Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.01.2009Rechts denken, friedlich leben
Ein Schlaganfall, aus der Innenperspektive beschrieben: Jill Taylors Bestseller
"Ich habe einen Schlaganfall. Wow, ist das cool": Das "Time Magazine" wählte sie 2008 unter die hundert einflussreichsten Personen der Welt, ihr Buch stand zwei Monate lang auf der Bestsellerliste der "New York Times". Ihre Berühmtheit verdankt die Hirnforscherin Jill B. Taylor einem Schlaganfall. Jill Taylor ist siebenunddreißig Jahre alt, als in ihrem Gehirn eine Ader platzt und das in das Gewebe sickernde Blut ihre linke Hirnhälfte lahmlegt. Dabei wird sie nicht ohnmächtig, sondern kann beobachten, was mit ihr geschieht, und als Hirnforscherin zugleich einschätzen, was medizinisch gesehen in ihrem Gehirn passiert.
Ihr Bericht über den Vormittag, an dem sie mit stechenden Kopfschmerzen aufwacht und miterleben muss, wie ihre Fähigkeit, sich in der Welt zu orientieren, langsam schwindet, ist das faszinierende Kernstück des Buches: ein Schlaganfall, aus der Innenperspektive beschrieben. Taylor berichtet minutiös von der beängstigenden Erfahrung, den Kontakt zur Welt zu verlieren, beginnend mit Gleichgewichtsstörungen und Überempfindlichkeit gegen Licht und Geräusche bis hin zum Verlust der Fähigkeit, kohärent zu denken und Gegenstände als das zu erkennen, was sie sind. Doch die Erfahrung ist erstaunlicherweise nicht nur schrecklich. Neben den Schmerzen "verlangsamte sich mein Bewusstsein zu einer beruhigenden, zufriedenen Wahrnehmung der riesigen, wundersamen Welt in mir".
Statt von Panik berichtet Taylor von einem Gefühl des Einsseins mit dem Universum: "Es war, als würde ich zu Hause ankommen, und dieses Gefühl gefiel mir." Taylor erlebt sich als schwebend zwischen zwei Welten oder Realitätsebenen, die sie den beiden Hirnhälften zuordnet: die linke, logische denkende, ist vom Schlaganfall beschädigt, und ihr Bewusstsein, so erlebt sie es, zieht sich in die rechte, stille, harmonische Hälfte zurück. Auf der einen Seite der schmerzende, kaum noch funktionierende Körper, auf der anderen "ein Zustand ewiger Freude".
Ist angesichts des verheißungsvollen inneren Friedens die Genesung, also die Wiederherstellung des früheren Zustands, überhaupt wünschenswert? Ja, entscheidet Taylor, doch derselbe Mensch wie zuvor will sie nicht mehr werden. Um von alten belastenden Erfahrungen frei zu werden, versucht sie auszuwählen, welche Schaltkreise wieder aktiviert werden sollen und welche nicht. Die Einsicht, die der Schlaganfall ihr vermittelte und die sie an die Leser weitergeben will: Der innere Friede ist ein Schaltkreis in der rechten Hirnhälfte, in den man sich nur einklinken muss.
MANUELA LENZEN
Jill B. Taylor: "Mit einem Schlag". Wie eine Hirnforscherin durch ihren Schlaganfall neue Dimensionen des Bewusstseins entdeckt. Aus dem Amerikanischen von Theda Krohm-Linke. Knaur Verlag, München 2008. 224 S., Abb., br., 16,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Schlaganfall, aus der Innenperspektive beschrieben: Jill Taylors Bestseller
"Ich habe einen Schlaganfall. Wow, ist das cool": Das "Time Magazine" wählte sie 2008 unter die hundert einflussreichsten Personen der Welt, ihr Buch stand zwei Monate lang auf der Bestsellerliste der "New York Times". Ihre Berühmtheit verdankt die Hirnforscherin Jill B. Taylor einem Schlaganfall. Jill Taylor ist siebenunddreißig Jahre alt, als in ihrem Gehirn eine Ader platzt und das in das Gewebe sickernde Blut ihre linke Hirnhälfte lahmlegt. Dabei wird sie nicht ohnmächtig, sondern kann beobachten, was mit ihr geschieht, und als Hirnforscherin zugleich einschätzen, was medizinisch gesehen in ihrem Gehirn passiert.
Ihr Bericht über den Vormittag, an dem sie mit stechenden Kopfschmerzen aufwacht und miterleben muss, wie ihre Fähigkeit, sich in der Welt zu orientieren, langsam schwindet, ist das faszinierende Kernstück des Buches: ein Schlaganfall, aus der Innenperspektive beschrieben. Taylor berichtet minutiös von der beängstigenden Erfahrung, den Kontakt zur Welt zu verlieren, beginnend mit Gleichgewichtsstörungen und Überempfindlichkeit gegen Licht und Geräusche bis hin zum Verlust der Fähigkeit, kohärent zu denken und Gegenstände als das zu erkennen, was sie sind. Doch die Erfahrung ist erstaunlicherweise nicht nur schrecklich. Neben den Schmerzen "verlangsamte sich mein Bewusstsein zu einer beruhigenden, zufriedenen Wahrnehmung der riesigen, wundersamen Welt in mir".
Statt von Panik berichtet Taylor von einem Gefühl des Einsseins mit dem Universum: "Es war, als würde ich zu Hause ankommen, und dieses Gefühl gefiel mir." Taylor erlebt sich als schwebend zwischen zwei Welten oder Realitätsebenen, die sie den beiden Hirnhälften zuordnet: die linke, logische denkende, ist vom Schlaganfall beschädigt, und ihr Bewusstsein, so erlebt sie es, zieht sich in die rechte, stille, harmonische Hälfte zurück. Auf der einen Seite der schmerzende, kaum noch funktionierende Körper, auf der anderen "ein Zustand ewiger Freude".
Ist angesichts des verheißungsvollen inneren Friedens die Genesung, also die Wiederherstellung des früheren Zustands, überhaupt wünschenswert? Ja, entscheidet Taylor, doch derselbe Mensch wie zuvor will sie nicht mehr werden. Um von alten belastenden Erfahrungen frei zu werden, versucht sie auszuwählen, welche Schaltkreise wieder aktiviert werden sollen und welche nicht. Die Einsicht, die der Schlaganfall ihr vermittelte und die sie an die Leser weitergeben will: Der innere Friede ist ein Schaltkreis in der rechten Hirnhälfte, in den man sich nur einklinken muss.
MANUELA LENZEN
Jill B. Taylor: "Mit einem Schlag". Wie eine Hirnforscherin durch ihren Schlaganfall neue Dimensionen des Bewusstseins entdeckt. Aus dem Amerikanischen von Theda Krohm-Linke. Knaur Verlag, München 2008. 224 S., Abb., br., 16,95 [Euro].
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