Große Namen wie Gina Lollobrigida, Ang Lee oder Steven Spielberg begleiteten die Karriere des international bekannten Filmfestival-Pioniers Moritz de Hadeln - und einige Skandale. Er war sowohl Leiter der Festivals in Berlin, Venedig und Locarno als auch Gründer des Dokumentarfilmfestivals in Nyon. Dem westlichen Publikum machte er unter anderem den chinesischen und sowjetischen Film bekannt. Dabei war er häufig auch mit diplomatischen Verhandlungen und politischen Machtspielen konfrontiert.
Der Autor Christian Jungen greift in diesem Buch auf Aussagen von Zeitgenossen und Bekannten von Moritz de Hadeln zurück; der Porträtierte kommt zudem ausführlich selbst zu Wort. Dadurch wird die Erzählung lebendig, und der Leser nimmt direkt an den Erlebnissen des passionierten Cinephilen teil. Die Biografie zeigt eindrücklich, dass die Arbeit als Festivalleiter viel mehr beinhaltet als bloß das geschickte Zusammenstellen des Festivalprogramms.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Der Autor Christian Jungen greift in diesem Buch auf Aussagen von Zeitgenossen und Bekannten von Moritz de Hadeln zurück; der Porträtierte kommt zudem ausführlich selbst zu Wort. Dadurch wird die Erzählung lebendig, und der Leser nimmt direkt an den Erlebnissen des passionierten Cinephilen teil. Die Biografie zeigt eindrücklich, dass die Arbeit als Festivalleiter viel mehr beinhaltet als bloß das geschickte Zusammenstellen des Festivalprogramms.
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Süddeutsche ZeitungDer Vorgänger
Wird nach Kosslik wie vor Kosslik? Pünktlich zur Berlinale-Debatte gibt’s die Biografie Moritz de Hadelns
Um es gleich vorauszuschicken: Der etwas großspurige Titel seines Buchs – „Mister Filmfestival“ (Rüffer und Rub, 29,80 Euro) – ist keine Wortschöpfung von Moritz de Hadeln. Der Autor bekennt sich im Vorwort selbst dazu, denn für den Schweizer Christian Jungen, Filmhistoriker, Filmkritiker und Filmredakteur der NZZ am Sonntag, ist sein Landsmann genau das: ein Mann, der den größten Teil seines Berufslebens als Leiter von fünf Filmfestivals bestritten hat, neben den 22 Jahren bei der Berlinale hat er noch in Venedig, Locarno und Montréal gewirkt und das Dokumentarfilmfestival in Nyon sogar selbst gegründet. Dabei versteht sich diese Biografie durchaus als Rehabilitation eines weithin ungeliebten Festivalleiters, sie ist ihm deutlich zugewandt, aber nicht gänzlich unkritisch.
De Hadeln war kein Charmeur und ganz sicher auch keine rheinische Frohnatur, er trat spröde und bisweilen auch grob auf, und dass er in der geteilten Stadt in besonderer Weise Zeichen für die Ost-West- Verständigung setzen musste, versteht sich von selbst. Aber es ist auch gut, dass dieses Buch daran erinnert, wie leidenschaftlich und neugierig er sich für die Erschließung des Kinokontinents Asien einsetzte und die Karrieren von Regisseuren wie Zhang Ymou und Ang Lee lancierte, auch indem er selber nach China, Taiwan und Hongkong reiste, statt wie seine Kollegen nur Scouts loszuschicken.
Jungen hat Archive nach Dokumenten durchforstet, ausführliche Gespräche mit dem Ehepaar de Hadeln und zahllosen Wegbegleitern geführt, Rezeptionsgeschichten aus Festivalkritiken destilliert und politische und kulturelle Zusammenhänge komplex erschlossen. Statt sich chronologisch an den Festivaljahren entlangzuhangeln, schlägt er vor allem in den beiden Berliner Jahrzehnten thematische Schneisen durch die Fülle des Materials, setzt Schwerpunkte, wie die Versöhnung mit Hollywood, den Brückenschlag in den Osten, die Erschließung des asiatischen Kinos, aber auch die Skandale um „The Deer Hunter“ und „Stammheim“. Er erinnert daran, wie de Hadeln Stars wie Gregory Peck und James Stewart mit einem flugs erschaffenen Ehrenbären in die Mauerstadt lockte, wo sich der elegante Herr aus Hollywood dann auf der Bühne überrascht mit einem recht ungehobelten Herrn Fassbinder konfrontiert sah.
Immer wieder sind kleine amüsante Anekdoten in die seriöse Festivalgeschichtsschreibung eingestreut. Ja, tatsächlich soll es mal eine Zeit gegeben haben, in der der Konkurrenzdruck aus Berlin so groß wurde, dass in Cannes ernsthaft eine Verlegung in den Herbst erwogen wurde. Heute schwer vorstellbar.
Und da dieses Buch nun mitten in die hitzigen Debatten um die Nachfolge von Dieter Kosslik fällt, lassen sich hier durchaus ein paar Anregungen finden zu den Qualitäten, die ein Festivaldirektor mitbringen sollte. Andererseits haben sich die Zeiten in den 18 Kosslik-Jahren aber auch so stark gewandelt, dass ganz neue Fähigkeiten gefragt sind. In den Jahren des Kalten Krieges war das regierungsfinanzierte Festival im Herzen des geteilten Europas nicht nur Kulturereignis, sondern in starkem Maße auch diplomatisches Instrument. Da konnte es schon mal vorkommen, dass sich ein Jurymitglied vergewissert, dass es keinen Ärger gibt, wenn der Goldene Bär nach China geht, dass eine Vorführung von „Ninotchka“ im Rahmen der Lubitsch-Retro einen sowjetischen Boykott nach sich ziehen könnte, oder die sowjetische Delegation für ihre Teilnahme recht unverhohlen fordert, dass da schon ein Bär herausspringen müsse. Und war es für de Hadeln noch undenkbar, aus dem Land geschmuggelte Kopien chinesischer Filme zu zeigen, so ist es heute selbstverständlich, dass auf der Berlinale mit den verbotenen Filmen iranischer Regisseure ein Zeichen für die Kunstfreiheit gesetzt wird. Nachdem sich Christian Jungen vor drei Jahren bereits mit dem Festival von Cannes auseinandergesetzt hat (Hollywood in Canne$: Die Geschichte einer Hassliebe 1939 bis 2008) sollte er jetzt vielleicht zügig eine Analyse der Kosslik-Ära angehen, aus der es im Guten wie im Schlechten die richtigen Schlüsse zu ziehen gilt.
ANKE STERNEBORG
Der Brite Moritz de Hadeln leitete die Berlinale von 1980 bis 2001.
Foto: imago
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Wird nach Kosslik wie vor Kosslik? Pünktlich zur Berlinale-Debatte gibt’s die Biografie Moritz de Hadelns
Um es gleich vorauszuschicken: Der etwas großspurige Titel seines Buchs – „Mister Filmfestival“ (Rüffer und Rub, 29,80 Euro) – ist keine Wortschöpfung von Moritz de Hadeln. Der Autor bekennt sich im Vorwort selbst dazu, denn für den Schweizer Christian Jungen, Filmhistoriker, Filmkritiker und Filmredakteur der NZZ am Sonntag, ist sein Landsmann genau das: ein Mann, der den größten Teil seines Berufslebens als Leiter von fünf Filmfestivals bestritten hat, neben den 22 Jahren bei der Berlinale hat er noch in Venedig, Locarno und Montréal gewirkt und das Dokumentarfilmfestival in Nyon sogar selbst gegründet. Dabei versteht sich diese Biografie durchaus als Rehabilitation eines weithin ungeliebten Festivalleiters, sie ist ihm deutlich zugewandt, aber nicht gänzlich unkritisch.
De Hadeln war kein Charmeur und ganz sicher auch keine rheinische Frohnatur, er trat spröde und bisweilen auch grob auf, und dass er in der geteilten Stadt in besonderer Weise Zeichen für die Ost-West- Verständigung setzen musste, versteht sich von selbst. Aber es ist auch gut, dass dieses Buch daran erinnert, wie leidenschaftlich und neugierig er sich für die Erschließung des Kinokontinents Asien einsetzte und die Karrieren von Regisseuren wie Zhang Ymou und Ang Lee lancierte, auch indem er selber nach China, Taiwan und Hongkong reiste, statt wie seine Kollegen nur Scouts loszuschicken.
Jungen hat Archive nach Dokumenten durchforstet, ausführliche Gespräche mit dem Ehepaar de Hadeln und zahllosen Wegbegleitern geführt, Rezeptionsgeschichten aus Festivalkritiken destilliert und politische und kulturelle Zusammenhänge komplex erschlossen. Statt sich chronologisch an den Festivaljahren entlangzuhangeln, schlägt er vor allem in den beiden Berliner Jahrzehnten thematische Schneisen durch die Fülle des Materials, setzt Schwerpunkte, wie die Versöhnung mit Hollywood, den Brückenschlag in den Osten, die Erschließung des asiatischen Kinos, aber auch die Skandale um „The Deer Hunter“ und „Stammheim“. Er erinnert daran, wie de Hadeln Stars wie Gregory Peck und James Stewart mit einem flugs erschaffenen Ehrenbären in die Mauerstadt lockte, wo sich der elegante Herr aus Hollywood dann auf der Bühne überrascht mit einem recht ungehobelten Herrn Fassbinder konfrontiert sah.
Immer wieder sind kleine amüsante Anekdoten in die seriöse Festivalgeschichtsschreibung eingestreut. Ja, tatsächlich soll es mal eine Zeit gegeben haben, in der der Konkurrenzdruck aus Berlin so groß wurde, dass in Cannes ernsthaft eine Verlegung in den Herbst erwogen wurde. Heute schwer vorstellbar.
Und da dieses Buch nun mitten in die hitzigen Debatten um die Nachfolge von Dieter Kosslik fällt, lassen sich hier durchaus ein paar Anregungen finden zu den Qualitäten, die ein Festivaldirektor mitbringen sollte. Andererseits haben sich die Zeiten in den 18 Kosslik-Jahren aber auch so stark gewandelt, dass ganz neue Fähigkeiten gefragt sind. In den Jahren des Kalten Krieges war das regierungsfinanzierte Festival im Herzen des geteilten Europas nicht nur Kulturereignis, sondern in starkem Maße auch diplomatisches Instrument. Da konnte es schon mal vorkommen, dass sich ein Jurymitglied vergewissert, dass es keinen Ärger gibt, wenn der Goldene Bär nach China geht, dass eine Vorführung von „Ninotchka“ im Rahmen der Lubitsch-Retro einen sowjetischen Boykott nach sich ziehen könnte, oder die sowjetische Delegation für ihre Teilnahme recht unverhohlen fordert, dass da schon ein Bär herausspringen müsse. Und war es für de Hadeln noch undenkbar, aus dem Land geschmuggelte Kopien chinesischer Filme zu zeigen, so ist es heute selbstverständlich, dass auf der Berlinale mit den verbotenen Filmen iranischer Regisseure ein Zeichen für die Kunstfreiheit gesetzt wird. Nachdem sich Christian Jungen vor drei Jahren bereits mit dem Festival von Cannes auseinandergesetzt hat (Hollywood in Canne$: Die Geschichte einer Hassliebe 1939 bis 2008) sollte er jetzt vielleicht zügig eine Analyse der Kosslik-Ära angehen, aus der es im Guten wie im Schlechten die richtigen Schlüsse zu ziehen gilt.
ANKE STERNEBORG
Der Brite Moritz de Hadeln leitete die Berlinale von 1980 bis 2001.
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