Tausende Touristen aus aller Welt strömen jedes Jahr in die bayerische Landeshauptstadt, tausende englische Muttersprachler wohnen hier. Für sie gibt es jetzt endlich eine handliche Geschichte Münchens. Verfasst wurde sie vom englischen Journalisten Paul Wheatley.Er fasst die ereignisreiche Geschichte Münchens von der Gründung bis zur Gegenwart in einem chronologischen Teil zusammen. Ein zweiter, thematischer Teil widmet sich ausführlich den Aspekten, für die München in aller Welt berühmt ist: Bier, Fußball, Kunst usw. Abgerundet wird die historische Darstellung durch Interviews u.a. mit Ian Kershaw (Historiker und Autor), Dr. Michael Stephan (Direktor der Stadtarchivs München), Prof. Wolfgang Heckl (Direktor des Deutschen Museums).
„Munich. From Monks to Modernity“ – lesenswert nicht nur für Briten
München nicht nur sehen – sondern die Stadt auch verstehen. Ein schöner Anspruch. Wer ihn einlöst, erlebt sein Touristenziel gleich viel intensiver. Verstehen, das ist ganz wörtlich gemeint. Englischsprachige Reisende finden in den hiesigen Buchhandlungen ein ganze Anzahl von übersetzten Büchern und Broschüren. Man kann sich also als Besucher oder als hier lebender Bürger aus dem Ausland gut einlesen und auf die Stadt vorbereiten, auch wenn man kein Deutsch kann.
Das gerade erschienene Buch mit der flotten M-Folge im Titel („Munich. From Monks to Modernity“) des englischen Autors und Journalisten Paul Wheatley ragt aus den Stapeln mit fremdsprachigen München-Büchern deutlich heraus. Dabei geht es nicht um den klassischen Reiseführer im Häppchenstil. Listen von Sehenswürdigkeiten oder gerade angesagten Gastronomiebetrieben findet man nicht. München stellt er nicht als Szenemetropole dar, mit all den wichtigen Hotspots und In-Vierteln, wie das hin und wieder in englischen oder amerikanischen Zeitungen zum Thema wird.
Der Autor will in erster Linie seriös über die Stadt und ihre Facetten informieren. Wheatley hat nicht mal kurz die Stadt besucht und dann oberflächliche oder bestenfalls witzige Kommentare zu seinen Eindrücken von sich gegeben. Vor ein paar Jahren hat er sich hier niedergelassen. Er habe das echte Deutschland kennenlernen wollen, um bei den Menschen in Großbritannien Vorurteile abzubauen, sagt er – vor allem deren „Besessenheit vom Krieg“. Klar, „Hauptstadt der Bewegung“, Weißwurst, Lederhosen, das alles ist München. Aber die Stadt ist mehr als die Summe von Klischees.
Zwei Teile hat das Buch. Einmal die Ausführungen über die 850-jährige Geschichte der Stadt. Dann die Bereiche, die aus Sicht des Autors die Stadt charakterisieren und für die sie geschätzt wird: Kunst und Architektur, Industrie und Wirtschaft, aber auch Bier und Fußball. Mit Spaß hat sich Wheatley durch die Geschichte der Brauereien und der beiden Traditionsvereine Bayern München und TSV 1860 („Munich’s Finest“) gearbeitet. Dass die Löwen im Text einmal als „Sechsger“ durchgehen, ist eine lässliche Sünde. Bayerisch ist für einen Engländer halt gar nicht so leicht.
Alfred Dürr
Munich. From Monks to Modernity. Paul Wheatley, 216 Seiten. Volk Verlag München, 19,90 Euro.
Stadt und Bauten: „A number of 1860 Munich fans are unhappy to have to call it home“ (re.) „Manifesting an image of an open democratic Germany“ (li.) Fotos: cath,sru
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