liegt wohl an der Verfilmung mit Kenneth Branagh – auch wenn die Geschichten in Film und Buch doch voneinander abweichen. Nun also gibt es die Kurzgeschichte auch auf Deutsch, und wir gehen mit Kurt Wallander zurück in das Jahr 2002.
Ein „neuer“ und doch „alter“ Fall für Kurt Wallander
Kurt lebt zu dieser Zeit in der Mariagatan in Ystad – zusammen mit Tochter Linda –, und seine Sehnsucht nach einem Hund und einem Haus auf dem Land scheint Wirklichkeit zu werden. Kollege Martinsson bietet Wallander das alte Haus eines Verwandten an, nicht weit von Löderup. Als sein Vater noch lebte, wohnte auch er in der Gegend am Vretsvägen. Doch es kommt alles anders als gedacht: Kurt fährt zur Besichtigung – und auch wenn das Haus wahrlich schon bessere Tage gesehen hat, kann er sich vorstellen, hier zu leben. Er sieht sich schon mit einem Hund spazieren gehen, als er auf der Rückseite des Hauses im Garten über etwas stolpert.
Zuerst geht er weiter, doch ein Gefühl führt ihn zurück, „er hatte etwas gesehen“, ohne es zu sehen. „Er suchte den Boden ab. Bald hatte er gefunden, was er suchte. Lange starrte er auf das Ding, das aus der Erde ragte. Erst stand er reglos, dann umkreiste er den Gegenstand, der vor ihm lag. Schließlich ging er in die Hocke. Seine Knie knackten. Es bestand kein Zweifel daran, was dort, halb begraben, vor ihm lag. Es waren nicht die Reste einer alten Harke. Es war auch keine Baumwurzel. Es war eine skelettierte Hand.“
Dass sich daraufhin auch noch der Rest des Skelettes findet, ist klar. Es gehört zu einer etwa 50-jährigen Frau, die etwa zwischen 1930 und 1950 gestorben bzw. erhängt worden ist. Ihr Nacken ist gebrochen. Dass Wallanders Laune ob dem Fund garstig ist, verwundert nicht. In dieses Haus wird er nicht einziehen und seine Enttäuschung darüber scheint größer, als er es sich zuerst eingestehen mag. „Ich finde nie mehr ein Haus, dachte er. Kein Haus, keinen Hund, keine neue Frau. Es bleibt alles, wie es war.“
Wallander und ein verhängnisvoller Fehler
Als ein zweites Skelett ausgegraben wird – ein männlicher Toter, der ganz klar ermordet wurde –, entwickelt der Fall eine ungeahnte Brisanz. Zwar scheint es anfangs so, als würde niemand mehr leben, der Auskunft über die Zeit von vor 70, 80 Jahren geben kann. Doch Wallander, gewohnt hartnäckig und dickköpfig in seinen Recherchen, findet einen Zeitzeugen im Seniorenheim. Was dadurch allerdings alles ins Rollen kommt, kann Kurt nicht ahnen. Auch wenn ihn sein Gefühl nicht trügt, wenn es ihn warnt, ignoriert er die Warnung. Ein verhängnisvoller Fehler. Denn wer Geschichten aus alter Zeit aufwühlt, kann einen Orkan entfachen …
Ein „neuer“ und doch „alter“ Fall für Kurt Wallander
Kurt lebt zu dieser Zeit in der Mariagatan in Ystad – zusammen mit Tochter Linda –, und seine Sehnsucht nach einem Hund und einem Haus auf dem Land scheint Wirklichkeit zu werden. Kollege Martinsson bietet Wallander das alte Haus eines Verwandten an, nicht weit von Löderup. Als sein Vater noch lebte, wohnte auch er in der Gegend am Vretsvägen. Doch es kommt alles anders als gedacht: Kurt fährt zur Besichtigung – und auch wenn das Haus wahrlich schon bessere Tage gesehen hat, kann er sich vorstellen, hier zu leben. Er sieht sich schon mit einem Hund spazieren gehen, als er auf der Rückseite des Hauses im Garten über etwas stolpert.
Zuerst geht er weiter, doch ein Gefühl führt ihn zurück, „er hatte etwas gesehen“, ohne es zu sehen. „Er suchte den Boden ab. Bald hatte er gefunden, was er suchte. Lange starrte er auf das Ding, das aus der Erde ragte. Erst stand er reglos, dann umkreiste er den Gegenstand, der vor ihm lag. Schließlich ging er in die Hocke. Seine Knie knackten. Es bestand kein Zweifel daran, was dort, halb begraben, vor ihm lag. Es waren nicht die Reste einer alten Harke. Es war auch keine Baumwurzel. Es war eine skelettierte Hand.“
Dass sich daraufhin auch noch der Rest des Skelettes findet, ist klar. Es gehört zu einer etwa 50-jährigen Frau, die etwa zwischen 1930 und 1950 gestorben bzw. erhängt worden ist. Ihr Nacken ist gebrochen. Dass Wallanders Laune ob dem Fund garstig ist, verwundert nicht. In dieses Haus wird er nicht einziehen und seine Enttäuschung darüber scheint größer, als er es sich zuerst eingestehen mag. „Ich finde nie mehr ein Haus, dachte er. Kein Haus, keinen Hund, keine neue Frau. Es bleibt alles, wie es war.“
Wallander und ein verhängnisvoller Fehler
Als ein zweites Skelett ausgegraben wird – ein männlicher Toter, der ganz klar ermordet wurde –, entwickelt der Fall eine ungeahnte Brisanz. Zwar scheint es anfangs so, als würde niemand mehr leben, der Auskunft über die Zeit von vor 70, 80 Jahren geben kann. Doch Wallander, gewohnt hartnäckig und dickköpfig in seinen Recherchen, findet einen Zeitzeugen im Seniorenheim. Was dadurch allerdings alles ins Rollen kommt, kann Kurt nicht ahnen. Auch wenn ihn sein Gefühl nicht trügt, wenn es ihn warnt, ignoriert er die Warnung. Ein verhängnisvoller Fehler. Denn wer Geschichten aus alter Zeit aufwühlt, kann einen Orkan entfachen …
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Als Übung in literarischer Askese bzw. Beschränkung auf das Krimi-Notwendige findet Kristina Maidt-Zinke diesen nachgeschobenen Wallander okay. Ein ausgebrannter Kommissar, eine Hand im Blumenbeet, keine großen Verschwörungen oder spannenden politischen Verwicklungen, einfach eine Familientragödie, warum nicht, sagt sich die Rezensentin. Als Kur gegen die Entzugserscheinungen der Wallander-Fangemeinde empfiehlt sie allerdings eher das Nachwort. Darin erläutert Henning Mankell die Entstehung der Figur des Wallander, die Notwendigkeit seines Endes - und, last not least, dass es künftig durchaus noch Geschichten um Linda Wallander geben könnte. Was für eine Nachricht!
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Spannend inszeniert und extrem realistisch ist dieses Hörbuch ein Muss für Freunde des schwedischen Ermittlers."
Kurt Wallander zählt wohl zu den wenigen literarischen Figuren, die auch ungemein viele Nichtleser kennen. Durch diverse Verfilmungen der Bücher läuft fast wöchentlich mindestens ein "Wallander"-Krimi. Fans streiten natürlich darüber, welcher der Darsteller dem "echten" Wallander am nächsten kommt: Ist es Rolf Lassgård, ist es Krister Henriksson oder doch der Engländer Kenneth Branagh?
Auch das Städtchen Ystad in der Region Schonen, in dem der fiktive Kommissar lebt, freut sich über zahlreiche "Wallander"-Touristen und bedient sie gut. Touren auf den Spuren des melancholischen Ermittlers gibt es zuhauf. Ob zu Fridolfs Konditorei, Kurts Lieblingscafé, in dem er auch gerne sein Heringsbrötchen mit Leichtbier hinunterspült, oder natürlich die Mariagatan, in der Wallander im Haus Nummer 10 lange wohnte. Fasziniert uns an Kurt Wallander, dem übergewichtigen und grüblerischen Burschen, dass er sich die Schlechtigkeit der Welt zu sehr zu Herzen nimmt?
Für Henning Mankell, seinen Schöpfer, ist klar, dass er Kurt so normal wie möglich anlegen wollte, ein "Jedermann" sollte er sein. Er gab ihm sein Geburtsjahr (1948) und verpasste ihm irgendwann auch noch die Volkskrankheit schlechthin: Diabetes. Der erste "Wallander"-Roman erschien 1991 und hieß "Mörder ohne Gesicht". Damals, so erzählt Mankell, war ganz und gar nicht klar, dass das eine Reihe werden könnte. Doch Kurt Wallander eignete sich für den Autor Mankell "als Instrument", das er benutzen konnte, um viele Geschichten zu erzählen. Und das tat er. Mit "Der Feind im Schatten" schließt die Reihe um den dickköpfigen Kommissar. Er erkrankt an Alzheimer - ein weiterer Wallander ist so unmöglich...
"In was für einer Welt leben wir eigentlich?", heißt einer der Fragen, die sich Kurt Wallander oft stellt. Er ist eine gebrochene Figur - und geht uns vermutlich genau deshalb so zu Herzen. Wenn er sich hartnäckig, wortkarg und ungemein schwermütig in einen Fall vertieft, scheint es so, als würde die heilere Seite von ihm die Oberhand gewinnen. Schließlich ist er ein brillanter und sensibler Ermittler. Privat aber ist er kein Superheld, sondern ein normaler Mensch mit einem zeitweiligen Alkoholproblem. Seine Ehe hat nicht gehalten und trotz seiner Erfolge als Ermittler hängt die Idee des Scheiterns wie ein Damoklesschwert über ihm.
Zeitweise wohnte der Single Wallander mit seiner Tochter Linda zusammen - sie ist, wir wissen es, auch Polizistin geworden und hatte immer auch ein Auge darauf, dass unter der Woche keine Flasche Wein geöffnet wird. Manchmal tat Kurt das dennoch heimlich - wenn Linda unterwegs war. Irgendwann zog Kurt Wallander aufs Land und unternahm mit seinem Labrador "Jussi" lange Spaziergänge. Wieder zu Hause, liebte er es, auf dem Sofa zu sitzen, Wein zu trinken und italienische Opern zu hören... und man hätte sich fast immer gern zu ihm gesetzt, natürlich schweigend, und mit ihm darüber nachgesonnen, warum die Welt so ist, wie sie ist.
Auch das Städtchen Ystad in der Region Schonen, in dem der fiktive Kommissar lebt, freut sich über zahlreiche "Wallander"-Touristen und bedient sie gut. Touren auf den Spuren des melancholischen Ermittlers gibt es zuhauf. Ob zu Fridolfs Konditorei, Kurts Lieblingscafé, in dem er auch gerne sein Heringsbrötchen mit Leichtbier hinunterspült, oder natürlich die Mariagatan, in der Wallander im Haus Nummer 10 lange wohnte. Fasziniert uns an Kurt Wallander, dem übergewichtigen und grüblerischen Burschen, dass er sich die Schlechtigkeit der Welt zu sehr zu Herzen nimmt?
Für Henning Mankell, seinen Schöpfer, ist klar, dass er Kurt so normal wie möglich anlegen wollte, ein "Jedermann" sollte er sein. Er gab ihm sein Geburtsjahr (1948) und verpasste ihm irgendwann auch noch die Volkskrankheit schlechthin: Diabetes. Der erste "Wallander"-Roman erschien 1991 und hieß "Mörder ohne Gesicht". Damals, so erzählt Mankell, war ganz und gar nicht klar, dass das eine Reihe werden könnte. Doch Kurt Wallander eignete sich für den Autor Mankell "als Instrument", das er benutzen konnte, um viele Geschichten zu erzählen. Und das tat er. Mit "Der Feind im Schatten" schließt die Reihe um den dickköpfigen Kommissar. Er erkrankt an Alzheimer - ein weiterer Wallander ist so unmöglich...
"In was für einer Welt leben wir eigentlich?", heißt einer der Fragen, die sich Kurt Wallander oft stellt. Er ist eine gebrochene Figur - und geht uns vermutlich genau deshalb so zu Herzen. Wenn er sich hartnäckig, wortkarg und ungemein schwermütig in einen Fall vertieft, scheint es so, als würde die heilere Seite von ihm die Oberhand gewinnen. Schließlich ist er ein brillanter und sensibler Ermittler. Privat aber ist er kein Superheld, sondern ein normaler Mensch mit einem zeitweiligen Alkoholproblem. Seine Ehe hat nicht gehalten und trotz seiner Erfolge als Ermittler hängt die Idee des Scheiterns wie ein Damoklesschwert über ihm.
Zeitweise wohnte der Single Wallander mit seiner Tochter Linda zusammen - sie ist, wir wissen es, auch Polizistin geworden und hatte immer auch ein Auge darauf, dass unter der Woche keine Flasche Wein geöffnet wird. Manchmal tat Kurt das dennoch heimlich - wenn Linda unterwegs war. Irgendwann zog Kurt Wallander aufs Land und unternahm mit seinem Labrador "Jussi" lange Spaziergänge. Wieder zu Hause, liebte er es, auf dem Sofa zu sitzen, Wein zu trinken und italienische Opern zu hören... und man hätte sich fast immer gern zu ihm gesetzt, natürlich schweigend, und mit ihm darüber nachgesonnen, warum die Welt so ist, wie sie ist.