Der zweite Band der illustrierten Musikgeschichte Leipzigs umfasst die Glanzzeit der Musikstadt - von der Gründung des Gewandhausorchesters 1781 bis zu den Berufungen von Arthur Nikisch, Karl Straube und Max Reger nach Leipzig an der Wende zum 20. Jahrhundert. Das glückliche Zusammenspiel vieler Faktoren machte Leipzig, beginnend mit dem Wirken Mendelssohns, zum Mittelpunkt des Musiklebens in Deutschland und für eine geraume Zeit zur Musikhauptstadt Europas. Die Gewandhauskonzerte etablierten ein Orchester auf höchstem künstlerischen Niveau und boten zugleich gastierenden Musikern von Mozart über Liszt bis zu Brahms und Tschaikowski ein ideales Podium. Zahlreiche Werke der klassischen und romantischen Musik wurden hier komponiert und uraufgeführt. Die Absolventen des 1843 gegründeten Konservatoriums beeinflussten über Jahrzehnte hinweg das musikalische Leben von den USA bis Australien; Leipziger Musikkritiker prägten den Musikgeschmack einer ganzen Epoche. In aller Welt spielte man auf Instrumenten von Leipziger Instrumentenbauern und nach Noten aus Leipziger Musikverlagen. Anhand von etwa 200, teilweise erstmals veröffentlichten Bildern, bietet Doris Mundus ein eindrucksvolles Panorama der Musikmetropole Leipzig in der Zeit ihrer größten Blüte.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.03.2015Maßarbeit
mit Bach
Musikstadt Leipzig: Seit dem frühen Mittelalter
hat sich die sächsische Messestadt kontinuierlich
zu einem Zentrum der Musik entwickelt
Thomaskirche und Gewandhaus – das sind zwei imposante Gebäude in Leipzig, und natürlich zwei Institutionen, die in der Welt einen geradezu legendären Ruf haben, wenn es um die Bedeutung deutscher Musik geht. Nur in Wien ist die musikalische Aura noch stärker – was den Leipzigern ihre Bach, Schumann, Mendelssohn Bartholdy, Wagner und andere sind, das sind den Wienern ihre Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Brahms, Bruckner, Mahler oder Schönberg.
Doch Leipzig ist auch ein Zentrum von Musikalienverlagen wie Breitkopf und Härtel, Sitz der weltbekannten Klavierbaufirma Blüthner und Ort mehrhundertjähriger Ensembles wie Thomanerchor und Gewandhausorchester. Auch das erste deutsche Musikkonservatorium hat Mendelssohn in Leipzig gegründet. Die Phalanx größter Virtuosen ist imposant: die Geiger Niccolò Paganini, Joseph Joachim und Pablo de Sarasate, die Pianisten Clara Schumann, Frédéric Chopin und Franz Liszt, die Dirigenten Felix Mendelssohn, Arthur Nikisch und Wilhelm Furtwängler, um nur ein paar unverzichtbare Namen zu bringen.
All diesen Helden, auch Operndiven wie Wilhelmine Schröder-Devrient oder die „schwedische Nachtigall“ Jenny Lind, den verschiedenen Sälen, Komponistenhäusern, Dokumenten, Programmzetteln und Autografen begegnet man beim Blättern in der sehr attraktiven Buchreihe über die „Musikstadt Leipzig in Bildern“. Zwei Bände sind bisher erschienen: „Von den Anfängen bis ins 18. Jahrhundert“ hat der Musikforscher Michael Maul, Jahrgang 1978, betreut, das 19. Jahrhundert die Historikerin Doris Mundus, Jahrgang 1951. Der dritte Band „Das 20. Jahrhundert“ ist in Vorbereitung.
Zu den vielen überraschenden Entdeckungen in diesen schönen Bilderbüchern gehört die erste anatomische Rekonstruktion eines Gesichts über einem Schädel durch den Schweizer, in Leipzig lehrenden Anatomen Wilhelm His 1894 (Abbildung links). His vermaß einen Schädel, der mit hoher Wahrscheinlichkeit derjenige Bachs sein könnte. Dann übergab er dem Bildhauer Carl Seffner die Ergebnisse, nach denen der über dem Schädelabguss eine Porträtbüste fertigte. Aufgrund dieser Arbeit wurden Schädel und Gebeine, die man nahe der Johanniskirche auf Hinweis der Thomaner gefunden hatte, als die Bachs identifiziert. Die andere Abbildung zeigt den sagenhaften ersten Gewandhaussaal, in dem Mendelssohn das Orchester zu einem der besten Europas machte. Hier hatte auch Mozart gespielt. Dass man diesen musikhistorisch einmaligen Ort dennoch aus schnöden wirtschaftlichen Erwägungen 1894 abriss und dort ein Kaufhaus errichtete, zeigt, dass auch in Leipzig Kulturbanausen ihr Unwesen getrieben haben.
HARALD EGGEBRECHT
Michael Maul, Doris Mundus: Musikstadt Leipzig in Bildern. Bd. I: Von den Anfängen bis ins 18. Jahrhundert. Bd. II: Das 19 Jahrhundert. Lehmstedt Verlag, Leipzig 2014/2015. 224 bzw. 214 Seiten, je 24,90 Euro.
Zwei Leipziger Legenden:
die Arbeit an der Bach-Büste des Bildhauers
Carl Seffner (li.), der erste
Gewandhaussaal der Stadt (re.).
Abbildungen: Aus dem besprochenen Band
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
mit Bach
Musikstadt Leipzig: Seit dem frühen Mittelalter
hat sich die sächsische Messestadt kontinuierlich
zu einem Zentrum der Musik entwickelt
Thomaskirche und Gewandhaus – das sind zwei imposante Gebäude in Leipzig, und natürlich zwei Institutionen, die in der Welt einen geradezu legendären Ruf haben, wenn es um die Bedeutung deutscher Musik geht. Nur in Wien ist die musikalische Aura noch stärker – was den Leipzigern ihre Bach, Schumann, Mendelssohn Bartholdy, Wagner und andere sind, das sind den Wienern ihre Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Brahms, Bruckner, Mahler oder Schönberg.
Doch Leipzig ist auch ein Zentrum von Musikalienverlagen wie Breitkopf und Härtel, Sitz der weltbekannten Klavierbaufirma Blüthner und Ort mehrhundertjähriger Ensembles wie Thomanerchor und Gewandhausorchester. Auch das erste deutsche Musikkonservatorium hat Mendelssohn in Leipzig gegründet. Die Phalanx größter Virtuosen ist imposant: die Geiger Niccolò Paganini, Joseph Joachim und Pablo de Sarasate, die Pianisten Clara Schumann, Frédéric Chopin und Franz Liszt, die Dirigenten Felix Mendelssohn, Arthur Nikisch und Wilhelm Furtwängler, um nur ein paar unverzichtbare Namen zu bringen.
All diesen Helden, auch Operndiven wie Wilhelmine Schröder-Devrient oder die „schwedische Nachtigall“ Jenny Lind, den verschiedenen Sälen, Komponistenhäusern, Dokumenten, Programmzetteln und Autografen begegnet man beim Blättern in der sehr attraktiven Buchreihe über die „Musikstadt Leipzig in Bildern“. Zwei Bände sind bisher erschienen: „Von den Anfängen bis ins 18. Jahrhundert“ hat der Musikforscher Michael Maul, Jahrgang 1978, betreut, das 19. Jahrhundert die Historikerin Doris Mundus, Jahrgang 1951. Der dritte Band „Das 20. Jahrhundert“ ist in Vorbereitung.
Zu den vielen überraschenden Entdeckungen in diesen schönen Bilderbüchern gehört die erste anatomische Rekonstruktion eines Gesichts über einem Schädel durch den Schweizer, in Leipzig lehrenden Anatomen Wilhelm His 1894 (Abbildung links). His vermaß einen Schädel, der mit hoher Wahrscheinlichkeit derjenige Bachs sein könnte. Dann übergab er dem Bildhauer Carl Seffner die Ergebnisse, nach denen der über dem Schädelabguss eine Porträtbüste fertigte. Aufgrund dieser Arbeit wurden Schädel und Gebeine, die man nahe der Johanniskirche auf Hinweis der Thomaner gefunden hatte, als die Bachs identifiziert. Die andere Abbildung zeigt den sagenhaften ersten Gewandhaussaal, in dem Mendelssohn das Orchester zu einem der besten Europas machte. Hier hatte auch Mozart gespielt. Dass man diesen musikhistorisch einmaligen Ort dennoch aus schnöden wirtschaftlichen Erwägungen 1894 abriss und dort ein Kaufhaus errichtete, zeigt, dass auch in Leipzig Kulturbanausen ihr Unwesen getrieben haben.
HARALD EGGEBRECHT
Michael Maul, Doris Mundus: Musikstadt Leipzig in Bildern. Bd. I: Von den Anfängen bis ins 18. Jahrhundert. Bd. II: Das 19 Jahrhundert. Lehmstedt Verlag, Leipzig 2014/2015. 224 bzw. 214 Seiten, je 24,90 Euro.
Zwei Leipziger Legenden:
die Arbeit an der Bach-Büste des Bildhauers
Carl Seffner (li.), der erste
Gewandhaussaal der Stadt (re.).
Abbildungen: Aus dem besprochenen Band
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de