Zeitgenössische Musik ist fragwürdige Musik. Sie zieht sich selbst in Zweifel. Eine Philosophie solcher Musik muss diesen Zweifel aufnehmen und fragen, wie Musik heute als Kunst möglich ist. Sie muss die Bedingungen und Problemhintergründe, die begrifflichen Grundlagen und technischen Potenziale der gegenwärtigen Musikproduktion durchdenken.In Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen der Komposition und Kunsttheorie erarbeitet Christoph Haffter eine Konzeption des musikalischen Werks, die es an das ästhetische Urteil und an die historischen Tendenzen des Materials bindet. Sie verknüpft auf diese Weise Einsichten der philosophischen Ästhetik im Ausgang von Immanuel Kant mit den kritischen Einwänden des historischen Materialismus in der Nachfolge von Karl Marx und greift darin das Programm der Musikphilosophie Theodor W. Adornos wieder auf. Für diese Verbindung von Musikästhetik und kritischer Reflexion der Gegenwart steht der Begriff eines Musikalischen Materialismus.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.05.2024Sollte ein Klavierkonzert schlichtweg nicht mehr zu schreiben sein?
Wie sich ästhetische Erfahrung überzeugend verteidigen lässt: Christoph Haffter legt eine bestechende Untersuchung zur Kunstmusik der Gegenwart vor
Unter musikalischem Materialismus mag man sich allerlei vorstellen. Der Philosoph Christoph Haffter behandelt jedoch nicht etwa die ökonomischen oder ökologischen Grundlagen der zeitgenössischen Musik. Ihm geht es auch nicht um alles, was heute so erklingt, sondern um das, was man einst mit einer heroischen Majuskel "Neue Musik" nannte. Die Kunstmusik der Gegenwart, diagnostiziert Haffter, stecke "in einer Krise, weil sie selbst an ihrer eigenen Möglichkeit" zweifele. Die Pointe des Buchs ist - um das vorwegzunehmen -, dass gerade dieser beharrliche Zweifel ihr eigentlich produktiver Grund ist, gerade die Fragwürdigkeit ihr Daseinsrecht begründet.
Das ist etwas verknappt angesichts einer überaus differenzierten und von stupender Kenntnis sowohl ästhetischer Diskurse als auch musikalischer Phänomene zeugenden Argumentation, die sich zwar zuweilen ins dialektische Heckenlabyrinth zu verlieren scheint, doch den großen Zusammenhang stets im Blick behält. Haffter geht von zwei markanten Positionen aus: einerseits Kants ästhetischem Urteil, andererseits Adornos Begriff des künstlerischen Materials, der ja vor allem an der Musik seiner Zeit entwickelt wurde. Beide finden zusammen im musikalischen Kunstwerk, das aus dem Stand des Materials jene konkrete Fügung entwickelt, über die ästhetisch geurteilt wird.
Haffters Begriff des Materialismus zielt somit auf die Situiertheit auch des Denkens und der Kunst in einer von Ungleichheit und Ausbeutung gezeichneten Gesellschaft, aber auch auf das von diesen gesellschaftlichen Spuren durchsetzte Material der Gegenwartsmusik, die in ihrer Autonomie die "habitualisierten Schemata der Einbildungskraft ins Tanzen" bringt.
Diesen Voraussetzungen der Argumentation ließe sich eine konservative Tendenz unterstellen: Sind nicht Kunstwerk, Materialfortschritt, ja der Begriff der Kunst in unserer postkonzeptuellen, transmedialen Gegenwart längst fragwürdig geworden, hat nicht die Konzeptkunst in der Musik Autonomie und ästhetische Erfahrung ausgehebelt? Haffter kennt alle diese Argumente, und dennoch gibt die Arbeit keinen Fußbreit Boden preis, wenn es um die Verteidigung ihrer argumentativen Grundpositionen geht.
Diese Verteidigung geschieht flüssig und dialektisch: So wie bei Kant die ästhetische Lust daraus entsteht, dass die Erfahrung des Kunstwerks nicht auf den Begriff zu bringen ist und doch von den Begriffen umtanzt wird, so wird auch der ästhetische Materialismus von der Permanenz der Selbstbefragung des Materials durch die Form und vice versa geprägt; wechselseitig heben beide ihr Allgemeines (die Abstraktheit der Form, die Gegebenheit des Materials) ins Besondere des Kunstwerks auf, das sich begrifflich nur noch fassen lässt als Antwort auf eine Frage, die es selbst gestellt hat.
Von hier entwickelt Haffter, nochmals ausgehend von Kant, aber dessen Kunstverständnis als allzu bieder kritisierend, mit Friedrich Schlegel ein Verständnis des Kunstwerks als Fragment: Tradition, Gattung, Musiksprache, sie alle sind dahin, sodass noch in der scheinbar in sich geschlossenen materialen Form des Werks das Vorläufige, Fragwürdige, Unrunde und Offene einer derart ihrer selbst unsicher gewordenen Kunst herrscht.
Aus der Totale dieser spekulativen Überlegungen begibt sich die Untersuchung immer wieder in die Nahaufnahme konkreter Werke. Haffter beweist dabei nicht nur eine stupende Kenntnis der aktuellen Produktion, sondern auch hohe musikwissenschaftliche Kompetenz. Die Werke dienen nicht der Demonstration vorgefertigter Thesen, sie werden in ihrer ganz kantianisch von keinem Begriff auszuschöpfenden Autonomie anerkannt; sie stimulieren die Entwicklung von Gedanken, statt diese nur zu exemplifizieren. Diese produktive Pendelbewegung zwischen künstlerischer Konkretion und theoretischer Abstraktion führt zu den anregendsten Passagen des Buchs, etwa im sechsten Kapitel, das drei Modelle gegenwärtigen Komponierens, "Natur", "Leben" und "Begriff", gleichermaßen anschaulich wie scharfsinnig untersucht. Kurzum, Anspruch, Umfang und Niveau dieser - vom Verlag schändlicherweise ohne Korrektorat, Lektorat und Registererstellung zum Druck beförderten - Darstellung sind bestechend.
So beweglich im Begrifflichen Haffters Arbeit nach innen operiert, so intransigent werden indes die Abgrenzungen nach außen getroffen. Nichts könnte richtiger sein als die Feststellung, dass die Gegenwartsmusik "erst vor dem Hintergrund der kulturindustriellen Produktion wirklich verständlich" werde. Nur scheint die hier vertretene Auffassung von "Kulturindustrie" über die "Dialektik der Aufklärung" nicht hinausgekommen zu sein. Dass in der aktuellen Kultursoziologie, etwa bei David Hesmondhalgh, längst im Plural von "Cultural Industries" gesprochen und auch ein inhaltlich weitaus differenzierteres Bild gezeichnet wird, wird ausgeblendet. Zwar nimmt Haffter den heute gängigen Vorwurf des elitären Denkens gegenüber Kritikern der Kulturindustrie durchaus ernst, letztlich bleibt es dann aber doch bei der starren Entgegensetzung von "Kitsch" und "Kunst".
Auf der anderen Seite hat aber auch die Parteinahme für die gegenwärtige Kunstmusik dort ihre Grenze, wo diese die bürgerliche Institution Kunst, die Arbeitsteilung zwischen Interpreten und Publikum in der Darbietungsmusik, den alleinigen Fokus auf das Hörbare infrage stellt. Schon an John Cage wird kritisiert, dass er umso seltener überzeugende Werke hervorgebracht habe, "je lauter er die Musikalität aller Klänge proklamierte". Cages Projekt einer anarchischen Freisetzung von Klängen für die musikalische Wahrnehmung aber mit dem ästhetischen Urteil ausmessen zu wollen erinnert an den Versuch, ein Huhn in einem abstrakten Bild zu suchen. Überspitzt gesagt: Die Kunstmusik darf alles Mögliche infrage stellen, solange es uns nicht aus unserem Konzertsessel holt.
Und schließlich wird "das Primat der Gegenwart" proklamiert: "Wenn Kunst das ist, was das Bescheidwissen erschüttert, dann ist Musik, die altbekannt klingt, keine Kunst." Von Schütz und Bach bis Bartók und Strawinsky ist nun alles "alte Musik" geworden, an der der Bildungsbürger "die infantile Lust des Wiedererkennens" erlebt; und vieles an jener Musik sei längst "lächerlich geworden": "das Pathetische und Pompöse, das Floskelhafte und Schematische, das Weinerliche oder Galante". Haffters paradigmatisches Fallbeispiel für die Ortsbestimmung der zeitgenössischen Musik, Simon Steen-Andersens "Piano Concerto" (2014), gilt denn auch als Beweis, "dass sich ein Klavierkonzert nicht mehr schreiben lässt". Man könnte aber auch sagen: Dieses Werk bezieht seine Überzeugungskraft gerade daraus, dass es in fast vampirischer Manier von dem "Pathetischen und Pompösen" des traditionellen Klavierkonzerts zehrt. Dass auch "alte Musik" die Schemata der Einbildungskraft ins Tanzen bringen kann, diese Erfahrung scheint dem Autor fremd.
Seine Positionen setzen sich der Frage aus, inwiefern solcher Präsentismus, inwiefern "Materialfortschritt" oder "Kunstautonomie" nicht auch als Pathologien des digitalisierten Kapitalismus verstanden werden können: als Symptome von Geschichtsvergessenheit, blinder Innovationsgier, Neutralisierung der Kunst zum Konsumobjekt. Haffter entwirft an einer Stelle das Bild eines privilegierten Bürgertums, das im Avantgardekonzert die Möglichkeit gefunden hat, "sich genau darin als politisch aktive, progressive Vorkämpfer der Freiheit zu wähnen, dass sie nicht politisch handeln, also dadurch politisch zu handeln, dass sie sich mit Kunst beschäftigen". Ganz entkommt diese brillante Arbeit nicht dem Schatten dieses von ihr selbst aufgeworfenen Verdachts. WOLFGANG FUHRMANN
Christoph Haffter: "Musikalischer Materialismus". Eine Philosophie der zeitgenössischen Musik.
Velbrück Wissenschafts Verlag, Weilerswist-
Metternich 2023. 396 S., br., 49,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie sich ästhetische Erfahrung überzeugend verteidigen lässt: Christoph Haffter legt eine bestechende Untersuchung zur Kunstmusik der Gegenwart vor
Unter musikalischem Materialismus mag man sich allerlei vorstellen. Der Philosoph Christoph Haffter behandelt jedoch nicht etwa die ökonomischen oder ökologischen Grundlagen der zeitgenössischen Musik. Ihm geht es auch nicht um alles, was heute so erklingt, sondern um das, was man einst mit einer heroischen Majuskel "Neue Musik" nannte. Die Kunstmusik der Gegenwart, diagnostiziert Haffter, stecke "in einer Krise, weil sie selbst an ihrer eigenen Möglichkeit" zweifele. Die Pointe des Buchs ist - um das vorwegzunehmen -, dass gerade dieser beharrliche Zweifel ihr eigentlich produktiver Grund ist, gerade die Fragwürdigkeit ihr Daseinsrecht begründet.
Das ist etwas verknappt angesichts einer überaus differenzierten und von stupender Kenntnis sowohl ästhetischer Diskurse als auch musikalischer Phänomene zeugenden Argumentation, die sich zwar zuweilen ins dialektische Heckenlabyrinth zu verlieren scheint, doch den großen Zusammenhang stets im Blick behält. Haffter geht von zwei markanten Positionen aus: einerseits Kants ästhetischem Urteil, andererseits Adornos Begriff des künstlerischen Materials, der ja vor allem an der Musik seiner Zeit entwickelt wurde. Beide finden zusammen im musikalischen Kunstwerk, das aus dem Stand des Materials jene konkrete Fügung entwickelt, über die ästhetisch geurteilt wird.
Haffters Begriff des Materialismus zielt somit auf die Situiertheit auch des Denkens und der Kunst in einer von Ungleichheit und Ausbeutung gezeichneten Gesellschaft, aber auch auf das von diesen gesellschaftlichen Spuren durchsetzte Material der Gegenwartsmusik, die in ihrer Autonomie die "habitualisierten Schemata der Einbildungskraft ins Tanzen" bringt.
Diesen Voraussetzungen der Argumentation ließe sich eine konservative Tendenz unterstellen: Sind nicht Kunstwerk, Materialfortschritt, ja der Begriff der Kunst in unserer postkonzeptuellen, transmedialen Gegenwart längst fragwürdig geworden, hat nicht die Konzeptkunst in der Musik Autonomie und ästhetische Erfahrung ausgehebelt? Haffter kennt alle diese Argumente, und dennoch gibt die Arbeit keinen Fußbreit Boden preis, wenn es um die Verteidigung ihrer argumentativen Grundpositionen geht.
Diese Verteidigung geschieht flüssig und dialektisch: So wie bei Kant die ästhetische Lust daraus entsteht, dass die Erfahrung des Kunstwerks nicht auf den Begriff zu bringen ist und doch von den Begriffen umtanzt wird, so wird auch der ästhetische Materialismus von der Permanenz der Selbstbefragung des Materials durch die Form und vice versa geprägt; wechselseitig heben beide ihr Allgemeines (die Abstraktheit der Form, die Gegebenheit des Materials) ins Besondere des Kunstwerks auf, das sich begrifflich nur noch fassen lässt als Antwort auf eine Frage, die es selbst gestellt hat.
Von hier entwickelt Haffter, nochmals ausgehend von Kant, aber dessen Kunstverständnis als allzu bieder kritisierend, mit Friedrich Schlegel ein Verständnis des Kunstwerks als Fragment: Tradition, Gattung, Musiksprache, sie alle sind dahin, sodass noch in der scheinbar in sich geschlossenen materialen Form des Werks das Vorläufige, Fragwürdige, Unrunde und Offene einer derart ihrer selbst unsicher gewordenen Kunst herrscht.
Aus der Totale dieser spekulativen Überlegungen begibt sich die Untersuchung immer wieder in die Nahaufnahme konkreter Werke. Haffter beweist dabei nicht nur eine stupende Kenntnis der aktuellen Produktion, sondern auch hohe musikwissenschaftliche Kompetenz. Die Werke dienen nicht der Demonstration vorgefertigter Thesen, sie werden in ihrer ganz kantianisch von keinem Begriff auszuschöpfenden Autonomie anerkannt; sie stimulieren die Entwicklung von Gedanken, statt diese nur zu exemplifizieren. Diese produktive Pendelbewegung zwischen künstlerischer Konkretion und theoretischer Abstraktion führt zu den anregendsten Passagen des Buchs, etwa im sechsten Kapitel, das drei Modelle gegenwärtigen Komponierens, "Natur", "Leben" und "Begriff", gleichermaßen anschaulich wie scharfsinnig untersucht. Kurzum, Anspruch, Umfang und Niveau dieser - vom Verlag schändlicherweise ohne Korrektorat, Lektorat und Registererstellung zum Druck beförderten - Darstellung sind bestechend.
So beweglich im Begrifflichen Haffters Arbeit nach innen operiert, so intransigent werden indes die Abgrenzungen nach außen getroffen. Nichts könnte richtiger sein als die Feststellung, dass die Gegenwartsmusik "erst vor dem Hintergrund der kulturindustriellen Produktion wirklich verständlich" werde. Nur scheint die hier vertretene Auffassung von "Kulturindustrie" über die "Dialektik der Aufklärung" nicht hinausgekommen zu sein. Dass in der aktuellen Kultursoziologie, etwa bei David Hesmondhalgh, längst im Plural von "Cultural Industries" gesprochen und auch ein inhaltlich weitaus differenzierteres Bild gezeichnet wird, wird ausgeblendet. Zwar nimmt Haffter den heute gängigen Vorwurf des elitären Denkens gegenüber Kritikern der Kulturindustrie durchaus ernst, letztlich bleibt es dann aber doch bei der starren Entgegensetzung von "Kitsch" und "Kunst".
Auf der anderen Seite hat aber auch die Parteinahme für die gegenwärtige Kunstmusik dort ihre Grenze, wo diese die bürgerliche Institution Kunst, die Arbeitsteilung zwischen Interpreten und Publikum in der Darbietungsmusik, den alleinigen Fokus auf das Hörbare infrage stellt. Schon an John Cage wird kritisiert, dass er umso seltener überzeugende Werke hervorgebracht habe, "je lauter er die Musikalität aller Klänge proklamierte". Cages Projekt einer anarchischen Freisetzung von Klängen für die musikalische Wahrnehmung aber mit dem ästhetischen Urteil ausmessen zu wollen erinnert an den Versuch, ein Huhn in einem abstrakten Bild zu suchen. Überspitzt gesagt: Die Kunstmusik darf alles Mögliche infrage stellen, solange es uns nicht aus unserem Konzertsessel holt.
Und schließlich wird "das Primat der Gegenwart" proklamiert: "Wenn Kunst das ist, was das Bescheidwissen erschüttert, dann ist Musik, die altbekannt klingt, keine Kunst." Von Schütz und Bach bis Bartók und Strawinsky ist nun alles "alte Musik" geworden, an der der Bildungsbürger "die infantile Lust des Wiedererkennens" erlebt; und vieles an jener Musik sei längst "lächerlich geworden": "das Pathetische und Pompöse, das Floskelhafte und Schematische, das Weinerliche oder Galante". Haffters paradigmatisches Fallbeispiel für die Ortsbestimmung der zeitgenössischen Musik, Simon Steen-Andersens "Piano Concerto" (2014), gilt denn auch als Beweis, "dass sich ein Klavierkonzert nicht mehr schreiben lässt". Man könnte aber auch sagen: Dieses Werk bezieht seine Überzeugungskraft gerade daraus, dass es in fast vampirischer Manier von dem "Pathetischen und Pompösen" des traditionellen Klavierkonzerts zehrt. Dass auch "alte Musik" die Schemata der Einbildungskraft ins Tanzen bringen kann, diese Erfahrung scheint dem Autor fremd.
Seine Positionen setzen sich der Frage aus, inwiefern solcher Präsentismus, inwiefern "Materialfortschritt" oder "Kunstautonomie" nicht auch als Pathologien des digitalisierten Kapitalismus verstanden werden können: als Symptome von Geschichtsvergessenheit, blinder Innovationsgier, Neutralisierung der Kunst zum Konsumobjekt. Haffter entwirft an einer Stelle das Bild eines privilegierten Bürgertums, das im Avantgardekonzert die Möglichkeit gefunden hat, "sich genau darin als politisch aktive, progressive Vorkämpfer der Freiheit zu wähnen, dass sie nicht politisch handeln, also dadurch politisch zu handeln, dass sie sich mit Kunst beschäftigen". Ganz entkommt diese brillante Arbeit nicht dem Schatten dieses von ihr selbst aufgeworfenen Verdachts. WOLFGANG FUHRMANN
Christoph Haffter: "Musikalischer Materialismus". Eine Philosophie der zeitgenössischen Musik.
Velbrück Wissenschafts Verlag, Weilerswist-
Metternich 2023. 396 S., br., 49,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Wolfgang Fuhrmann kann nur staunen über den Kenntnisreichtum und die straffe, flüssige und dialektische Argumentation in Christoph Haffter Untersuchung zur Kunstmusik der Gegenwart. Dass der Autor die ökonomischen Bedingungen der zeitgenössischen Musik nicht behandelt, kann Fuhrmann verschmerzen. Dafür liefert ihm der Autor ein profundes Wissen ästhetischer Diskurse und musikalischer Phänomene. Wenn Haffter mit Kants ästhethischem Urteil und Adornos Begriff künstlerischen Materials zwei "markante Positionen" zum Ausgangspunkt seiner Argumentation über den ästhetischen Materialismus nimmt und immer wieder in die "Nahaufnahme konkreter Werke" geht, sticht für Fuhrmann positiv heraus, wie sehr der Autor die Werke in ihrer Autonomie ernst nimmt und wie anregend die Kombination aus Theorie und künstlerischer Praxis hier auf den Leser wirkt. Dass ausgerechnet ein so gelungenes Buch ohne Lektorat und Korrektorat auskommen muss, erscheint Furhmann unerhört.
© Perlentaucher Medien GmbH
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