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mundfauler staub ist nach zahlreichen Gedichtbänden, die Arne Rautenberg bereits vorgelegt hat, eine feine Sammlung ameisenschwarz glänzender Pillen. Seine Wortbilder lassen sich betrachten wie Wandkarten, Herbarien, Insektenkästen in einem düsteren Gebäude. Doch plötzlich gerät alles in Bewegung. Staunend stellen wir fest, dass ihr Hüter seine Wortwunder fast unbemerkt gedreht und gewendet hat, wie in einem Kaleidoskop, alles ist völlig neu und wunderbar überraschend. Leuchtend beginnen die Pillen zu wirken.

Produktbeschreibung
mundfauler staub ist nach zahlreichen Gedichtbänden, die Arne Rautenberg bereits vorgelegt hat, eine feine Sammlung ameisenschwarz glänzender Pillen. Seine Wortbilder lassen sich betrachten wie Wandkarten, Herbarien, Insektenkästen in einem düsteren Gebäude. Doch plötzlich gerät alles in Bewegung. Staunend stellen wir fest, dass ihr Hüter seine Wortwunder fast unbemerkt gedreht und gewendet hat, wie in einem Kaleidoskop, alles ist völlig neu und wunderbar überraschend. Leuchtend beginnen die Pillen zu wirken.
Autorenporträt
Arne Rautenberg, geboren 1967 in Kiel, studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Volkskunde und lebt als Künstler, Kulturjournalist und Autor von Gedichten, Romanen, Kurzgeschichten, Essays und Hörstücken in Kiel. 2002 erschien bei Hoffmann und Campe sein Roman "Der Sperrmüllkönig", 2009 der Gedichtband "gebrochene naturen", luxbooks, und 2010 bei Boje ein Band mit Gedichten für Kinder "der wind lässt tausend hütchen fliegen". Rautenberg wurde mehrfach ausgezeichnet und erhielt u. a. 2002 den Publikumspreis beim Christine-Lavant-Lyrikwettbewerb.

Arne Rautenberg, geboren 1967, ist Autor und Künstler und lebt in seiner Geburtsstadt Kiel. Für seine Arbeiten erhielt er eine Vielzahl von Stipendien. Er schreibt Gedichte, Romane, Kurzgeschichten, Essays und arbeitet für diverse Feuilletons.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.06.2013

Vergiss die Kettensäge nicht
Die apokalyptischen Gedichte von Arne Rautenberg

An dem Lyriker Arne Rautenberg ist die literaturbetriebliche Aufregung um die junge deutsche Lyrik weitgehend vorbeigegangen. Aber es kann ja auch von Vorteil sein, nicht so richtig dazuzugehören. Abseits der literarischen Metropolen, im entlegenen Kiel, konnte so in den letzten Jahren in aller Ruhe ein vollkommen eigenständiges, umfangreiches Kunstwerk gedeihen, zusammengesetzt vor allem aus Gedichten, die mittlerweile in einer Vielzahl von Bänden vorliegen, dann aber auch aus Kunstinstallationen, Schriftarrangements, Papiercollagen.

Der ästhetische Kern sowohl der Gedichte als auch der bildenden Kunst Rautenbergs liegt im Sinn für das materiell Abgenutzte, dessen verborgene Anmutungsqualität im künstlerischen Produkt geborgen, gewürdigt, ja gefeiert wird. In seinen "Papierarbeiten" etwa, die sich auf seiner Website betrachten lassen, wird das unverstellt sichtbar: Was hier aus dem Inhalt eines gefüllten Papierkorbs zusammengeschnitten, -geklebt und -getackert wird, ist von unerwarteter, oft bizarrer Schönheit. In formelhafter Verdichtung bezeichnet der Titel seines bislang einzigen Romans, "Der Sperrmüllkönig" (2002), ein ganzes Set an künstlerischen Verfahren, die noch aus dem Geringsten, dem Weggeworfenen, die hellsten Funken schlagen.

Mit seinem jüngsten Gedichtband "mundfauler staub" leitet Rautenberg, so scheint es, eine neue Werkphase ein. Zwar findet sich auch in ihm das wortartistische, bisweilen komische Spiel mit unterschiedlichen Versatzstücken des modernen Alltagslebens. Vieles darin aber ist getragen von einem sehr viel dunkleren Grundton. Ob Rautenberg in seinen Gedichten über die Liebe in Zeiten des Internet nachdenkt ("skype ist nicht das gleiche / es fehlt das warme das weiche / das streichen über dein haar"), über den online-vernetzten Kapitalismus ("am rechner verfolgst du den / klick nach mehr geld") oder sich mit "ner kettensäge" ins "teletubby-land" aufmacht, "wo alles zweimal zerschnitten wird / zerspringt" - all diese Schilderungen sind vor dem Hintergrund einer apokalyptischen Weltsicht zu lesen. Die überdrehte Gegenwartskultur, die Rautenberg in immer neuen Konstellationen eher aggressiv als larmoyant umreißt, scheint ausweglos am Abgrund zu stehen: "wie alles weitergeht wie alles funktioniert / wie alles schneller wird sich aufheizt" - die Klimax endet mit dem Wort "explodiert", das in seine einzelnen Buchstaben zerfetzt über das Papier verteilt ist: ein visueller Knalleffekt. Ein anderes Gedicht widmet sich dann unumwunden der Reaktorkatastrophe von Fukushima.

Mit Blick auf das anstehende Weltende stellt sich die Frage nach der Zeitlichkeit des Daseins mit anderer, neuer Brisanz. Auf die Ewigkeit, so viel scheint klar, sollte sich jedenfalls keiner verlassen, denn: "unsterblichkeit hält dicht dicht dicht / und offenbart sich nicht nicht nicht". Mit der marschliedartigen Einhämmerung dieser schlichten Einsicht nähert sich der Gegenwartsdichter fast schon einer frühneuzeitlichen Vorstellung - der Vorstellung von der Vergeblichkeit des menschlichen Tuns und Treibens im Angesicht einer allumfassenden Vergänglichkeit, kurz: der Vanitas. Zwar kommt dieser Gedanke hier ohne jeden metaphysischen, womöglich gar religiösen Überbau daher; die Beunruhigung aber bleibt: "nur der zeiger der uhr macht / tick und er zählt".

Aber ist die profanisierte Bilderwelt des "Weltendes", das kulturkritische Begriffsinventar einer modernen Welt, die vollends "aus den Fugen" geraten ist, für Rautenberg nicht vielleicht doch nur ein weiteres, rein ästhetisch zu begreifendes Arbeitsmaterial, seine Gedichte daher vielleicht ironisch zu verstehen? Vielleicht, seine Verse aber lassen das in der Schwebe. Wir müssen also warten - und das, wie es momentan aussieht, weniger auf das Ende aller Tage als auf weitere Gedichte aus der norddeutschen Peripherie.

KAI SINA

Arne Rautenberg: "mundfauler staub".

Edition Voss im Horlemann Verlag. Berlin 2012. 92 S., br., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Kai Sina freut sich über Gedichte von der norddeutschen Peripherie. Dass die Kunst des Arne Rautenberg abseits des Literaturbetriebs so gut und eigenständig gedeihen konnte, scheint Sina symptomatisch. Mit dem vorliegenden Band sieht er eine neue Werkphase des früher mit Alltagsversatzstücken munter collagierenden Autors eingeläutet. Vom Weltende scheinen ihm die Text zu künden, allerdings eher aggressiv, nicht larmoyant, und mitunter sogar mit visuellem Knalleffekt, wie Sina feststellt. Ob der Autor sein Spiel mit Apokalypse und Vanitas ironisch verstanden wissen will, weiß der Rezensent allerdings nicht zu sagen.

© Perlentaucher Medien GmbH