Während eines Aufenthalts auf der kanarischen Vulkaninsel La Gomera, den sie mit Schreiben und ausdauernden Naturbeobachtungen verbringt, wird Marica Bodrozic eines Tages gebeten, auf einen Hund aufzupassen. Innerhalb kürzester Zeit übernimmt er die Regie über ihre Tage und Wahrnehmungen. Ein überzeitliches Gespräch mit den vielen anderen Tieren ihres Lebens ist die Folge: Sie erzählt von der Gewalt des dalmatinischen Großvaters, der ihrem Kindheitshund Chio aus dem Nichts heraus ein Auge ausschlägt oder einen hungrigen Esel in eine tiefe Grotte stößt. Oder vom blinden mütterlichen Zorn in der hessischen Provinz, der aus dem Menschenkind ein Tierkind macht. Statt diese zugewiesene Tierwerdung jedoch als Herabsetzung zu empfinden, wird der Blick der Tiere zu einem Ort der Geborgenheit, der die Grenzen zwischen den Körpern aufhebt und neue Schwebeverhältnisse einleitet. So entsteht eine Reflexion über Mensch und Natur, und über Angst, Verletzlichkeit und Trauer, die, einmal durchschritten, ein Hohelied des Lebens einleitet. In Rückblenden, Erinnerungen und philosophischen Streifzügen erfolgt in diesem poetischen Gewebe eine Anrufung der Jetztzeit, in der die Tiere, anders als die Menschen, die reine Gegenwart sind.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Berührend findet Rezensentin Sarah Elsing Marica Bodrožićs Buch, mit dem sie ihr Anliegen aus "Die Arbeit der Vögel" noch verdichte: Es geht in "hochpoetischer" Sprache, so Elsing, wieder um die Liebe zu den Tieren, die bei der Autorin Erinnerungen an Kindheitstraumata zu wecken vermögen, ihr aber auch eine tiefe Geborgenheit schenken. So erzählt die deutsch-kroatische Autorin etwa ausgehend von einer Begegnung mit einem Hund von ihrer Mutter, die sie nach einem Friseurbesuch misshandelte und als "Hund" beschimpfte. Wie Bodrožić solche Passagen mit "elegischen" Naturbeschreibungen, dann wieder mit "glasklaren" Überlegungen verwebe und dabei immer wieder Zitate von Kafka, Walter Benjamin, Heiner Müller oder Ovid aufblitzen lasse, findet die Kritikerin eigenwillig und kunstvoll. Sie empfiehlt, auch als Zweifler dem Buch eine Chance zu geben und sich ganz in Bodrožićs "Wucht und Zartheit" hineinzulegen - belohnt würde man mit einer intensiven Begegnung mit der eigenen Verletzlichkeit, schließt sie.
© Perlentaucher Medien GmbH
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