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Produktdetails
  • Verlag: MünchenVerlag
  • Seitenzahl: 192
  • Erscheinungstermin: 6. August 2010
  • Deutsch
  • Abmessung: 240mm
  • Gewicht: 848g
  • ISBN-13: 9783937090450
  • ISBN-10: 3937090452
  • Artikelnr.: 27959422
Autorenporträt
Gernot Brauer leitet eine PR-Agentur in München. Er war viele Jahre Unternehmenssprecher in der Automobilindustrie, Vizepräsident der Deutschen Public Relations Gesellschaft und lehrte an verschiedenen Universitäten und Akademien.

Brigitta Rambeck ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und lebt als freischaffende Künstlerin in München.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.04.2011

Ein Mythos, leicht verblasst
Von der Künstler-Bohème bis zu den Highlight-Towers: Gernot Brauer zeichnet in seinem Buch die Geschichte Schwabings nach
Schwabing – das ist ein großer Name, eine Verheißung, auf jeden Fall ein Viertel, das vom Glanz der Vergangenheit, von der Geschichte seiner prominenten Bewohner lebt. Wer hier wohnt, muss für den Mythos bezahlen, und zwar nicht nur, wenn er in einer der luxussanierten Altbauwohnungen am Englischen Garten residieren darf, wo der Quadratmeter dreimal so teuer ist wie in Trudering.
Die Künstler-Bohème, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts hier lebte und liebte, hat das Bild von Schwabing geprägt, das in seiner Substanz jedoch stärker von den Arbeitern und Bürgern, lange Zeit sogar von Bauern bestimmt worden ist. Um all diese Menschen geht es in einem Buch, das die Geschichte des größten Münchner Stadtviertels vor allem anhand der Bauten und Straßen erzählt. „München Schwabing – ein Zustand“ heißt der Titel. Er führt ein wenig in die Irre, weil der Autor zwar das bekannte Bonmot der Schriftstellerin Franziska zu Reventlow zitiert („Schwabing ist kein Ort, sondern ein Zustand“), aber selbst eher an der historischen Entwicklung als an der Gegenwart interessiert ist. Trotzdem lohnt sich die Lektüre.
In den Anfangskapiteln erzählt Gernot Brauer vom Dorf Suuapinga, das 782 erstmals urkundlich erwähnt wurde und später immer mal wieder in den Dokumenten der Freisinger Bischöfe auftaucht. Felder, Bäche, ein paar Höfe, kleinere Bauernhäuser, die alte Kirche St. Sylester – viel mehr ist da lange Zeit nicht, erst im 18. Jahrhundert siedeln sich immer mehr Handwerker an. Der Aufschwung Schwabings beginnt mit der Industrialisierung. Das Buch beschreibt anschaulich die Geschichte der 1842 gegründeten Wollwaren- und Mäntelfabrik von Johann Georg Frey, der am Englischen Garten produziert (erst in der Tivolistraße, später in der Nähe von Schloss Biederstein). Einen anderen Markt bedient der Unternehmer Anton Ritter von Maffei – er wird mit der Herstellung von Lokomotiven zu einer beherrschenden Figur. Das Buch zeigt, wie erst die Arbeiter die Bauern verdrängen, bevor dann das Bürgertum das neue Areal zwischen der Ludwig-Maximilians-Universität und der Münchner Freiheit für sich entdeckt.
In der Prinzregentenzeit wird Schwabing, erst seit 1890 ein Teil von München, zur „Kunststadt“. Laut Bauvorschrift muss jedes neue Mietshaus im Dachgeschoss Ateliers zur Nordseite ausweisen, die Künstler brauchen Platz und Luft. Im „Wahnmoching“ jener Jahre versammeln sich Geistesgrößen, Poeten und Visionäre, in der Akademie der Bildenden Künste wird der Nachwuchs ausgebildet, es gibt legendäre Salons und ausschweifende Gauklerfeste. Der wirtschaftliche Boom hält auch im 20. Jahrhundert an, als große Wohnanlagen in Nord- und in Westschwabing entstehen, der Mythos aber verblasst. In weiten Teilen ist Schwabing heute ein ganz normales, wenn auch exklusives Wohnviertel geworden, in dem die Bewohner vor allem ihre Ruhe haben wollen. Auch deshalb wirkt heute ein heiter-anarchischer Anti-Kommerz-Film wie „Zur Sache, Schätzchen“ (1967 mit Uschi Glas in der Hauptrolle gedreht) merkwürdig fremd.
Es fehlt in diesem Buch nichts, genau das ist auch seine Schwäche. Das Feinschmeckerlokal Tantris, die Buchhandlung Lehmkuhl, das Milchhäusl am Elisabethmarkt, die auch unterirdisch expandierende Münchner Rück, die schief abgesäbelten Highlight Towers, der neue Busbahnhof an der Münchner Freiheit – alles ist abgebildet, alles angerissen. Viel Stoff für knapp 200 Seiten. Aber so ist Schwabing eben: Es hat fast für jeden Geschmack ein Angebot.
Christian Mayer
Gernot Brauer, „München Schwabing“, München Verlag.
Münchner Seiten
Hermann Geiselers Gemälde „Schwabing bei Nacht“, der Dichter Frank Wedekind als „vermummter Herr“. Mitte: das Café Barer 61, unten: das alte Schwabingerbräu (heute Feilitzschstraße). Fotos: München Verlag, Rumpf (1)
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