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Dass neue Herausforderungen zum Lernen anregen, weiß die Hirnforschung seit langem. Neu ist die Erkenntnis, dass die überwältigende Erfahrung, ein Kind zu bekommen und es aufzuziehen, dauerhafte Spuren im Gehirn der Mutter hinterlässt. Vielfältige Sinneseindrücke schärfen ihre Wahrnehmungsfähigkeit, das tägliche Multitasking steigert die Effizienz. Die Motivation, ihre Kinder zu schützen, hilft Müttern, schnell, kreativ und selbstbewusst zu handeln kurz: Was Manager in teuren Seminaren üben, lernen Mütter im Umgang mit ihren Kindern. Locker, witzig und gut recherchiert hat Katherine Ellison…mehr

Produktbeschreibung
Dass neue Herausforderungen zum Lernen anregen, weiß die Hirnforschung seit langem. Neu ist die Erkenntnis, dass die überwältigende Erfahrung, ein Kind zu bekommen und es aufzuziehen, dauerhafte Spuren im Gehirn der Mutter hinterlässt. Vielfältige Sinneseindrücke schärfen ihre Wahrnehmungsfähigkeit, das tägliche Multitasking steigert die Effizienz. Die Motivation, ihre Kinder zu schützen, hilft Müttern, schnell, kreativ und selbstbewusst zu handeln kurz: Was Manager in teuren Seminaren üben, lernen Mütter im Umgang mit ihren Kindern. Locker, witzig und gut recherchiert hat Katherine Ellison ein positives, ein kluges Buch über die Intelligenz der Mütter geschrieben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2006

Gute Nachrichten vom Hirn der Mutter
Kinder schärfen den Verstand ihrer Erzieher, weiß Katherine Ellison aus Erfahrung / Von Wiebke Hüster

Welche Veränderungen es mit sich bringen kann, Mutter zu sein, zeigte die amerikanische Fernsehserie "Desperate Housewives" an einer ihrer sympathischsten Figuren. Bevor Lynettes Zwillinge zur Welt kamen, war sie eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Dann blieb sie zu Hause, und sechs Jahre später ist sie vom Erziehungskampf bereits vollkommen zermürbt. Kurz darauf fängt sie an, Aufputschmittel zu nehmen, um Nachtschichten an der Nähmaschine durchzuhalten, während deren sie Kostüme für die Theateraufführung ihrer Knaben anfertigt. Ironischerweise schluckt Lynette, um wach zu bleiben, die Tabletten, die ihren Zwillingen gegen "Aufmerksamkeitsdefizite" verschrieben wurden.

Dem zynischen Witz, mit dem hier das Schicksal einer ehemaligen Karrierefrau als "Desperate Housewife", als verzweifelte Hausfrau und Mutter lärmender Tunichtgute entworfen wird, liegt eine wirkliche Angst vieler Frauen zugrunde und ein weitverbreitetes Vorurteil: Frauen geben ihren Verstand ab, wenn ihr erstes Kind zur Welt kommt, und kämpfen fortan mit den Folgen von Schlafmangel, Gedächtnisstörungen, Hormonschwankungen und monotonen Hausarbeiten. So bedrohlich diese Befürchtung wirkt, so ungenau sind die zugrundeliegenden Beobachtungen.

In Wirklichkeit scheinen die kognitiven Einbußen nur vorübergehender Natur zu sein. Zwar bedeuten Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett in der Tat derartige hormonelle Umstellungen, daß es zu neurobiologischen Veränderungen im Gehirn kommt. Sind aber diese Umbauten zur Mutterfunktionalität abgeschlossen, haben Frauen mit Kind offenbar einen Verstandesvorsprung gegenüber dem Rest der Welt. Mütter, so könnte man die Thesen von Katherine Ellisons Buch "Mutter sein macht schlau" zusammenfassen, haben eine geschärfte Sinneswahrnehmung, sie handeln effizienter, sie sind widerstandsfähiger gegen Streß, sie sind motivierter und ihre sozialen Fähigkeiten besser entwickelt. Wer das nicht glaubt, den strafen die Hirnforscher.

Was Ellisons Buch trotz ihrer Begeisterung für die Neurowissenschaften und deren teils noch wenig gesicherte Annahmen über die körperlichen Auswirkungen der Mutterschaft zu einer faszinierenden Lektüre macht, ist zum einen der trockene Witz der Autorin. Zum anderen ist das Buch darum so interessant, weil es viele richtige Beobachtungen aus dem Leben von Müttern enthält. Dazu zieht Ellison Erfahrungen vieler Interviewpartnerinnen, aber auch ihre eigenen heran. Nach dem unvergleichlichen "Schock" des Gebärens manifestierte sich etwa die Angst der Autorin über ihre mit der Ankunft des Babys verschwundenen journalistischen Fähigkeiten in einem Albtraum: Der Auslandskorrespondentin träumte, in Brasilia wären Außerirdische gelandet, sie aber hätte das nicht weiter berichtenswert gefunden und wäre zu Hause geblieben. In Wirklichkeit kam alles natürlich ganz anders, viel anstrengender, dafür auch viel besser. Zu ihrer Überraschung stellte Ellison fest, sie beschwere sich zwar häufiger als früher, schaffte aber auch viel mehr: "Obwohl ich mich häufigöllig ausgelaugt fühlte, war ich motivierter und konnte mich für alles begeistern, was ich beruflich und zu Hause lernte. Meine Kinder hatten nicht nur mein zukunftsorientiertes Interesse an der Umwelt geweckt, sondern dienten mir auch als ,Entschuldigung', wenn ich auf flexibleren Arbeitsbedingungen bestand, die mir zugleich mehr Kreativität ermöglichten." Es ist nicht Ellisons Schuld, daß biologische, möglichst neurowissenschaftliche Erklärungen am stärksten fesseln, wo sie soziologische Thesen erhärten sollen. Aber Ellison beweist ein Gespür für den rechten Moment, einen Rattenversuch oder eine Kernspintomographie durch eigene Gedanken zu relativieren, und sie hat eine Fülle nicht nur neurowissenschaftlicher, sondern auch soziologischer und psychologischer Literatur gesichtet.

Man kann zu den Thesen über das durch Mutterschaft restruktruierte Gehirn mithin so oder anders stehen, aber einige Fragen, die das Verhalten von Müttern aufwirft, kann sie so recht plausibel beantworten - etwa nach ihrer unermüdlichen Fürsorge jenseits körperlicher Grenzen, nach ihrer Konzentration auf das Wesentliche inmitten von Chaos sowie nach ihrem Vermögen, mehrere Dinge spielend gleichzeitig zu tun. Glaubt man den zitierten Wissenschaftlern, so bewirkt ein Zusammenspiel aus verändertem Hormonspiegel und Verhaltenstraining durch das Baby eine Steigerung der kognitiven Fähigkeiten der Mutter. Denn von ihrem Verstand hängt in der Natur das Überleben der Spezies ab. Gut für die Mütter ist, daß die Auswirkungen dieser verstärkten Synapsenbildung im Gehirn allem Anschein nach lange über die Kindererziehung hinaus anhalten. Väter, sofern sie sich intensiv um den Nachwuchs kümmern, profitieren auf ähnliche Weise.

So interessant es an "Mutter sein macht schlau" ist, detaillierten Versuchsschilderungen zu folgen -- wenn etwa bei Hirn-Scans Bereiche der Schmerzverarbeitung aufleuchten, auch wenn nur angenommen wird, geliebte Personen erlitten gerade Schmerzen - am bemerkenswertesten sind die gesellschaftlichen Implikationen des Buches. Das beginnt damit, daß Ellison das Aufkommen der Verachtung von Müttern - amerikanisch "mommy brain" - auf die sechziger Jahre datiert. Wer hätte gedacht, daß dieses Vorurteil so jung ist und zweitens auf zwei derart unterschiedliche Phänomene zurückgeht? In den sechziger Jahren drängten Frauen massiv auf den Arbeitsmarkt, was vielleicht gar nicht allseits erwünscht war. Die entgegengesetzte feministische Ideologie hackte ebenfalls auf den Müttern herum. Ellison zitiert aus Betty Friedans Buch "Der Weiblichkeitswahn" (1963), Hausfrauen "seien abhängig, passiv, unreif, sie orientieren sich nicht mehr an den Werten von Erwachsenen. Für die Arbeit, die sie verrichtet, benötigt man nicht die Fähigkeiten von Erwachsenen; sie hat kein Ende, ist monoton und wird nicht belohnt."

Daß Kinder als Belastung empfunden werden, ist historisch gesehen neu. "Das Jammern darüber", so Ellison, "wie uns unsere Kinder auf dem Geldbeutel liegen, auf Stimmung, Geist und Hüften schlagen, ist ein beliebtes Partythema." Ellison findet gleichwohl, diese Angst der Eltern gelte es ernst zu nehmen, sonst sänken die Geburtsraten weiter. Ihr Buch setzt daher naturwissenschaftliche Theorie ein, um mütterliches Selbstbewußtsein zu stärken. Muttersein macht schlau, das haben wir eigentlich schon länger gewußt. Mütterhirne, bemerkt die kluge Autorin, müssen auch mehr leisten. Welche Farbstoffe in Lebensmitteln waren noch gleich giftig, welches Computerspiel nicht indiziert, aber trotzdem brutal, und wie hießen bloß diese rezeptfreien Tabletten, dank deren man endlos wach bleiben kann . . . mother's little helper.

Katherine Ellison: "Mutter sein macht schlau". Kompetenz durch Kinder. Aus dem Englischen von Barbara Steckhan, Sonja Schuhmacher und Katharina Förs. Verlag Antje Kunstmann, München 2006. 317 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als "faszinierende Lektüre" begrüßt Wiebke Hüster dieses Buch von Katherine Ellison, das sich mit dem Kompetenzzuwachs befasst, den die Mutterschaft mit sich bringt. Das Buch widerlegt ihres Erachtens weit verbreitete Vorurteile über Mütter, die angeblich mit der Geburt ihres ersten Kindes ihren Verstand abgäben, und vor allem mit Schlafmangel, Gedächtnisstörungen und monotonen Hausarbeiten zu kämpfen hätten. Die Autorin zeige demgegenüber, dass aufgrund der hormonellen Umstellungen nach der Geburt neurobiologische Veränderungen im Gehirn stattfänden, nach deren Abschluss Mütter einen kognitiven Vorsprung gegenüber dem Rest der Welt haben. Die detaillierten neurowissenschaftlichen Schilderungen dieser Umstrukturierung des Mutterhirns sind für Hüster allerdings nicht einmal das Spannendste an dem Buch. Interessanter noch findet sie die zahlreichen Beobachtungen aus dem Leben von Müttern, die Ellison dank ihrer eigenen Erfahrungen sowie der ihrer vieler Interviewpartnerinnen versammelt und die ihre These, Mutter sein mache schlau, veranschaulichen. Auch der "trockene Witz" der Autorin hat Hüster bestens gefallen.

© Perlentaucher Medien GmbH