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Über Iris Hanikas ersten Band in der edition suhrkamp Das Loch im Brot schrieb Die Zeit: "Obgleich ihr Buch ein geradezu unverzichtbares Brevier für die Forty-Somethings ist, kann der Leser nicht auf praktische Wahrheiten hoffen." Für Musik für Flughäfen gilt das erst recht: Die Wahrheit sucht die Autorin nicht, aber die Wirklichkeit läßt sie nicht los. Die beobachtet sie übergenau. Zudem ist sie eine unerschrockene Erforscherin des Liebeslebens unter den Bedingungen von Großstadt, Hysterie und Völkerwanderung.

Produktbeschreibung
Über Iris Hanikas ersten Band in der edition suhrkamp Das Loch im Brot schrieb Die Zeit: "Obgleich ihr Buch ein geradezu unverzichtbares Brevier für die Forty-Somethings ist, kann der Leser nicht auf praktische Wahrheiten hoffen." Für Musik für Flughäfen gilt das erst recht: Die Wahrheit sucht die Autorin nicht, aber die Wirklichkeit läßt sie nicht los. Die beobachtet sie übergenau. Zudem ist sie eine unerschrockene Erforscherin des Liebeslebens unter den Bedingungen von Großstadt, Hysterie und Völkerwanderung.
Autorenporträt
Iris Hanika, geboren 1962 in Würzburg, lebt seit 1979 in Berlin. Sie war feste Mitarbeiterin der Berliner Seiten der "FAZ" und führte eine Chronik im "Merkur". 2006 erhielt Iris Hanika den Hans Fallada Preis und 2011 den Preis der LiteraTour Nord.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.09.2005

Kein Exit für Transitpassagiere
Schleifen über der Landebahn: Kurze Texte von Iris Hanika

Iris Hanikas "Musik für Flughäfen" ist kein Sampler mit globalem Chill-out-Sound - obwohl Brian Eno mit "Music for Airports" 1978 die Ambient Music erfand, deren Understatement später in Lounges mit schwerem Ledermobiliar Karriere machen sollte. Die 1962 geborene Autorin ist kein DJ wie manche Popautoren mit ihren Alben und Remixes. Eher sieht sich Hanika als Flugabschnittsbegleiterin in der Ü-40-Klasse und posiert deshalb in Stewardessen-Montur, bevor sie uns ihre feuilletonistischen Texthappen serviert, in denen es meistens um die Liebe geht - wobei die "Happy Landings" rar bleiben.

Locker arrangierte Beobachtungen, Reflexionen und Geschichten - so ließ sich schon Hanikas erstes Buch "Das Loch im Brot" (2003) an. Beim Cruisen zwischen Essays und kleiner Prosa in dem schmalen Bändchen könnte die Zeit also wie im Flug vergehen. Doch obwohl der Titel von neuen Ufern der Globalisierung zu künden scheint, bedient eigentlich nur ein kleiner Text über das Reisen diese Erwartung. Und der endet mit einem Zirkelschluß: Auch die fremdeste Fremde wird Gewohnheit und Anlaß zu erneutem Aufbruch. Außerdem wird das Medienverhalten der Jugend betrachtet, und einmal fährt die Ich-Erzählerin aufs Land, wo die Kirche erwartungsgemäß im Dorf geblieben ist. Ansonsten ist das Lebensgefühl noch immer vom alten West-Berlin geprägt, und das gegenseitige Umkreisen von Mann und Frau steht im Mittelpunkt.

"Und die Liebe tut ihm weh wie seinen Ahnen der Hunger", heißt es in einem Essay über die aktuelle condition humaine des Großstädters. Stimmt. Doch der ausgeprägte Sinn der Autorin für die paradoxe menschliche Psyche kristallisiert sich selten in so klaren Worten. Mag sein, daß die Unangestrengtheit der Sprache auf einer Idee von Literatur basiert, die sich selbst nicht so wichtig nimmt - immerhin ist dem Buch ein Zitat von Robert Walser vorangestellt, dem Kronzeugen einer "kleinen Literatur" -, trotzdem bedürfte es einer genuinen Form. Potential ist da, wo etwa in den Erzählungen die Mechanismen einer sogenannten eingespielten Beziehung beklemmend genau beschrieben werden oder wenn experimentell und nach dem "Lola rennt"-Prinzip verschiedene Handlungsalternativen durchgespielt werden. Durchgearbeitet ist das aber nur selten.

Wiederum ein Experiment, ein zwischenmenschliches allerdings, beschreibt die gelungenste Erzählung: Frau Kerner und ein Mann, der ihr Chef zu sein scheint, legen sich in einem seltsamen Ritual bekleidet aufeinander, auf seinen Wunsch und in ihrer Privatwohnung. Und wie sie da so liegen, haben sie ein paar schüchterne sexuelle Empfindungen, während sie sich weiter brav siezen. Sonst passiert nichts. Doch dieser "Liebesversuch" trifft in seiner Tragikomik präzise in die Mitte zwischen Gesellschaftskritik und Loriot. Leider bleibt das ein seltener Hit in einem Buch, in dem viele kleine Singles um sich selber kreisen.

Schade, der Vorgänger "Das Loch im Brot" hatte eigentlich Hunger auf mehr gemacht; gern hätte man sich den einen oder anderen Lufthansa-Snack nachreichen lassen. Aber "Musik für Flughäfen" hat mit gepflegter Langeweile nicht viel zu tun, statt dessen steht der Autopilot auf Blues in Endlosschleife. Nicht nur, als die Ich-Erzählerin zum Flughafen fährt, um dem Geliebten wider alle Wahrscheinlichkeit doch noch anzutreffen: "Weil der Flughafen Tegel ringförmig angelegt ist, kann man dort endlos verzweifelt sein."

JUDITH LEISTER

Iris Hanika: "Musik für Flughäfen". Kurze Texte. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2005. 123 S., br., 8,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

"Eigensinnig und betörend", findet Wolfgang Lange Iris Hanikas "kleines aber feines" Buch mit zwanzig Versuchen über ein großes Thema, die Liebe. Für die Autorin sei die Liebe unvermeidlich eine unglückliche Affäre, gefährlich und unabsehbar wie der freie Markt. Dem Rezensenten kommt das ein wenig desillusioniert vor. Hanika sei zwar weder romantisch noch sehnsüchtig, jedoch gelinge es ihr zum Erstaunen des Rezensenten immer wieder, ausgehend von realen Erlebnissen mit Stil und Treffsicherheit schöne Momente einer Liebesgeschichte zu schildern. Formell sei Hanika vielfältig. So wechselt sie unter anderem zwischen "dramatischen Szenen", "tagebuchartigen" Einträgen, biografischen Skizzen und "Tagträumereien" ab, was dem Rezensenten offensichtlich gefällt. Ebenso positiv vermerkt er den Tonfall der Stücke, der "recht keck, nicht selten frech und ein wenig vorlaut" daherkommt und sich durch das ganze Buch zieht. Manchmal klinge das glücklich, manchmal "verquer". Zum Schluss bedankt sich Lange artig bei Hanika, dieses Werk verfasst zu haben.

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