In Earl's Diner, einem kleinen Restaurant, kreuzten sich schon vor über 30 Jahren die Wege dreier Paare aus Plainview im südlichen Indiana. Odette, deren Erinnerungen sich mit der Erzählerstimme des Romans abwechseln, verheiratet mit dem Polizisten James, Clarice, duldsame Ehefrau des chronisch
untreuen Richmond, und Barbara Jean, deren trostlose Jugend sie dazu brachte, eine Versorgungsehe mit…mehrIn Earl's Diner, einem kleinen Restaurant, kreuzten sich schon vor über 30 Jahren die Wege dreier Paare aus Plainview im südlichen Indiana. Odette, deren Erinnerungen sich mit der Erzählerstimme des Romans abwechseln, verheiratet mit dem Polizisten James, Clarice, duldsame Ehefrau des chronisch untreuen Richmond, und Barbara Jean, deren trostlose Jugend sie dazu brachte, eine Versorgungsehe mit dem zwanzig Jahre älteren Lester einzugehen. Die drei Frauen, seit einem gemeinsamen Ballbesuch die „Supremes“ genannt, sind seit ihrer Kindheit dicke Freundinnen. Jede der sechs Figuren kennt die Schwächen der anderen, überflüssig, sich noch gegenseitig etwas vorzumachen. - Die Handlung spielt in der Gegenwart, als Odette schon schwer erkrankt ist, und entwirrt die Beziehungen der drei Frauen in Rückblicken. Edward K. Moores Figuren sind farbig, in allen Hauttönen von Zimt bis Ebenholz. Außer Earl's Diner sind drei unterschiedliche baptistische Kirchen-Gemeinden Fixpunkte in der kleinen Stadt. Neben der üblichen kleinstädtischen Bigotterie bietet die Konkurrenz der Kirchen zusätzliche Anlässe, sich untereinander genauestens zu beäugen und übereinander zu klatschen. In Plainview zeugen Männer wie Clarices Vater außereheliche Kinder; wie auf Barbara Jean sieht die Gemeinde allein auf diese Kinder alleinstehender Mütter herab. Heiraten zwischen Schwarz und Weiß sind ebenso undenkbar wie der schwarze Earl, der einen Weißen in seinem Restaurant einstellt. Selbst wenn Ehen zwischen den Rassen nicht mehr verboten sind, klafft zwischen dem Erlaubten und dem, was man in Plainview riskieren kann, ein tiefer Graben. Die drei Supremes haben ihre prägenden Jugendjahre vor Martin Luther Kings Bürgerrechtsbewegung verbracht und können ihre Erziehung auch danach nicht so schnell ablegen. Als unerwartete Wendung hält die Geschichte Figuren bereit, die mit Verstorbenen kommunizieren können. Odette gehört schon der zweiten Generation an, in deren Haushalt spukende verstorbene Gattinnen amerikanischer Präsidenten kommende Schicksalsschläge verkünden. Odettes längst verstorbene herumspukende Mutter hat mich nachhaltig verwirrt; sie wird beschrieben, als sei sie noch am Leben. - Während eines beachtlichen Teils des Romans habe ich daran gezweifelt, ob er mehr als einen Einblick in kleinstädtische Verhältnisse zu bieten hat. Doch dann deckte Edward K. Moore Seite für Seite die erstaunliche Persönlichkeit Earls und seinen subtilen Einfluss auf die Beteiligten auf. Earl sorgte wie ein gütiger Vater mit großem Herzen nicht nur für Barbara Jean, auf die ein trostloses Leben allein mit einem wenig vertrauenswürdigen Stiefvater wartete. Auch für James und Chick, den Jungen, den sein gewalttätiger Bruder im Hühnerstall schlafen ließ, sorgte Earl unauffällig. Als Amerika nach dem Tod Martin Luther Kings landesweite Rassenkrawalle befürchtete, war Earl einer der wenigen, die ihr Geschäft geöffnet ließen. Welcher Einheimische würde einem Mann wie Earl etwas tun wollen? - Die unterschiedlichen Schicksale der drei Frauen und speziell das Leben von Chick, dem weißen Jungen aus üblen Verhältnissen, steuern zum Ende der Geschichte auf die Frage zu, was für Moores kleine Auswahlmannschaft aus Plainview Glück bedeutet – eine Familie, wirtschaftliche Sicherheit, Treue, die Anerkennung ihrer Mitbürger - oder ändert sich die persönliche Glücksvorstellung im Laufe des Lebens? - Ein anrührender Roman aus den die USA nachhaltig prägenden 60ern des vorigen Jahrhunderts, der in einigen Szenen für nichtamerikanische Leser haarscharf am Kitsch entlang laviert.