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"Anstelle von Benzedrin hatten wir Vigor-Balsam. Anstelle des ländlichen Amerikas und des Mexikos der Fünfziger hatten wir die Ukraine. Aber es ging um dasselbe. Wir schnappten uns die Rucksäcke und waren on the road."
Ein Gonzo-Roman über Backpacker auf der Suche nach Hardcore und Abenteuer im "Wilden Osten", inspiriert von Jack Kerouac und Hunter S. Thompsons "Fear and Loathing in Las Vegas".

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Produktbeschreibung
"Anstelle von Benzedrin hatten wir Vigor-Balsam. Anstelle des ländlichen Amerikas und des Mexikos der Fünfziger hatten wir die Ukraine. Aber es ging um dasselbe. Wir schnappten uns die Rucksäcke und waren on the road."

Ein Gonzo-Roman über Backpacker auf der Suche nach Hardcore und Abenteuer im "Wilden Osten", inspiriert von Jack Kerouac und Hunter S. Thompsons "Fear and Loathing in Las Vegas".
Autorenporträt
Ziemowit Szczerek (*1978), streitbarer Intellektueller und Journalist, publiziert unter anderem in »Nowa Europa Wschodnia« und »Tygodnik Powszechny«. Er ist fasziniert vom Osten Europas, vom Gonzo-Journalismus sowie von »geopolitischen, geschichtlichen und kulturellen Kuriositäten«, wie er selbst sagt. Für »Mordor kommt und frisst uns auf« wurde er mit dem Paszport-Preis der »Polityka« ausgezeichnet und für den Nike-Literaturpreis, die wichtigste literarische Auszeichnung Polens, nominiert. Thomas Weiler (*1978 im Schwarzwald) lebt mit seiner Familie in Markkleeberg bei Leipzig. Nach dem Sozialen Friedensdienst (Behindertenarbeit in Minsk/Belarus), hat er ein Übersetzerstudium in Leipzig, Berlin und St. Petersburg absolviert. Seit 2007 ist er freier Übersetzer aus dem Russischen, Polnischen und Belarussischen in den Bereichen Prosa, Kinderliteratur, Essayistik und Publizistik. Nachdichtungen erschienen u.a. in den Zeitschriften Akzente, Sinn und Form, Literatur und Kritik, Ostragehege und bei lyrikline.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Ziemnowit Szczerek schickt in seinem Roman "Mordor kommt und frisst uns auf" den polnischen Gonzo-Journalisten Lukasz in die ehemals polnischen Gebiete in der Ukraine, über die er nach einigem Hadern schreibt, dass er sich wohl fühle, weil "es im Grunde hier ist wie bei uns, nur deutlich intensiver", zitiert Judith Leister. Indem sich Szczerek ständig in seinen übertrieben, satirischen Darstellungen selbst überbietet, führt er den Ernst vor, mit dem manche Menschen noch immer ihr Polentum (wie Russentum) in Polen und anderswo betreiben, und stellt ihn bloß, erklärt die Rezensentin. Der Titel spielt auf eine Figur an, die Lukasz im Zuge seiner Recherchen kennenlernt, verrät Leister: den ukrainisch-polnischen Journalisten Taras, für den die russischen Ukrainer bloß "grobschlächtige Orks und Trolle mit Kohlrabivisagen" aus Mordor sind, während Polen doch eigentlich zum zivilisierten Mitteleuropa gehöre.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.03.2018

Willkommen im Wilden Osten
Ziemowit Szczerek schreibt mit "Mordor kommt und frisst uns auf" einen rasanten polnischen Gonzo-Roman

"Auch uns nennt man im Westen den Osten und im Osten den Westen", lautet einer der Aphorismen von Stanislaw Jerzy Lec, und es gibt derzeit kaum einen zweiten polnischen Schriftsteller, der die Richtigkeit dieses Gedankens auf eine so bravouröse, so herrlich respektlose und groteske Weise bestätigen würde wie Ziemowit Szczerek. Sein von Thomas Weiler glänzend übersetzter Roman "Mordor kommt und frisst uns auf" ist das Ergebnis von Szczereks unzähligen Reisen in die Ukraine und hat die Form eines Reiseberichts, allerdings lässt der Autor sich dabei etwas Besonderes einfallen: Sein Protagonist, der Ich-Erzähler Lukasz, ist ein abenteuerhungriger, gewiefter und leicht zynischer Journalist, dem nichts so am Herzen liegt wie der Erfolg seiner Geschichten. Und da er nicht nur einen scharfen Blick und viel Sinn für Humor besitzt, sondern auch weiß, dass den Leser nichts mehr freut, als wenn er in einem Text die Bestätigung seines stereotypen Denkens findet, sorgt Lukasz mit viel Übertreibung und Sprachwitz dafür, dass alle seine Erlebnisse in entsprechende Klischeeschemen passen.

Es fängt schon in der Westukraine an, wo auch die meisten Polen anzutreffen sind. Viele von ihnen kommen, um in Lwiw (Lemberg) und anderen Städten nach Spuren der eigenen Familiengeschichte oder der Glanzzeit Galiziens zu suchen, finden aber stattdessen eine Menge monströser Beweise der sowjetischen Vernichtungswut. Denn egal, um welches Detail der ukrainischen Realität es sich handelt - in Lukaszs Schilderung wirkt alles irgendwie überzogen, verzerrt, karikiert. Die Uniformierten tragen Mützen vom Durchmesser eines Gullydeckels, eines Fahrradreifens oder gar "von der Größe eines mittelgroßen Kleinstadtkreisverkehrs". Die idyllische Landschaft Galiziens ist durch die kommunistische Bauweise so zerstört, dass auch eine alte Kirche, die man plötzlich inmitten eines Plattenbauviertels entdeckt, leicht gespenstisch wirkt: "Die Platten umstanden sie wie die Ghettokids das Opfer, dem sie gleich die Fresse polieren würden." Der Geschäftssinn der Ukrainer wird vor allem durch "traurige Babuschkas" personifiziert, die "alles verkaufen, was sich verkaufen lässt". Und alle konsumieren um die Wette ein Gesöff namens Vigor-Balsam: ein Potenzmittel, das allgemein für die Quelle immer neuer Rauschzustände und Energieschübe gehalten wird.

Auch Alkoholisches wird reichlich getrunken, und das hat freilich auch etwas mit Stereotypen zu tun. Die meisten jungen Reisenden aus Polen, die keine Galizien-Nostalgiker, sondern auf der Suche nach Abenteuern im "russigen" Osten sind, passen sich den Einheimischen sofort an. Und die westlichen Touristen langen nach kurzer Zeit ebenfalls kräftig zu, weil sie offenbar glauben, das ständige Wodkakippen würde zum Alltag aller Osteuropäer so selbstverständlich gehören wie das Espressotrinken zu dem der Italiener. Man könne die Stereotype richtig oder falsch benutzen, meint Szczerek, und er sei dagegen, dass sie falsch benutzt werden. Allerdings versucht er es zu verhindern, nicht indem er den echten Stand der Dinge beschreibt, sondern indem er die Stereotype durch Überspitzung oder Anhäufung entsprechender Situationen ad absurdum führt. Das ist das Grundprinzip der Erzählweise, die sein Held während der gesamten Reise einhält - recht lange also, denn diese führt Lukasz in fast jede Ecke der Ukraine, von Lwiw über Drohobytsch und Dnipro bis Odessa und Bachtschissarai. Und da sein wichtigster Auftraggeber ein Internetportal ist, der sich von ihm Hardcore pur wünscht, schreibt er seine Geschichten im Gonzo-Stil, den er sich von Jack Kerouac und Hunter S. Thompson abgeguckt hat: "Schnaps, Kippen, Drogen und Weiber. Und Vulgärsprache." Der Erfolg sei garantiert, stellt er selbstzufrieden fest.

Von dem Leser seines Romans erwartet Szczerek allerdings weniger Zufriedenheit. Im Gegenteil, er will, dass man merkt, wie gefährlich der Gonzo-Stil in Wirklichkeit ist, wie schnell er einen Text hervorbringen kann, der "nicht aufklärt, sondern bestimmte Vorurteile zementiert". Und er zeigt es umso eindrucksvoller, als er sein Spiel mit den Stereotypen in beide Richtungen treibt. Denn die Ukrainer in seinem Buch bleiben den Polen natürlich nichts schuldig. Wer gekommen ist, um sein Überlegenheitsgefühl zu demonstrieren, weil er sich als EU-Bürger für etwas Besseres hält oder als Nachfahre jener polnischen Aristokraten empfindet, die hier einst riesige Ländereien besaßen, der wird schnell in seine Schranken gewiesen. Der erfährt, dass die Polen, die so gern ihre Europa-Zugehörigkeit betonen, von den Westeuropäern für "Russen-Verschnitt" und "Dritte Welt" gehalten werden. "Nur bei uns könnt ihr kurz die Hochmütigen spielen. Euch dafür abreagieren, dass ihr überall sonst die Arschkarte habt", bekommt Lukasz von einer Ukrainerin zu hören, um dann von einem Kenner seines Landes zu erfahren, was das Wesen des Polentums ausmache: "Gift und Verlogenheit, ein einziges Strippenziehen und Grubengraben".

Ziemowit Szczereks Roman zeigt deutlich, dass das West-Ost-Empfinden nur die Frage des jeweiligen Blickwinkels ist, und man ahnt, dass seine Beschreibung in einer anderen Konstellation, etwa der ukrainisch-russischen, nicht weniger kritisch ausfallen würde. Es gebe immer einen Osten, der noch dunkler, noch gefährlicher, noch böser sei, behauptet er. Allerdings ist es kein Zufall, dass der Untertitel seines Buchs im Original "Die geheime Geschichte der Slawen" lautet. Diese Geschichte wird nämlich mit vielen historischen Anspielungen und literarischen Zitaten belegt, um schließlich auf ein selbstironisches, von einem Ukrainer polnischer Abstammung formuliertes Fazit hinauszulaufen: Die Slawen seien nur noch "ein Häuflein Fossilien" und "eine krepierende Kultur, die nicht mehr gebären kann", weil sie "im Konkurrenzkampf verschissen hat". Sie können folglich, schließt man daraus, nur noch eines tun: warten, bis der titelgebende Mordor sie alle auffrisst.

MARTA KIJOWSKA

Ziemowit Szczerek: "Mordor kommt und frisst uns auf". Roman.

Aus dem Polnischen von Thomas Weiler. Verlag Voland & Quist, Dresden 2017. 240 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Das Buch ist literarisch eine Freude, intellektuell ein Vergnügen und obendrein erfährt der Leser vieles über jenen Osten Europas, der nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hinter einer Mauer aus Klischees und Projektionen verschwand."
Jens Bisky, Süddeutsche Zeitung

"Wer mal wieder Lust auf eine gänzlich unverbrauchte, zupackende Sprache verspürt, wer intellektuell gut unterhalten werden will und wer Lust hat, durch ein anderes Fenster nach Osteuropa zu schauen (...), der ist hier glänzend bedient."
Martin Maria Schwarz, hr2

"Ziemowit Szczerek ist mit 'Mordor kommt und frisst uns auf' ein faszinierendes Stück Prosa gelungen. Mal brutal, mal irrsinnig komisch, sehr poetisch und originell - ein sprachlich wie inhaltlich brillanter Text."
Moses Fendel, WDR3

"(...) ein rasanter polnischer Gonzo-Roman."
Marta Kijowska, FAZ

"Ziemowit Szczereks Roman, von Thomas Weiler schwungvoll und pointiert ins Deutsche übersetzt, ist ein hochreflektiertes undsehr aktuelles Buch über Europa und seine Identitätsdiskurse. Aber so originell, respektlos und vor allem unterhaltsam hat man das selten gelesen."
Judith Leister, SR 2

"Szczereks Beobachtungen und Schlüsse changieren zwischen Sarkasmus und Verständnis. Thomas Weiler hat diese burschikose Spielart intelligenten Erzählens sehr schön ins Deutsche übertragen."
Jens-Uwe Sommerschuh, Sächsische Zeitung