Die Abgründe der Popmusik: Von schrottiger und guter und der heute üblichen Abwertung aller Musik wissen die Co-Autoren versiert zu berichten. Sie kennen und belichten den an seiner Digitalisierung gescheiterten Musikmarkt und dessen Abgründe sehr genau. Genussvoll analysieren sie am Beispiel eines Generationenkonflikts den Müllstatus, den Popmusik 2012 eingenommen hat.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.04.2013Verdächtiges Streaming
Pop sei "die künstlerische Ausdrucksform der freien Marktwirtschaft", schreiben der Musiker Hans Platzgumer und der Journalist Didi Neidhart: "Mit ihr ist er entstanden, gewachsen. Mit ihr wird er sterben. Und das in absehbarer Zeit." Das kleine Buch der Österreicher liefert eine Krisendiagnose des Pop im Zeitalter seiner speichertechnischen Reduzierbarkeit. So ist heute viel mehr Musik verfügbar, weil sie sich mit digitalen Mitteln schneller produzieren und auf digitalen Wegen weiträumiger verbreiten lässt. Statt an das Medium der Platte, Kassette oder CD gebunden zu sein, beansprucht Musik nicht einmal mehr Speicherplatz als Datei, wenn sie über einen der Streamingdienste gehört wird, die Zugriff auf Millionen Titel bieten. Doch die Fülle überfordere die Hörer, fürchten die Autoren, und die Allverfügbarkeit entwerte die Musik, weil Stücke nur noch angespielt statt wirklich wahrgenommen würden. Im Anspielen von Themen macht es der launige Essay "Musik ist Müll" freilich auch nicht viel anders zwischen Rechtskritik ("Der Verweis auf geistige Besitzansprüche ist nichts anderes als ein Willkürakt"), Unbehagen am Heimatland ("Popo der Weltmusik") und ungelenk formulierter Renitenz ("Es gäbe vielfältige musikalische Architekturen, um Soundscapes zu okkupieren"). Damit wird der Band selbst zu - nein, nicht Müll, aber zu einem Werk, dem man bei der Entstehung mehr Zeit zum sorgfältigen Nachdenken gewünscht hätte. (Hans Platzgumer und Didi Neidhart: "Musik ist Müll". Essay. Limbus Verlag, Innsbruck 2012. 127 S., geb., 10,- [Euro].) grae
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Pop sei "die künstlerische Ausdrucksform der freien Marktwirtschaft", schreiben der Musiker Hans Platzgumer und der Journalist Didi Neidhart: "Mit ihr ist er entstanden, gewachsen. Mit ihr wird er sterben. Und das in absehbarer Zeit." Das kleine Buch der Österreicher liefert eine Krisendiagnose des Pop im Zeitalter seiner speichertechnischen Reduzierbarkeit. So ist heute viel mehr Musik verfügbar, weil sie sich mit digitalen Mitteln schneller produzieren und auf digitalen Wegen weiträumiger verbreiten lässt. Statt an das Medium der Platte, Kassette oder CD gebunden zu sein, beansprucht Musik nicht einmal mehr Speicherplatz als Datei, wenn sie über einen der Streamingdienste gehört wird, die Zugriff auf Millionen Titel bieten. Doch die Fülle überfordere die Hörer, fürchten die Autoren, und die Allverfügbarkeit entwerte die Musik, weil Stücke nur noch angespielt statt wirklich wahrgenommen würden. Im Anspielen von Themen macht es der launige Essay "Musik ist Müll" freilich auch nicht viel anders zwischen Rechtskritik ("Der Verweis auf geistige Besitzansprüche ist nichts anderes als ein Willkürakt"), Unbehagen am Heimatland ("Popo der Weltmusik") und ungelenk formulierter Renitenz ("Es gäbe vielfältige musikalische Architekturen, um Soundscapes zu okkupieren"). Damit wird der Band selbst zu - nein, nicht Müll, aber zu einem Werk, dem man bei der Entstehung mehr Zeit zum sorgfältigen Nachdenken gewünscht hätte. (Hans Platzgumer und Didi Neidhart: "Musik ist Müll". Essay. Limbus Verlag, Innsbruck 2012. 127 S., geb., 10,- [Euro].) grae
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