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Erschöpft, gestresst,voller Angst, nicht gut genug zu sein Mutterschaft fordert und überfordert emotional viele Frauen. Sie kann der Beginn einer schleichenden Erkrankung der Seele sein, die wie ein Schatten auch auf das Leben der Kinder fällt: Depression. Was sind die Ursachen der oft chronisch verlaufenden, mitunter lebenslangen mütterlichen Depression? Was unterscheidet sie von anderenDepressionen? Was sind die Folgen? Anhand authentischer Stimmen von 400 Frauen und persönlicherErfahrungen erklärt Tracy Thompson das Phänomen aus neuester wissenschaftlicher Sicht. Ein Buch, das Frauen Hoffnung und Hilfe bietet, Wege aus der Depression zu finden.…mehr

Produktbeschreibung
Erschöpft, gestresst,voller Angst, nicht gut genug zu sein Mutterschaft fordert und überfordert emotional viele Frauen. Sie kann der Beginn einer schleichenden Erkrankung der Seele sein, die wie ein Schatten auch auf das Leben der Kinder fällt: Depression. Was sind die Ursachen der oft chronisch verlaufenden, mitunter lebenslangen mütterlichen Depression? Was unterscheidet sie von anderenDepressionen? Was sind die Folgen? Anhand authentischer Stimmen von 400 Frauen und persönlicherErfahrungen erklärt Tracy Thompson das Phänomen aus neuester wissenschaftlicher Sicht. Ein Buch, das Frauen Hoffnung und Hilfe bietet, Wege aus der Depression zu finden.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2007

Als würden wir mit Betonschuhen durch Wasser waten
Mutterschaft und Depression, das sind zwei Länder mit einer langen gemeinsamen Grenze: Tracy Thompson erklärt, warum / Von Manuela Lenzen

Eine Depression ist weder Einbildung noch Anstellerei - eine richtige Depression ist eine Krankheit, die behandelt werden muss: Dies ist heute Konsens. Doch obwohl Frauen häufiger unter Depressionen leiden als Männer, diese Frauen meistens zwischen 24 und 44 Jahre alt und damit im gebärfähigen Alter sind, wird kaum je thematisiert, dass ein großer Teil der depressiven Menschen Mütter sind. Depression und Mutterschaft, das scheint nur in den ersten Wochen nach einer Geburt möglich zu sein, als "Wochenbett-Depression", eine Art vorübergehendes Anpassungsproblem an die neue Situation. Doch die Realität sieht anders aus: "Mutterschaft und Depression sind zwei Länder mit einer langen gemeinsamen Grenze" - dies hat die Journalistin Tracy Thompson recherchiert, selbst depressive Mutter und Autorin eines in viele Sprachen übersetzten Buches über die Depression.

Viele Mütter, so Thompson, erkennen ihre Depression nicht, weil sie den Zustand chronischer Erschöpfung, gepaart mit Schlaf- und Essstörungen, Angst und Schuldgefühlen, für ganz normal halten. So ist das eben, wenn man jede Nacht mehrmals aufsteht, um den Säugling zu stillen, trotzdem früh raus muss, um die Großen in die Schule und die Kleinen in den Kindergarten zu bringen und, statt sich eine Mittagspause zu gönnen, Hausaufgaben beaufsichtigt, nebenbei den Haushalt erledigt und am besten auch noch einen Halbtagsjob hat.

Dazu kommt ein anderer Aspekt: Gerade wenn man die Depression als psychische Krankheit ernst nimmt, ist es für Mütter bedrohlich, sich und anderen gegenüber eine Depression einzugestehen, lässt sie doch Zweifel an den mütterlichen Fähigkeiten aufkommen. Dies gipfelt in der Furcht der leidenden Mutter, man könne ihr die Kinder wegnehmen, weil sie "verrückt" ist.

Thompson schildert eindrücklich, was es für die betroffenen Frauen bedeutet, beides eben doch zusammenzubringen. Einen "Job", der zu den anstrengendsten gehört, die man haben kann - "Mutterstress" nennt Thompson die Rund-um-die-Uhr-Belastung der Mutter und vergleicht sie mit dem Dauerstress des Managers -, und eine Krankheit, die die meisten Betroffenen sich danach sehnen lässt, allein zu sein, sich die Decke über den Kopf zu ziehen und gar nichts mehr zu tun.

Thompson zeigt, wie die Messlatte für eine "gute Mutter" immer höher gelegt wird. In den sechziger Jahren reichte es aus, die Kinder mit der Anweisung, zum Abendessen zurück zu sein, nach draußen zu entlassen. Heute leben wir, so Thompson, in einer Phase intensiver Bemutterung, die sich für die Mutter vor allem in einer Fragmentierung ihrer Zeit niederschlägt. Selbst eine so langweilige Sache wie das Bügeln lässt sich nicht einfach in einem Zug abschließen, ständig kommt etwas dazwischen, vom Naseputzen bis zu Mamas Taxidienst. Dauerstress ist bekanntlich ungesund, und das gilt auch für Mütter. Viele können damit umgehen, bei manchen werden depressive Neigungen verstärkt oder erst ausgelöst.

Thompson erzählt spannend und einfühlsam ihre Geschichte als depressive Mutter, die in einer Zwangseinweisung in die Psychiatrie gipfelt, und unterfüttert eigene Erfahrung mit Episoden aus dem Leben zahlreicher anderer Frauen, die sie für ihr Buch befragt hat, sowie mit Forschungsergebnissen aus Psychiatrie und Hirnforschung. Auf diese Weise ist ein aufrüttelndes Buch entstanden, das man kaum aus der Hand legen mag.

Wer Kinder hat, kann sich nicht einfach zurückziehen. Depressive Mütter kämpfen sich durch den Tag, "als würde man mit Betonschuhen durch Wasser waten", wie Thompson eine Betroffene zitiert. Dazu kommt die berechtigte Sorge um die Auswirkung der eigenen Erkrankung auf die Kinder, was wiederum Schuldgefühle verstärkt und den Glauben zementiert, man sei für nichts gut genug. Da lässt eine Frau ihre Kinder stundenlang fernsehen, weil es für die Kleinen doch besser sei, die netten Charaktere der Fernsehserien als die depressive Mutter um sich zu haben. Andere wissen nicht mehr weiter und töten sich selbst, weil die Familie "etwas Besseres verdient hat". Schlechten Gewissens beobachten depressive Mütter, wie Kinder die Schuld für die mütterliche Traurigkeit bei sich selbst suchen. Und freilich betrauern alle ihre depressiven Phasen als Verschwendung kostbarer Lebenszeit, in der sie eben nicht in der Lage sind, sich an ihren Kindern zu freuen und etwas mit ihnen zu unternehmen.

Depressionen haben, wie Thompson erläutert, ihre genetische Basis, werden aber massiv durch die Umwelt und vor allem die Handlungsmuster beeinflusst, mit denen sich Kinder konfrontiert sehen. So können Depressionen von einer Generation an die nächste weitergereicht werden. Kindliche Depressionen kommen schon bei Zweijährigen vor. Doch Thompsons Buch berichtet nicht nur von Verzweiflung, Trauer und ihren physiologischen Grundlagen. Depression, so ihre wichtigste Botschaft, ist kein Schicksal, sondern eine Krankheit, und sie ist heute so gut zu behandeln wie nie zuvor. Durchschaute Handlungsmuster können erkannt und durchbrochen werden. Wenn man auch die Genetik nicht zu ändern vermag, so kann die depressive Mutter ihren Kindern doch vorleben, wie man mit der Krankheit konstruktiv umgehen kann. Wie das aussieht, von Medikamenten über Sport bis zum Gebet, erläutert Thompson im letzten Teil des Buches. Gelingt dieser Durchbruch, so ihre tröstliche Erkenntnis, ist die depressive Mutter nicht nur eine erträgliche, sondern eine gute Mutter, durch das Einfühlungsvermögen, das ihr die Erkrankung ermöglicht, vielleicht sogar eine bessere. Thompson hat ein gut fundiertes, aber kein trocken-wissenschaftliches Werk geschrieben. Vor allem ist es ein einfühlsamer Appell: Es lohnt sich, etwas zu tun.

Tracy Thompson: "Mütter und Depression". Ursachen und Auswege. Aus dem Amerikanischen von Sonja Schuhmacher. Patmos Verlag, Düsseldorf 2007. 200 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mutterschaft hat Depression zur Folge, und zwar öfter und anhaltender, als man denkt. Über bloße postnatale Stadium geht die Depression dabei weit hinaus, auf diesen Sachverhalt will die Psychologin Tracy Thompson, die selbst Mutter ist und an einer schweren Form der Erkrankung litt, mit diesem Band hinweisen. Erklärungen muss man gar nicht weit herholen: Mütter stehen unter "Dauerstress", haben oft genug das eigene Leben zu organisieren und das des Kindes und der Familie. Die Erwartungen sind hoch, die Kräfte sind endlich. Und an ihrem Ende steht der Wunsch, nichts mehr zu tun, sich zu verkriechen, in manchem Fall auch der Selbstmordversuch. Wichtig ist Thompson die Erkenntnis, dass Depressionen "heute so gut zu behandeln [sind] wie nie zuvor", dass es Möglichkeiten gibt, sich "konstruktiv" mit der Erkrankung auseinanderzusetzen. Die Rezensentin Manuela Lenzen lobt das Buch als "einfühlsamen Appell", der "gut fundiert" sei, aber keineswegs "trocken-wissenschaftlich".

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