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Inge Viett macht eine dreimonatige Reise nach Namibia. Sie begibt sich auf Spurensuche: nach den Auswirkungen der Kolonisation und denen des Befreiungskampfes. Wie sieht es heute, 14 Jahre nach der Unabhängigkeit, in Namibia aus? Ein Bericht über eine aufregende Reise zu sozialen Brennpunkten und durch eine wunderschöne Landschaft.
Reisen ist für Inge Viett der offene Blick, das Hineinbegeben in eine fremde Welt, die Spannung, die den ganzen Körper erfasst, die Neugier, das Wagnis. Mit einer Freundin und einem sehr alten VW-Bus durchstreift die Autorin Namibia. Sie begegnet ganz
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Produktbeschreibung
Inge Viett macht eine dreimonatige Reise nach Namibia. Sie begibt sich auf Spurensuche: nach den Auswirkungen der Kolonisation und denen des Befreiungskampfes. Wie sieht es heute, 14 Jahre nach der Unabhängigkeit, in Namibia aus? Ein Bericht über eine aufregende Reise zu sozialen Brennpunkten und durch eine wunderschöne Landschaft.
Reisen ist für Inge Viett der offene Blick, das Hineinbegeben in eine fremde Welt, die Spannung, die den ganzen Körper erfasst, die Neugier, das Wagnis. Mit einer Freundin und einem sehr alten VW-Bus durchstreift die Autorin Namibia. Sie begegnet ganz verschiedenen Menschen und einer überwältigenden Natur. Sie besucht deutsche Emigranten, engagierte Pfarrer, politische Aktivistinnen und Aktivisten, Dropouts und eine grüne Politikerin. Die verheerenden Auswirkungen von Kolonialismus und Rassismus sind immer noch präsent. Die Autorin verfolgt die Spuren der deutschen Kolonisation, die 1904 im Völkermord an den Hereros und Nama einen erschütternden Höhepunkt fand. Die Reise ist aber auch voller Überraschungen und Abenteuer. Die Leser bekommen einen vielschichtigen Einblick in dieses Land im Aufbruch, in seine Faszination und Problematik.
Autorenporträt
Inge Viett, geboren 1944, aufgewachsen in Schleswig-Holstein, seit 1969 in Westberlin und Mitglied der "Bewegung 2. Juni". 1972 und 1975 verhaftet, beide Male Ausbruch aus dem Gefängnis. Kurze Mitgliedschaft in der RAF, 1982 Übersiedlung in die DDR. 1990 in Magdeburg verhaftet und 1992 zu 13 Jahren Haft verurteilt, 1997 entlassen. Seit 1996 Veröffentlichungen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.05.2005

Das müssen die erst verarbeiten
VW-Bus gegen Ausbeutung: Inge Viett und Jürgen Leskien fahren nach Südwest
„Südwest”- das hat offenbar immer noch einen guten Klang. Kein anderes Land in Afrika beflügelt der Deutschen Phantasie so sehr wie ihre ehemalige Kolonie an der Atlantikküste zwischen Angola und Südafrika. Während Deutschlands sonstige ehemaligen Besitzungen in der Welt in einer allgemeinen kolonialen Amnesie aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwanden, blieben von „Südwest” wenigstens einige Gedächtnissplitter bestehen. Als einziges der ehemaligen deutschen Schutzgebiete lebt dort noch eine nennenswerte deutschsprachige Minderheit; 30 000 sind es etwa in einem Land, das zwar doppelt so groß ist wie die Bundesrepublik Deutschland, jedoch nur von 1,8 Millionen Menschen bewohnt wird. Auch deshalb boomt der Tourismus, buchen doch nicht wenige eine Fahrt dorthin, weil man dort immer noch auf Deutsch einkaufen und speisen kann.
Diese Begeisterung für deutsche Zivilisationsleistungen im Wüstensand überträgt sich auch auf die schreibende Zunft, zumindest macht sie Bücher lukrativ. In den letzten Jahren erschienen immer wieder Romane und Erzählungen, die sich die exotische Kulisse zu eigen machten. Nur wenige erreichten das Niveaus Uwe Timms, der mit „Morenga” bereits vor 25 Jahren den Opfern des kolonialen Völkermordes ein literarisches Denkmal setzte. Nachdem unlängst Gerhard Seyfried mit seinem biederen, koloniale Vorstellungen lediglich bestärkenden Monumentalschinken „Herero” am Problem, eine höchst komplexe Geschichte zu meistern, gescheitert war, wagt sich nun das nächste altlinke Schwergewicht an die literarische Aufarbeitung deutscher kolonialer Vergangenheit. Bei Vertretern dieser politischen Couleur dürfte Namibia auch deshalb so beliebt sein, weil es gewissermaßen den Schnittpunkt zwischen deutschen Kolonialgräueln und der südafrikanischen Apartheid bildet. Gegen beides hatte man schließlich schon immer angekämpft.
Inge Viett, berühmt durch ihre Mitgliedschaft in der „Bewegung 2. Juni” und der RAF, hat allerdings keinen Roman geschrieben, sondern einen Reisebericht. Aufgehalten hat sie sich dafür drei Monate in Namibia, ist kreuz und quer mit ihrem VW-Bus übers Land gefahren, hat einen Autounfall überstanden und auch sonst zahlreiche Abenteuer erlebt.
Durch diese intensive Erfahrung als Expertin in Sachen „Südwest” qualifiziert, bringt Viett nach eigener Ansicht eine zentrale Voraussetzung mit, um hinter dem Firnis erzwungener Harmonie die wahren Stimmungslagen des geknechteten Afrikaners freizulegen, nämlich die richtige Einstellung: „Wenn die schwarzen Menschen mich ansehen, sehen sie hinter mir eine Lawine unguter Erfahrungen . . . Ich bin eine Schuldige . . . Ich weiß um den aggressiven Chauvinismus der Weißen, ihre tiefe Missachtung, ihren Rassismus . . . Ich bin innerlich ebenso befangen, wenn wir uns gegenüberstehen. Ich beklage diese Verhältnisse nicht, ich begreife es. Aber ich, als Individuum mit meiner eigenen Geschichte, die sich radikal gegen die Ausbeutung und gegen den zerstörerischen weißen Kultur-Chauvinismus stellt, ich will nicht identifiziert werden mit der unsäglichen Rolle, die die Weißen in Afrika inne hatten und subtiler immer noch inne haben.”
Reisen, ohne etwas zu sehen
Dieser missionarische Eifer trägt Inge Viett über manche Wissenslücke hinweg. Derart von der eigenen Position eingenommen, und dadurch blind gegenüber den doch etwas komplexeren Verhältnissen vor Ort, waren auch schon die ersten deutschen Siedler und Beamten 120 Jahre zuvor ins Land gekommen. Namibia scheint diese Wirkung auf Leute zu haben. Kaum im Land, wissen sie bereits, wo es langgeht.
Viel erfährt man in diesem Buch über Inge Viett, weit weniger über das Land. Unkritische und verharmlosende Urteile über real existierende Despoten wie Robert Mugabe zeigen, dass das frühere Schwarz-Weiß-Bild, die dichotomische Einteilung in Unterdrücker („weiß”) und Unterdrückte („schwarz”) sich nicht gewandelt hat, unabhängig von der Tatsache, dass die früher Unterdrückten mittlerweile die Regierung stellen und dabei nicht unbedingt moralischer agieren als ihre Vorgänger. „Befreiungsbewegung an der Macht” hat Henning Melber, der renommierte und kritische Begleiter der namibischen Unabhängigkeit, dieses Phänomen genannt. Bei Viett bemerkt man davon kaum etwas: reisen, ohne etwas zu sehen.
Jürgen Leskien geht den entgegengesetzten Weg. Statt zu pauschalieren will er differenzieren. Sein Sektionsobjekt sind die deutschsprachigen Namibier, die er aufsuchte und die er ihr Leben erzählen lässt. Manchmal muss man beim Lesen an sich halten, etwa wenn der Farmer Gebhardt von Alvensleben seine rassistischen Parolen in die Welt posaunt: „Der Unterschied zwischen den schwarzen und weißen Schülern ist krass. Man muss dabei immer bedenken, diese ganze Zivilisation, diese ganze Entwicklung, die wir Europäer über Jahrhunderte durchgemacht haben, die müssen die Schwarzen erst verarbeiten, nachholen und das ist nicht so einfach. Sicher wird sich der Niveauunterschied irgendwann ausgleichen, denn es gibt ja unter den Schwarzen, wenn die Schicht auch viel dünner ist, welche, die auch schlau sind und intelligent.”
Gerade die Vielfalt der erzählten Positionen ist es jedoch, die Leskiens Buch lesenswert macht, da sie das oftmals vorherrschende Bild einer homogenen Gruppe von „Deutsch-Südwestern” auflöst. Und Persönlichkeiten wie Pastor Peter Pauly, der für seine Entscheidung, eine Ovambo zu heiraten, ein gerütteltes Maß an Stigmatisierung seitens der deutschsprachigen Namibier ertragen musste, entschädigen für alle Alvenslebens. Schade ist nur, dass Leskien sich nicht damit begnügen konnte, Sammler dieser Erzählungen zu sein, sondern meinte, durch eine fiktive Rahmenerzählung die einzelnen Biografien in einen Erzählstrang einbetten zu müssen. Die dabei durchscheinenden Klischees konterkarieren in gewisser Weise den Effekt, den seine vielfältigen Biografien erzeugen.
JÜRGEN ZIMMERER
INGE VIETT: Morengas Erben. Eine Reise durch Namibia. Edition Nautilus, Hamburg 2004, 127 Seiten, 10,90 Euro.
JÜRGEN LESKIEN: Dunkler Schatten am Waterberg. Afrikanische Nachtgespräche. Schwartzkopff Buchwerke, Berlin 2004, 353 Seiten, 18 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Ein wenig ratlos lässt einen Rudolf Walthers Besprechung dieses Bandes zurück, in dem Inge Viett von einer Reise nach Namibia berichtet. Walther lobt ihre guten Kenntnisse der deutschen Kolonialgeschichte und die "sensiblen" Beobachtungen, die sich nicht nur auf "unglaubliche Sonnenuntergänge", sondern auch auf die "Menschen" und die heutigen Probleme des Landes beziehen. Unklar bleibt, was Walther an diesem Buch findet und warum er es bespricht: Über Neuigkeitsgehalt oder Erkenntnisgewinn verliert er kein Wort. Dass Viett schließlich Nerven zeigt, weil sie "die Probleme nicht lösen" kann, kommentiert der Rezensent orakelnd mit den Worten "Reisen können bilden."

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