The great leader of the womenâ s suffrage movement tells the story of her struggles in her own words. Emmeline Pankhurst grew up all too aware of the prevailing attitude of her day: that men were considered superior to women.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.08.2016Ihr Kampf für die Frauen
Pathetisch: Die Erinnerungen der Emmeline Pankhurst
Im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts hatten sich die britischen Suffragetten - nach dem englischen Wort "suffrage" für Wahlrecht - zunächst mit friedlichen Mitteln für ihre Rechte eingesetzt. Sie arbeiteten emsig in den Parteien mit und engagierten sich in allen sozialen Fragen, um den Männern ihre politische Reife zu beweisen. Regelmäßig richteten sie Petitionen ans Unterhaus, hofften auf eine Erwähnung des Frauenwahlrechts durch den König, und immer wieder versprachen Politiker, sich für ihre Sache einzusetzen.
Nichts geschah. Die Suffragetten gingen daher 1903 mit der Gründung der Women's Social and Political Union zu anderen Methoden über: Sie trennten sich von den etablierten Parteien und betrieben nur noch Politik für ihre Rechte. Sie führten Unterschriftenaktionen, politische Versammlungen und Protestmärsche durch. Als auch das nichts half, begannen sie mit militanten Aktionen, zündeten Briefkästen an, verübten Säureanschläge auf Golfplätze und warfen Schaufenster ein. Schließlich organisierten sie Brand- und Bombenanschläge, wobei sie jedoch darauf achteten, dass keine Menschen ums Leben kamen.
Die 1996 im Steidl Verlag auf deutsch erschienene Ausgabe der Erinnerungen der prominenten Suffragette Emmeline Pankhurst ist nun wiederaufgelegt worden, mit überarbeiteter Übersetzung, revidierten Anmerkungen und erweitertem Bildteil. Diese Erinnerungen sind eine Chronik der Selbstermächtigung und des Kampfes - mit entsprechenden Längen, denn der Kampf war mühsam, und Emmeline Pankhurst hatte erkannt, wie wichtig Pathos und detailliertes Eigenlob waren. Die Regierung war von Anfang an außer sich vor Empörung. Mit brutaler Härte bekämpfte sie die Frauen, als diese ihren friedlichen Weg verließen. "Wenn englische Männer Fensterscheiben einwerfen, wird dies als achtbarer Ausdruck einer politischen Meinung betrachtet. Wenn es englische Frauen tun, sieht man ein Verbrechen darin", schrieb Pankhurst. Wenn Matrosen meuterten und Eigentum beschädigten, wenn Wähler randalierten oder Sozialisten zivilen Ungehorsam leisteten: All das schien zum Politikbetrieb zu gehören. Hingegen knüppelten die Ordnungshüter illegale Protestmärsche und Versammlungsstörungen von Frauen nieder. Die Gerichte verordneten harsche Strafen, die Zensur griff bei den Publikationen der Suffragetten durch. Doch aus Pankhursts Zeilen wird nicht nur ihr Ärger über die Doppelmoral gegenüber den Geschlechtern deutlich, sondern auch die Verbitterung der verantwortlichen Politiker, Polizisten und Richter.
Noch galt das alte Gesetz: Männlichkeit wirkte legitimierend, Weiblichkeit lächerlich. Daher war es so ungeheuerlich, wenn Frauen all das taten, was die Welt nur von Männern kannte. Frauen hatten seit Jahrhunderten gelernt, für andere da zu sein und ihren Lebenssinn im Glück der anderen zu suchen. Und so erschien der Kampf um die eigenen Rechte, der bei Männern heroischen Triumph hervorrief, bei Frauen kalt und egoistisch.
Besonders verstörend empfanden die Mitbürger die Gewalt, zu der die Suffragetten, im Gegensatz zu ihren Mitkämpferinnen in anderen Ländern, griffen. Gewalt galt als männliche Domäne, während der Körper der Frauen insbesondere im Bürgertum als besonders schützenswert angesehen wurde. Doch nun legten die Frauenrechtlerinnen Bomben, und die überwiegend bürgerlichen Suffragetten setzten ihre Körper ein, um ins Parlament einzudringen, illegale Protestmärsche abzuhalten oder im Gefängnis mit Hungerstreiks ihrer Politik Nachdruck zu verleihen.
Pankhurst erzählte, wie liberale Politiker, die sich gegen die Suffragetten ereiferten, gerne an die guten Zeiten erinnerten, als Männer in bürgerlichem Stolz für ihre Rechte randalierten und Eigentum zerstörten. Gewalt, schrieb sie, ist "der einzige Weg, den englische Politiker verstehen können". Doch hatte Pankhurst damit recht? Erst vor kurzem hat Sarah Gavrons Film "Suffragette" Pankhursts Erzählung aufgegriffen. Am Ende des Filmes wird der gewaltsame Tod einer Suffragette vor dem Ersten Weltkrieg als die große Wende gefeiert, die der Unterdrückung ein Ende bereitet habe. Doch dem war nicht so. Den britischen Bürgerinnen wurde erst 1928, dem Todesjahr von Emmeline Pankhurst, das gleiche Wahlrecht eingeräumt, während es deutsche oder amerikanische Frauen, die nicht zu gewalttätigen Mitteln gegriffen hatten, schon direkt nach dem Ersten Weltkrieg erhielten.
Pankhurst war eine von vielen Frauen weltweit, die für ihr Recht kämpften. Die Frauenrechtsbewegung war ein internationales Phänomen in einer Zeit des Umbruchs. Und das "Time Magazine" hatte recht, Emmeline Pankhurst zu den hundert wichtigsten Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts zu zählen, weil damit der Geschlechter-Revolution Reverenz erwiesen wird.
HEDWIG RICHTER
Emmeline Pankhurst:
"Suffragette". Die Geschichte meines Lebens.
Aus dem Englischen von Agnes S. Fabian und
Hellmut Roemer.
Steidl Verlag, Göttingen 2016. 344 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Pathetisch: Die Erinnerungen der Emmeline Pankhurst
Im letzten Drittel des neunzehnten Jahrhunderts hatten sich die britischen Suffragetten - nach dem englischen Wort "suffrage" für Wahlrecht - zunächst mit friedlichen Mitteln für ihre Rechte eingesetzt. Sie arbeiteten emsig in den Parteien mit und engagierten sich in allen sozialen Fragen, um den Männern ihre politische Reife zu beweisen. Regelmäßig richteten sie Petitionen ans Unterhaus, hofften auf eine Erwähnung des Frauenwahlrechts durch den König, und immer wieder versprachen Politiker, sich für ihre Sache einzusetzen.
Nichts geschah. Die Suffragetten gingen daher 1903 mit der Gründung der Women's Social and Political Union zu anderen Methoden über: Sie trennten sich von den etablierten Parteien und betrieben nur noch Politik für ihre Rechte. Sie führten Unterschriftenaktionen, politische Versammlungen und Protestmärsche durch. Als auch das nichts half, begannen sie mit militanten Aktionen, zündeten Briefkästen an, verübten Säureanschläge auf Golfplätze und warfen Schaufenster ein. Schließlich organisierten sie Brand- und Bombenanschläge, wobei sie jedoch darauf achteten, dass keine Menschen ums Leben kamen.
Die 1996 im Steidl Verlag auf deutsch erschienene Ausgabe der Erinnerungen der prominenten Suffragette Emmeline Pankhurst ist nun wiederaufgelegt worden, mit überarbeiteter Übersetzung, revidierten Anmerkungen und erweitertem Bildteil. Diese Erinnerungen sind eine Chronik der Selbstermächtigung und des Kampfes - mit entsprechenden Längen, denn der Kampf war mühsam, und Emmeline Pankhurst hatte erkannt, wie wichtig Pathos und detailliertes Eigenlob waren. Die Regierung war von Anfang an außer sich vor Empörung. Mit brutaler Härte bekämpfte sie die Frauen, als diese ihren friedlichen Weg verließen. "Wenn englische Männer Fensterscheiben einwerfen, wird dies als achtbarer Ausdruck einer politischen Meinung betrachtet. Wenn es englische Frauen tun, sieht man ein Verbrechen darin", schrieb Pankhurst. Wenn Matrosen meuterten und Eigentum beschädigten, wenn Wähler randalierten oder Sozialisten zivilen Ungehorsam leisteten: All das schien zum Politikbetrieb zu gehören. Hingegen knüppelten die Ordnungshüter illegale Protestmärsche und Versammlungsstörungen von Frauen nieder. Die Gerichte verordneten harsche Strafen, die Zensur griff bei den Publikationen der Suffragetten durch. Doch aus Pankhursts Zeilen wird nicht nur ihr Ärger über die Doppelmoral gegenüber den Geschlechtern deutlich, sondern auch die Verbitterung der verantwortlichen Politiker, Polizisten und Richter.
Noch galt das alte Gesetz: Männlichkeit wirkte legitimierend, Weiblichkeit lächerlich. Daher war es so ungeheuerlich, wenn Frauen all das taten, was die Welt nur von Männern kannte. Frauen hatten seit Jahrhunderten gelernt, für andere da zu sein und ihren Lebenssinn im Glück der anderen zu suchen. Und so erschien der Kampf um die eigenen Rechte, der bei Männern heroischen Triumph hervorrief, bei Frauen kalt und egoistisch.
Besonders verstörend empfanden die Mitbürger die Gewalt, zu der die Suffragetten, im Gegensatz zu ihren Mitkämpferinnen in anderen Ländern, griffen. Gewalt galt als männliche Domäne, während der Körper der Frauen insbesondere im Bürgertum als besonders schützenswert angesehen wurde. Doch nun legten die Frauenrechtlerinnen Bomben, und die überwiegend bürgerlichen Suffragetten setzten ihre Körper ein, um ins Parlament einzudringen, illegale Protestmärsche abzuhalten oder im Gefängnis mit Hungerstreiks ihrer Politik Nachdruck zu verleihen.
Pankhurst erzählte, wie liberale Politiker, die sich gegen die Suffragetten ereiferten, gerne an die guten Zeiten erinnerten, als Männer in bürgerlichem Stolz für ihre Rechte randalierten und Eigentum zerstörten. Gewalt, schrieb sie, ist "der einzige Weg, den englische Politiker verstehen können". Doch hatte Pankhurst damit recht? Erst vor kurzem hat Sarah Gavrons Film "Suffragette" Pankhursts Erzählung aufgegriffen. Am Ende des Filmes wird der gewaltsame Tod einer Suffragette vor dem Ersten Weltkrieg als die große Wende gefeiert, die der Unterdrückung ein Ende bereitet habe. Doch dem war nicht so. Den britischen Bürgerinnen wurde erst 1928, dem Todesjahr von Emmeline Pankhurst, das gleiche Wahlrecht eingeräumt, während es deutsche oder amerikanische Frauen, die nicht zu gewalttätigen Mitteln gegriffen hatten, schon direkt nach dem Ersten Weltkrieg erhielten.
Pankhurst war eine von vielen Frauen weltweit, die für ihr Recht kämpften. Die Frauenrechtsbewegung war ein internationales Phänomen in einer Zeit des Umbruchs. Und das "Time Magazine" hatte recht, Emmeline Pankhurst zu den hundert wichtigsten Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts zu zählen, weil damit der Geschlechter-Revolution Reverenz erwiesen wird.
HEDWIG RICHTER
Emmeline Pankhurst:
"Suffragette". Die Geschichte meines Lebens.
Aus dem Englischen von Agnes S. Fabian und
Hellmut Roemer.
Steidl Verlag, Göttingen 2016. 344 S., geb., 24,- [Euro].
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