Das Museum Schnütgen besitzt eine der bedeutendsten Mittelalter-Sammlungen christlicher Kunst Europas, mit einem besonderen Fokus auf dem Rheinland. Es ging hervor aus der enzyklopädischen Privatsammlung des Stifters Alexander Schnütgen und der späteren Verschmelzung mit Teilen der Bestände des
Wallraff-Richartz-Museums und des Kunstgewerbemuseums, die im Gegenzug die mittelalterlichen Gemälde und…mehrDas Museum Schnütgen besitzt eine der bedeutendsten Mittelalter-Sammlungen christlicher Kunst Europas, mit einem besonderen Fokus auf dem Rheinland. Es ging hervor aus der enzyklopädischen Privatsammlung des Stifters Alexander Schnütgen und der späteren Verschmelzung mit Teilen der Bestände des Wallraff-Richartz-Museums und des Kunstgewerbemuseums, die im Gegenzug die mittelalterlichen Gemälde und Alltagsgegenstände erhielten. Heute befindet sich die Dauerausstellung in der romanischen Cäcilienkirche, wobei nur ein Ausschnitt aus dem über 13000 Objekte umfassenden Bestand gezeigt werden kann.
Das „Handbuch zur Sammlung“ stellt keinen vollständigen Bestandskatalog dar, sondern steht in der Tradition des an eine breite Öffentlichkeit gerichteten Auswahlkatalogs von Hermann Schnitzler, der allerdings 1968 das letzte Mal erschien. Es wurde also höchste Zeit für eine Aktualisierung.
Auch wenn die Bezeichnung „Handbuch“ etwas anders nahelegt, präsentiert sich der Katalog in einem ganz und gar unhandlichen, fast schon Halbfolioformat, das den einzelnen Objekten viel Raum für eine angemessene Wirkung lässt. Die Zielrichtung ähnelt damit der Dauerausstellung, die ebenfalls keine enzyklopädische Vollständigkeit, sondern eine optimale Präsentation und Wirkung beabsichtigt (anders als die ursprünglich sehr überladene Aufstellung, die noch Alexander Schnütgen persönlich inszenierte). Das Handbuch ist chronologisch aufgebaut und lässt damit auch den Leser an kunstgeschichtlichen Entwicklungen teilhaben, sowie Stilentwicklungen und Typologien erkennen. Die technisch und ästhetisch makellosen Abbildungen zeigen oft auch Details und Rückseiten, wodurch sich frühere Nutzung oder Konstruktionen erschließen. Erfreulich umfangreich sind die Kommentierungen, die thematisch auch in die Tiefe gehen, ohne je weitschweifig zu sein. Problematisch ist die fast immer fehlende Provenienzgeschichte, die sich meistens auf den Erwerb im Kunsthandel beschränkt und damit regional kaum Informationen bietet. Die Autoren erklären sehr gut nachvollziehbar, wie sich Datierungsvorschläge und regionale oder künstlerische Zuschreibungen im Lauf der Zeit geändert haben, welche Vergleiche für die Argumentation herangezogen wurden und wie der aktuelle Stand der Forschung ist. Da mittelalterliche Kunst fast immer religiös geprägt ist, kommen natürlich auch liturgische Aspekte und Volksfrömmigkeit mit ins Spiel. Ungewöhnlich für eine an Laien gerichtete Publikation ist die sorgfältige Behandlung des Themas „Originalität“. Gerade Objekte aus religiösem Kontext wurden immer wieder restauriert, überarbeitet und verändert, was die Autoren stets vermerken. In Kombination mit den ausgezeichneten Fotos lernt der Betrachter solche Spuren selber zu lesen, was auch bei anderen Museumsbesuchen zum genaueren Hinsehen einlädt. Eine ausführliche Bibliografie beschließt die einzelnen Kapitel.
Das „Handbuch“ ist aufgrund seines Formats eher weniger geeignet, um vor Ort wie ein Museumsführer genutzt zu werden, aber es ist eine umfassende, fachlich aktuelle und vor allem sehr anschauliche Quelle für die Vorbereitung eines Besuchs, der über das reine Bewundern der Exponate hinaus geht.